Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen nach Bedarf

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen nach Bedarf

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Hallo, mein zweites Kind ist jetzt 7 Wochen alt. Meine Große habe ich ein halbes Jahr voll gestillt und insgesamt fast ein Jahr. Also dachte ich, mit dem Stillen ist es kein Problem, aber bei dem Kleinen ist alles anders... Ich hatte von Anfang an sehr viel Milch, so dass er fast immer nur an einer Seite trinkt und zwar ca. 7 Minuten lang (max. 10 Min.). Dann hört er von alleine auf und entweder er "ruht sich auf der Brust liegend aus" oder er ist eingedöst oder (selten) er brüllt. Ich lasse ihn dann aufstoßen (klappt mal mehr, mal weniger gut) und wickle ihn bei Bedarf. In jedem Fall trinkt er nicht mehr weiter. Wenn ich ihn dann noch mal anlegen will (egal an welcher Seite) macht er - entweder den Mund gar nicht auf oder - er sucht ganz wild, zieht ein paar Mal und brüllt dann oder - er brüllt gleich und zieht gar nicht. Das ganze wiederholt sich dann alle 2-2,5 Stunden. Ich dachte eigentlich,wenn ich ihn dazu bewegen kann, mehr zu trinken, wird der Abstand etwas länger. Aber er trinkt einfach nicht mehr... An der Milchmenge kann es nicht liegen, da ist echt genug da. Meine Fragen: 1. Was kann ich tun, um die Abstände zu verlängern? Wenigstens 3 Stunden wären schon was (das hatte er auch vor einigen Wochen)? 2. Wieviel ml sollte er pro Tag so etwa trinken? 3. Woran erkenne ich eigentlich so richtig, ob er Hunger hat? Normalerweise lege ich ihn an, wenn er nach besagter zeit aufwacht und brüllt und sich nicht durch Herumtragen relativ schnell beruhigen lässt bzw. durch Schnuller, Handhalten, streicheln oder ähnliches wieder einschläft. Und dann trinkt er wie beschrieben. Meine Große hatte in dem Alter Abstände von tagsüber ca. 4 Stunden und hat auch immer beide Seiten getrunken. Meine sämtlichen Bekannten wussten keinen Rat, da ihre Kinder keine so kurzen Abstände hatten. Im gegenteil wundern sich alle, dass wir noch keinen Rhythmus haben. LG P.S. Ich danke, er "gedeiht" gut. Sein tiefstes Gewicht war 3600 gr, jetzt wiegt er 5.500 gr., ist auch gewachsen und sieht "gut" aus. Er hat vermutlich Blähungen (jedenfalls brüllt er entsprechend). Dank der Klinik und der lieben family nimmt er zwischendurch einen Schnuller (NUK), womit ich aber grundsätzlich kein Problem hätte. war bei der großen auch so.


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Liebe Ulli, bitte vergleichen Sie nicht Ihr erstes Kind mit dem Baby, denn jedes Kind ist verschieden und Sie hatten beim ersten Kind einfach großes Glück! Auch wenn sämtliche Leute in Ihrer Umgebung das Gegenteil behaupten, das Verhalten Ihres Kindes ist völlig normal, das Verhalten entspricht schon fast "lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem "non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: "Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen und es kann gut sein, dass die Blähungen dadurch entstehen. Sie können sich und Ihrem Baby das Leben sehr viel einfacher machen, wenn Sie sich auf Ihr Kind einlassen. Die oben erklärten Zusammenhänge machen es Ihnen möglicherweise einfacher, dem Bedürfnis des Kindes entgegenzukommen, zumal es erwiesen ist, dass es sich langfristig auszahlt, diese Bedürfnisse jetzt zu stillen. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt lusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa sechs bis sieben Wochen zu erwarten. Dazu kommt: Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ihr Kind nicht pausenlos schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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