Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Hunger oder Bauchweh / Schlafen

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Hunger oder Bauchweh / Schlafen

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Hallo, mein Sohn ist gerade mal 8 Tage alt. Ich stille ihn. Das habe ich auch schon bei meinem großen Sohn 1 Jahr lang gemacht. Mein kleiner hat nachts richtige Schreiattacken. Erst habe ich gedacht, daß es Bauchweh ist. Aber im Moment denke ich eher, daß er richtig Hunger hat. Ist es okay, ihn auch nach 1 Stunde wieder anzulegen? Würde ein Kind mit Bauchschmerzen dann wirklich trinken oder die Brust verweigern? Ich bin momentan sehr unsicher. Am Tage läßt er sich nach dem Stillen und ausgiebigem Kuscheln in seinen Stubenwagen legen und schläft selbst ein. Abends will er am liebsten meine Nähe haben. In seinem Bett kommt er nicht zur Ruhe. Haben Sie da einen Tip für mich? Mein Mann und ich genießen es, wenn unsere beiden Söhne in unserem Bett schlafen, aber ich habe immer Angst wegen dem plötzlichen Kindstod. Es heißt ja immer, daß Kinder im eigenen Bett schlafen sollen. Lieben Gruß, Birga


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? Liebe Birga, vergessen Sie alles, was Sie über angeblich notwendige Mindestabstände gehört haben und legen Sie Ihr Baby nach Bedarf an ohne dabei auf die Uhr zu schauen. So kleine Babys wollen durchschnittlich zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an die Brust. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Dabei ist es nun nicht unbedingt immer so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys und vor allem am späten Nachmittag und abend kommt es verstärkt zu solchen Cluster-Phasen. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Wachstumsschübe sind Zeiten erhöhter Nachfrage, in denen das Baby sehr oft gestillt werden möchte. Wird das Baby dann auch häufig angelegt (etwa alle zwei Stunden, manchmal sogar noch häufiger), erhält der Körper der Frau das Signal `mehr Milch bildenA und nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und die Milchmenge hat sich dem Bedarf des Babys wieder angepasst. Stillen funktioniert nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Sie haben dann nicht zu wenig Milch, sondern der Bedarf Ihres Babys hat sich vergrößert und die Brust muss darauf erst reagieren. Je häufiger angelegt und die Brust effektiv entleert wird, um so mehr Milch wird gebildet. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Leider wird immer noch verbreitet, dass das gemeinsame Schlafen von Eltern und Baby gefährlich wäre und eine überaus fragwürdige Veröffentlichung aus den USA hat diese Behauptung noch weiter verbreitet. Obwohl inzwischen die amerikanische Verbraucherorganisation, die diese umstrittene Studie verbreitet hat, selbst die Meldung zurückgezogen bzw. widerrufen hat, wird weiterhin damit argumentiert. Die Angaben aus dieser Studie waren von Anfang an umstritten und wenn die gesamte Studie genau angeschaut wurde, musste man feststellen, dass die Studie nicht korrekt durchgeführt wurde und von daher die Ergebnisse fragwürdig sind. Leider ging der Widerruf nicht so durch die Presse und die Medien, wie die erste Veröffentlichung. Ich gebe hier nun die von LLL-International zu diesem Thema herausgegebene Presseerklärung wider: „Studien haben ergeben, dass das gemeinsame Schlafen mit dem gestillten Baby die Bindung fördert, das Schlafmuster von Mutter und Baby aneinander anpasst, der Mutter hilft besser auf die Bedürfnisse des Babys reagieren zu können und sowohl der Mutter als auch dem Baby hilft, zu der von beiden benötigten Ruhe zu kommen. Das gemeinsame Schlafen unterstützt die Mutter beim Stillen nach Bedarf, ein wichtiger Aspekt, um die Milchmenge der Mutter aufrechtzuerhalten. Dr. James McKenna, Professor für Anthropologie an der Universität von Notre Dame, Mitglied des Medizinischen Beirates der LLL-International und Experte zum Thema „Gemeinsames Schlafen" ist überzeugt, dass es gefährlicher ist, ein Baby alleine in einem Kinderbett oder einer Wiege schlafen zu lassen, als in einer sicheren Umgebung mit ihm gemeinsam zu schlafen. Er sagt: „Wir stimmen mit den Autoren und anderen überein, dass es notwendig ist, Vorsorge zu treffen, um schreckliche Unfälle so weit wie möglich zu verhindern. Trotzdem ist die Notwendigkeit solcher Vorsorgemaßnahmen ebenso wenig ein Argument gegen das gemeinsame Schlafen in einem Bett generell, wie die Tatsache, dass Babys sich durch unglückliche Umstände strangulieren oder ersticken oder am Plötzlichen Kindstod sterben während sie alleine im Bett liegen ein Grund ist, immer Einwände dagegen zu erheben, dass Babys alleine und unbeaufsichtigt