Hallo,
ab wann brauchen Babys nachts keine Milch mehr?
Und wie lang ist dann dieser Zeitraum in dem sie keine Nahrung mehr brauchen?
Ich frage, weil meine Tochter gute 10 Monate alt ist und ich sie zu jedem einschlafen noch stille, weil sie anders nicht einschläft, und auch nachts stille ich noch recht häufig. Ich denke nicht aus hunger sondern eher weil sie es so gewohnt ist. ich möchte aber abstillen wenn sie ein jahr alt ist und zwar komplett. also frage ich mich dann wie lange sie mit einem jahr nachts ohne nahrung auskommt? ich möchte ihr schließlich nicht mehr zumuten als sie in der lage wäre.
danke schon jetzt.
LG
von
MelindasMama
am 05.10.2011, 16:10
Antwort auf:
Ab wann brauchen Babys nachts keine Milch mehr?
Liebe MelindasMama,
es ist abgesehen von der Anwendung der sehr umstrittenen und von Stillexperten einhellig abgelehnten Schlaftrainingsprogrammen nicht möglich ein Kind an das Durchschlafen zu gewöhnen, ehe es nicht von selbst dazu reif ist. Es ist ja auch nicht möglich ein Kind an das freie Laufen oder das Sprechen zu gewöhnen. All diese Fähigkeiten entwickelt jedes Kind dann, wenn der für das jeweilige Kind richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen.
In einem amerikanischen Buch über die Entwicklung von Kindern (Aldrich: "Babys are Human Beeings"') habe ich einmal den wichtigen Satz gefunden "Damit Kinder sich gut entwickeln können, sind liebevolle Fürsorge und ein beständiges, direktes Eingehen auf ihre Bedürfnisse so ausgesprochen wichtig". Das steht zwar manchmal im Widerspruch zu unserem "modernen, westlichen" Lebensstil, aber es zahlt sich langfristig aus.
Außerdem stellt sich doch auch die Frage: Ist der seelische Hunger nicht ebensowichtig wie der körperliche Hunger? Warum sollte es weniger wichtig sein, das Bedürfnis des Babys nach Nähe und Geborgenheit zu stillen, als seinen körperlichen Hunger zu stillen? Gerade ab vier bis sechs Monate gibt es unzählige Gründe, warum ein Kind nachts (wieder vermehrt) aufwacht und die Nähe und Geborgenheit und auch Nahrung an der Brust sucht. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen . All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt ... Insgesamt sind dies eine Menge Gründe unruhiger zu sein und nachts immer wieder aufzuwachen.
Wenn Sie gerne lesen und die Zeit dazu finden, möchte ich Ihnen das Buch "Schlafen und
Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen. Dr. Sears
(Professor für Kinderheilkunde und achtfacher Vater) erklärt warum Kinder so schlafen wie sie
es tun (und nicht wie wir es erwarten) und gibt Tipps wie die Nächte für alle Beteiligten
angenehmer werden können. Das Buch ist im Buchhandel, bei La Leche Liga und bei jeder
LLL Stillberaterin erhältlich.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 05.10.2011