Hallo Frau Bader,
mein Sohn und seine Lebensgefährtin wollen sich nach 9jähriger Beziehung (einvernehmlich) trennen. Sie haben eine jetzt 17 Monate alte Tochter und das gemeinsame Sorgerecht.
Nun habe ich (aus sicherer Quelle) erfahren, dass seine Lebensgefährtin sich heimlich (meinem Sohn hat sie nichts gesagt) eine Arbeit in ihrer Heimat (Sachsen) sucht(ca. 650 km entfernt von der jetzigen gemeinsamen Wohnung). Selbstverständlich würde sie die Kleine dorthin mitnehmen. Was das für meinen Sohn, der das Kind über alles liebt, bedeuten würde, liegt klar auf der Hand: Da er im sozialen Bereich tätig ist, verdient er nicht so viel, als dass er es sich leisten könnte, sein Kind so oft zu besuchen, wie er es möchte (und das wäre eigentlich täglich, so wie ich ihn kenne, weil er jede Entwicklungsstufe seines Kindes miterleben möchte). Bei 650 km Entfernung von seinem Kind wäre ein Besuch höchstens dreimal im Jahr möglich. Zwangsläufige Folge: Vater-Kind-Entfremdung.
Meine Frage: Darf die Lebensgefährtin meines Sohnes bei gemeinsamem Sorgerecht ohne seine Zustimmung so weit weg umziehen?
Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.
Freundliche Grüße
Oma
Mitglied inaktiv - 27.11.2005, 21:58
Antwort auf:
Trennung bei unverheiratetem Paar
Hallo,
das ist höchst problematisch.
also:
Zunächst einmal ist wichtig, wer das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat.
Auch wenn die gemeinsame Sorge nach einer Trennung beibehalten wird, ist es bei den Familiengerichten häufig üblich, einem Elternteil (meist dem Vater) auf Antrag des anderen (meist der Mutter) das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen. Dies erfolgt mit der Begründung dies würde dem Kindeswohl am besten entsprechen (§1671 BGB). Der Elternteil mit dem alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrecht kann anschließend völlig legal den Wohnort wechseln, unabhängig von der Entfernung und der Beziehung des Kindes zum Elternteil, der kein Aufenthaltsbestimmungsrecht hat. Das Wohl und der Wille des Kindes spielt dabei in der Regel keine Rolle.
So. Und jetzt ein Urteil dazu:
Kein Umzug ohne Einwilligung des Vaters
Einem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden zufolge darf eine geschiedene Mutter mit dem Kind nicht einfach in eine andere Stadt umziehen, wenn beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben. Sie muss einen Umzug, auch wenn das Kind bei ihr lebt und sie daher das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübt, mit dem Vater abstimmen. Dies gilt erst recht, wenn der Umzug mit einem Schulwechsel verbunden ist. In einem solchen Fall kann die Bindung des Kindes an sein soziales Umfeld sogar rechtfertigen, dem Vater das Aufenthaltsrecht zu übertragen.
OLG Dresden, 10 UF 433/02
Schauen Sie dazu auch mal bei:
www.vaeternotruf.de/aufenthaltsbestimmungsrecht.htm
http://www.vaeternotruf.de/wohnortwechsel.htm
http://www.vatersein.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread&tid=926
Dabei ist ein ganz interessanter Satz:
In der Praxis ist es häufig so, dass Mütter, auch dann wenn das gemeinsame Sorgerecht besteht, unter Mitnahme des Kindes in weit entfernte Ortschaften ziehen, ohne den Vater um Zustimmung zu bitten. Ist die Mutter erst einmal weggezogen, drücken die zuständigen Gerichte in der Regel beide Augen zu. Das hat natürlich nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun, im Gegenteil, sondern mit der auch bei den Familienrichtern noch immer vorherrschenden Mütterideologie und einer gewissen Portion Bequemlichkeit. Der Richter ist schlicht froh, wenn er durch den Umzug der Mutter nicht mehr zuständig ist, soll sich doch der Richter am neuen Wohnort mit den Eltern rumärgern.
Gruß,
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 28.11.2005