schlafen. Es gibt bestimmte Dinge bei Betten von Erwachsenen, die Gefahren für das Baby mit sich bringen und es ist wichtig, darauf zu achten. Aber dass diese Gefahren bestehen, bedeutet weder, dass sie nicht beseitigt werden können, noch, dass das gemeinsame Schlafen generell gefährlich ist." Außerdem betrachtet Dr. McKenna die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Studie als unangemessen, da die Autoren ihre Schlüsse mehr aus unvollständigen und anekdotenhaften Berichten als aufgrund von harten, wissenschaftlich nachvollziehbaren Daten gezogen haben. Dr. McKenna glaubt, dass das gemeinsame Schlafen für die Familie mit einem gestillten Kind eine positive Erfahrung sein kann und nicht als gefährlich angesehen werden sollte, wenn die Eltern sich an die folgenden Sicherheitsrichtlinien halten: • Eltern sollten nicht mit ihren Kindern in einem Bett schlafen, wenn sie rauchen oder Alkohol oder Drogen konsumiert haben. • Das Bettzeug sollte zur Größe der Matratze passen. • Die Matratze sollte genau in das Bett passen (keine Lücken zwischen Matratze und Bettgestell). • Das Gesicht des Babys darf nicht durch lose Kissen oder Decken verdeckt werden. • Es darf kein Spalt zwischen dem Bett und der angrenzenden Wand sein, so dass das Baby hinunterrollen und eingeklemmt werden könnte. • Das Baby sollte nicht auf dem Bauch liegen." Auch von Penelope Leach (Kinderärztin und Autorin) gibt es einen interessanten Artikel zu dieser Studie, in der sie darauf hinweist, wie die Autoren der Studie zu ihren Ergebnissen gekommen sind: sie haben aufgrund von Totenscheinen, Polizei- und Zeitungsberichten zusammengezählt wie viele Kinder unter zwei Jahren in der Zeit von 1990 bis 1997 in den USA gestorben sind während sie im Bett der Eltern geschlafen haben (515 Kinder). Sie haben aber keine Untersuchung über die Todesursache oder die näheren Umstände des Todes durchgeführt. Sie haben nicht nachgefragt, ob die Eltern zum Beispiel unter Drogen standen oder betrunken waren. (Kinder die unglücklicherweise zwischen Wand und Bett eingeklemmt wurden und so zu Tode kamen, sind in diesen Zahlen ebenfalls enthalten) Studien aus Neuseeland belegen, dass es keinen Zusammenhang für eine erhöhte Rate von Fällen plötzlichen Kindstodes und dem gemeinsamen Schlafen mit den Eltern gibt. Selbst in der Zeitschrift ELTERN (Ausgabe 09/2000) wurde jetzt ein Artikel veröffentlicht, in dem Entwarnung gegeben wird (Sie können den kompletten Artikel unter dem Titel „Kann unser Baby im Elternbett erdrückt werden? Autor Joachim Bensel, Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen, Kandern in dem angegeben Heft nachlesen).Ich werde jetzt einen Teil des Artikel zitieren: „Kann unser Baby im Elternbett erdrückt werden? Obwohl eine amerikanische Verbraucherorganisation in einer (unter Experten umstrittenen) Studie Anfang 1999 einige Fälle von Säuglingstod durch Schlafen im Elternbett ausgemacht zu haben glaubte, kann man Entwarnung geben: Wenn die Eltern nicht durch Schlafmittel, Drogen oder Alkohol in ihrem normalen Schlafverhalten gestört sind, werden sie ihr Kind nicht unter sich ersticken. Zur eigenen Beruhigung und um andere Gefahrenquellen im Bett auszuschließen können Sie einige Vorsichtsmaßnahmen treffen" Daran schließen sich fast identisch die Empfehlungen, die bereits in der Presseerklärung La Leche League International erwähnt werden an. Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es keine korrekt durchgeführte Studie, die tatsächlich gegen das gemeinsame Schlafen von Eltern und Kindern spricht. Seriöse Studien wie sie zum Beispiel von Peter Flemming und Peter Blair durchgeführt wurden, belegen jedoch, dass das gemeinsame Schlafen vor SIDS schützt. Sehr deutlich wurde dies bei einem Vergleich in Asien: die Zahl der Kinder, die an plötzlichem Kindstod verstarben war in den Gesellschaftsschichten, die es sich leisten können den westlichen Lebensstil und damit auch das Alleine-Schlafen der Kinder zu pflegen deutlich höher als in den ärmeren Gesellschaftsschichten, die schon aus ökonomischen Gründen nur ein gemeinsames Bett haben konnten. Interessant ist auch, dass in den Untersuchungen von Flemming und Blair festgestellt wurde, dass die Körpertemperatur von mit der Mutter zusammenschlafenden Kindern niedriger war, als die von alleine schlafenden und dass die Mütter, die mit ihren Baby zusammen schlafen auch im Schlaf immer wieder die Temperatur und die Lage ihrer Babys überprüften und die Lage der Bettdecke korrigierten. Seit Jahrtausenden schlafen Mütter und Babys zusammen, warum nicht auch Sie und Ihr Baby, wenn es Ihnen dabei gut geht? LLLiebe Grüße Biggi Welter


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