Frage: Azathioprintherapie des Partners

Sehr geehrterHerr dr. Paulus, ich bin voraussichtlich in der 6. Woche schwanger - ungeplant. Eigentlich verhüten wir mit der Pille, aber da scheint was schief gegangen zu sein. Das Problem ist: Mein Partner muss aufgrund einer chronischen Darmerkrankung Azathioprin einnehmen (bis zu 150 mg/Tag). Im Beipackzettel wird vor einer Schwangerschaft (bzw. Zeugung) gewarnt. Viel dazu kann ich auch im Internet nicht finden, außer, dass es nicht ratsam sei, schwanger zu werden, vor Zeugung sollte der Mann Aza 3 Monate abgesetzt haben, damit sich eine neue Spermiengeneration ausbilden konnte. Nun ist aber möglicherweise passiert... Was bedeutet das? Ist das Risiko einer Fehlgeburt oder Behinderung erhöht? Haben Sie Kenntnis von Zahlen? An wen kann ich mich evtl. vor Ort wenden, um mich beraten zu lassen? Ich danke Ihnen für jeden Hinweis Sis

Mitglied inaktiv - 04.07.2008, 15:09



Antwort auf: Azathioprintherapie des Partners

In Lymphozyten von Nierentransplantierten unter Medikation mit Azathioprin (AZT) zeigte sich eine Häufung von Chromosomenbrüchen. Dies konnte auch vorübergehend in Blutzellen von Kindern exponierter Schwangerer beobachtet werden (Sharon et al 1974; Price et al 1976). Es liegt ein Fallbericht eines Kindes mit Chromosomenaberrationen vor, dessen Mutter vor und während der Schwangerschaft mit Azathioprin und Prednison behandelt worden ist (Ostrer et al 1984). Diese Beobachtungen lassen zwar an eine Beeinträchtigung der Gametogenese (Entwicklung der männlichen und weiblichen Keimzellen) denken, eine Häufung von Chromosomenanomalien bei den Kindern betroffener Eltern ist jedoch statistisch nicht bewiesen. Aufgrund der theoretischen Bedenken empfiehlt der Hersteller eine Karenz von 6 Monaten bis zur Empfängnis. Wenn eine Häufung von Chromosomenanomalien mit der Anwendung von Azathioprin verbunden sein sollte, kann diese jedoch nach der Einschätzung verschiedener Autoren nur sehr selten auftreten (Penn et al 1980; Registration Committee of the European Dialysis and Transplant Association 1980; Pirson et al 1985). Publikationen zu den Nachkommen nierentransplantierter Väter unter Medikation mit AZT berichten von 23 Schwangerschaften (Penn et al 1971) bzw. 40 Schwangerschaften (Golby 1970) ohne Häufung von Aborten bzw. Fehlbildungen. Zwei weitere Fallsammlungen von Vätern unter AZT-Medikation nach Transplantation fanden Fehlbildungen bei 9 von 273 (3,3%) bzw. 2 von 42 (4,8%) Kindern (Ahlswede et al 1994; Wagoner et al 1994). Nach der aktuellen Datenlage ist bei väterlicher Medikation mit Azathioprin um den Termin der Empfängnis zwar nicht mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko zu rechnen (allgemeines Basisrisiko für angeborene Anomalien: 3 bis 5%), allerdings wird aufgrund der Beobachtungen an Lymphozyten von den Herstellern zu einer Karenz von 3 bis 6 Monaten bis zur Empfängnis geraten. Zum Ausschluss von Chromosomenanomalien kann z. B. in der 16.Schwangerschaftswoche eine Fruchtwasserpunktion durchgeführt werden.

von Dr. Wolfgang Paulus am 05.07.2008