Unsere Tochter ist 8 Monate alt. Sie schläft bei mir im Bett. Einen Nuckel nimmt sie nicht. Tagsüber ist sie ein auffallend ausgeglichenes Baby. Das Problem ist der Nachtschlaf:
Zum Einschlafen stille ich sie und lege sie dann in ihr eigenes Bettchen. Nach 1,5 Stunden wacht sie wieder auf, dann nehme ich sie zu mir ins Bett und stille sie erneut. Dann lasse ich sie bei mir. Sie wacht dann alle 1 bis 1,5 Stunden auf und schläft erst weiter, wenn sie die Brust im Mund hat.
Anscheinend habe ich ihr angewöhnt, mich als Nuckel zu benutzen. Hilfe.
Das geht jetzt seit Monaten so. Ich bin total erschöpft.
Unser Kinderarzt rät uns, sie ab 23 bis 6 Uhr nicht mehr zu stillen und weinen zu lassen (dabei bleiben). Habe aber ihren Langtext gelesen.
Frage:
1. Beeinträchtigt auch in diesem Alter 8 Monate Weinen die Gehirnentwicklung? (ohne Brust schreit sie panisch!)
2. Was ist für das Kind am besten in dieser Situation?
3. Was raten Sie MIR aus ärztlicher Sicht?
von
Kaprie
am 28.04.2014, 07:28
Antwort auf:
Beeinflusst Schreien die Hirnentwicklung bei 8 Mon noch? Schläft nur 1,5 Stunden
Hallo, eine 8-monatiger Säugling ist genau genommen nachts noch stillpflichtig bzw. hat das Recht auf wenigstens 1 Flaschenmahlzeit. Es kommt im Wesentlichen darauf an, wie groß die Nahrungsaufnahme am Tag ist und wie gut der Säugling gediehen ist. Wer tags noch nicht nicht ausreichend zugefüttert bekommt, verlangt nachts meist noch wenigstens eine Mahlzeit. Die Gestillten kommen sogar noch etwas häufiger. Sie schreien zu lassen, um ihnnen das abzugewöhnen, ist ethisch nicht vertretbar.
Das gleicht dem dosierten Schreienlassen zum Allein-einschlafen (sog Ferber-Prinzip). Die zu erwartenden Schäden liegen im psychosozialen Bereich. Erstens wird die Stressachse zu Ungunsten der Frustrationstoleranz verstellt. Das heißt die Schwelle sinkt weiter ab, was sich im Verhalten am Tag bemerkbar macht. Zweitens leidet die neueronale Strukturierung der höchstens sozialen Zentren im menschlichen Gehirn und wahrscheinlich auch der Aufmerksamkeitsfokussierung. Drittens schwidet das Urvertrauen und die Bindung erreicht das Niveau von Unsicherheit. Das beeinflusst die Willenentwicklung negativ und fördert Widerstand und Trotz, um ein ausreichend strukturiertes Ich zu erlangen. Letzteres wird immer schwer messbar sein, weil viele interpretatorische Relativierungen und Beschönigungen in die jeweilige Beurteilung des Kindes hinein spielen. Aber rein empirisch ist das so, das bestätigen meine Beobachtungen.
Also, je nach Ernährungstatus und Entwicklung rate ich Ihnen dazu, noch etwa 2 Monate durchzuhalten und in dieser Zeit v.a. abends immer mehr zuzufüttern. Dann können Sie mit dem Brustentwöhnungsprogramm in der Nacht beginnen (s. gezielter Suchlauf). So sind bisher alle Mütter gut durchgekommen, auch wenn sie zwischendurch verzweifelt waren. die Kinder haben sich alle sehr gut entwickelt. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 30.04.2014