Liebe Stillberatung,
vielen Dank, dass ich hier meine Fragen stellen kann. Ich muss kurzfristig nächste Woche in die Klinik, wo an Tag 1 Technetium 99 verabreicht und an Tag 2 eine OP erfolgt. Tag 2-4 muss ich stationär bleiben. Die Nacht zwischen Tag 1 und 2 darf ich zuhause verbringen. Ich habe einen fünf Monate alten Säugling, der fast noch voll gestillt wird. Beikost ist noch nicht so erfolgreich eingeführt. Mein Kind darf ich wegen strenger Bettruhe nicht mitnehmen. Dazu kommt, dass ich ab der Verabreichung des radioaktiven Mittels drei Tage nicht stillen darf. Zu meinen ganzen Sorgen kommt hinzu, dass mein Baby hat noch nie richtig aus der Flasche getrunken hat bzw. trinken musste. Wir versuchen es seit gestern, auch den Schnuller, aber beides ist eher eine Spielerei. Ich pumpe Muttermilch ab und hoffe sehr, dass es dann irgendwie klappen wird, weil es klappen muss. Ich bin die Hauptbezugsperson, aber zu meinem Mann hat unser Kind auf jeden Fall auch eine gute Bindung. Ich möchte die Belastung für meine Kinder so gering wie möglich halten.
Meine Fragen sind:
1) Sollte ich nach Tag 1 zuhause schlafen? Für mich und meine anderen Kinder wäre das schön. Ich habe aber Angst, dass meine Anwesenheit das Drama für meinen Säugling verschlimmern würde. Es ist ja nicht verständlich zu machen, dass ich wegen dem Mittel nicht stillen darf. Sollte ich mich „versteckt halten“ oder doch in der Klinik bleiben? Oder kann meine Anwesenheit allein helfen?
2) Sollte mich mein Säugling besser nicht in der Klinik besuchen? Um nicht erneut getrennt zu werden? Nicht erleben zu müssen, dass ich nicht stillen darf? Und weil Babys noch kein richtiges Zeitempfinden haben?
3) Kann es sein, dass mein Baby nicht mehr stillen will nach den vier Tagen?
4) Gibt es Babys, die auch in solch einer Situation die Muttermilch aus der Flasche dauerhaft verweigern? Ich bin im Gespräch mit meiner Hebamme, ihr Rat ist es weiterhin zwanglos die Flasche anzubieten.
5) Kann ich irgendwas tun, dass meine Abwesenheit der Bindung zu meinem Baby nicht schadet?
Herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihren Rat!
von
Schatzhüterin
am 14.08.2019, 20:45
Antwort auf:
Krankenhausaufenthalt ohne Säugling
Liebe Schatzhüterin,
oh weh, wie gern wär ich jetzt bei dir, um dir Trost und Mut zuzusprechen.
Ja, es wird schlimm für deinen Kleinen, da gibt es nichts schönzureden. Er ist noch sehr klein und darum natürlich noch sehr abhängig von dir.
Bekommst du eine Szintigraphie? Dann ist vermutlich im Vorfeld bereits per Ultraschall untersucht worden und es muss sein, ist nicht aufschiebbar... Da hilft es nichts, ihr müsst da durch.
Ich kann deine Fragen nicht klar beantworten, weil so viele Faktoren mit hineinspielen, die sich ebenfalls auswirken. Z.B.: Wie groß ist dein Leiden, wenn dein Kleiner zu dir dürfte, stillen will und du es ihm verwehren musst. Wenn du eine klare Position hast, weil es die Situation eben nicht zulässt, dann kann das schon ok sein für euch beide. Wenn es dir das Herz zerreisst, dann ist es vielleicht besser, er sieht dich erst an Tag 4. Denn er hat genug mit seinen eigenen Emotionen zu kämpfen, um auch noch deine Last mitzutragen, wenn du verstehst, wie ich das meine.
Wie das mit dem Zeitempfinden wirklich ist kann wohl niemand sagen. Dein Kind wird dich vermissen, und es wird das Stillen vermissen. Und wird es einfordern, wenn es dich sieht, das ist logisch. Ws muss kein Lebenstrauma sein, dass es das dann nicht darf, wenn jedoch alle das Thema als schwer traumatisierend in den Raum stellen, dann ist das Risiko an sich auch größer - es bedingt sich eben alles gegenseitig.
Vielleicht kannst du nach Tag 1 nach Hause zu den anderen Kindern, und der Papa verbringt die Nacht mit dem Jüngsten bei der Oma?
Wichtig ist, dass der Papa die innere Gelassenheit hat, dass ihr alle es überstehen werdet. Dass die Nächte unruhig und ihr danach alle ein paar Tage gemeinsam Auszeit brauchen werdet. Aber dass es kein Weltuntergang ist. Andere haben es geschafft, warum nicht auch ihr!!
Ob dein Kleiner nach den 4 Tagen wieder an die Brust geht oder nicht kann niemand vorhersagen. Vielleicht ja, vielleicht nein. Wichtig wäre, dass du in der Zeit in der Klinik regelmäßig abpumpst. Zum einen, um einen Milchstau zu vermeiden, zum anderen, damit die Milchbildung nicht komplett in den Keller fährt und dann erst wieder angeregt werden muss.
Und was die Bindung betrifft: Sie entsteht durch viele tausend kleine Momente, kann vielleicht einen kleinen Knacks bekommen, aber genauso auch wieder heilen und noch stärker werden als je zuvor. Dein Kleiner (und die anderen Kinder auch) wird vermutlich eine Weile lang sehr anhänglich sein - gestatte es ihm und ihnen, damit sie wieder ihre "Nähetanks" füllen können.
Schau, wenn du morgen einen schweren Unfall hättest und in eine entfernte Klinik kämst, müsste und würde es ja auch irgendwie klappen. Nicht ohne Schwierigkeiten, aber auf jeden Fall ohne Weltuntergang.
Und so bin ich sicher, dass auch du und deine Familie es schaffen werdet. Ihr werdet diese schweren Tage gemeinsam überstehen, füreinander stark und tapfer sein, und voller Zuversicht, dass danach auch wieder die Sonne scheint und euer Leben unbeschwert weiter gehen kann.
Fühl dich lieb umarmt, wir werden in Gedanken bei euch sein!!
Kristina
von
Kristina Wrede
am 14.08.2019