Hallo liebe Experten,
meine Tochter ist jetzt 22 Monate alt und möchte noch sehr gerne zum Einschlafen, in der Nacht und auch ab und zu tagsüber gestillt werden. Wir genießen beide diese Zeit der besonderen Zuneigung. Leider habe ich gestern (wahrscheinlich) Karies bei meiner Tochter festgestellt. Ich habe gelesen, dass ein Kariesrisiko das Einschlafstillen und nächtliche Stillen ist. Am Montag habe ich mit meiner Tochter einen Termin beim Kinderzahnarzt.
Jetzt würde ich gerne wissen, ob ich jetzt lieber das Einschlafstillen und Nachtstillen abgewöhnen sollte, damit der Karies nicht schlimmer wird? Bereit sind wir beide eigentlich noch nicht, aber die Gesundheit geht da vor.
Dem Zahnarzt stelle ich die gleiche Frage. Wollte aber gerne verschiedene Meinungen von Experten einholen.
LG Anne
von
Spili
am 19.09.2019, 15:08
Antwort auf:
Einschlafstillen bei Karies?
Liebe Anne,
weder Langzeitstillen noch nächtliche Stillen leistet entgegen der immer wieder geäußerten Meinung dem Karies Vorschub. Lange gestillte Kinder, die auch zum Einschlafen und während der Nacht gestillt werden haben nicht mehr Karies als andere Kinder, eher im Gegenteil. Beim Stillen werden die Zähne nicht ständig mit Milch umspült, schon gar nicht die Schneidezähne (!), da im Gegensatz zu einem mit der Flasche gefütterten Kind die Milch erst weit hinter den Zahnleisten in den Mund gelangt und von dort direkt geschluckt wird. Die Milch läuft ja aus der Brust nicht einfach aus (wie das bei der Flasche der Fall ist), das Kind muss aktiv arbeiten und schluckt dann auch.
Gestillte Kinder und auch langzeitgestillte Kinder bzw. noch lange während der Nacht gestillte Kinder haben nicht mehr Karies als nicht gestillte Kinder und wenn es zu Karies kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Stillens.
Karies wird durch ein Bakterium verursacht (streptococcus mutans), das die meisten Erwachsenen in ihrem Mund haben. Wenn ein Baby auf die Welt kommt, ist sein Mund in aller Regel noch frei von diesem Bakterium und meist bleibt dies zumindest so lange so, bis der erste Zahn da ist, bei manchen Kindern kommt es auch erst deutlich nach dem ersten Zahn zu einer Besiedelung mit Streptococcus mutans. Ein ganz wesentlicher Übertragungsweg ist übrigens das Ablecken eines runtergefallenen Schnullers durch die Mutter (oder sonst einen Erwachsenen) und das gemeinsame Benutzen eines Löffels oder das Vorkosten des Breis mit dem gleichen Löffel, wie er zum Füttern benutzt wird.
Ob ein Mensch (vermehrt) Karies bekommt oder nicht, hängt auch noch von weiteren Faktoren ab: wie gut oder schlecht hat sich die Mutter in der Schwangerschaft ernährt; waren in der Schwangerschaft Antibiotika notwendig; hatte die Mutter in der Schwangerschaft Erkrankungen, die mit hohem Fieber einhergingen; kommen in der Familie genetisch bedingt gehäuft Schmelzdefekte vor; ist das Kind zu früh geboren ...
Hier kannst du ein sehr informatives, fundiertes Video dazu anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=sbhR1gmUms4
Harry Torney, ein britischer Zahnarzt hat in Nottingham auf einer LLL Europakonferenz einen Vortrag zum Thema "Breastfeeding and Dental Health" gehalten und in seinem Vortrag aufgezeigt, dass es keinen Zusammenhang mit vermehrtem Auftreten von Karies und Langzeitstillen gibt.
Er hat auch eine Arbeit darüber veröffentlicht: "Prolonged, on demand breastfeeding and dental caries an investigation, Torney PH, M Dent Sc thesis, Trinity College, Dublin 1992
Den kannst du eurer Zahnärztin gern nennen :-)
Auch hier sind umfangreiche Informationen zu finden:
http://www.rabeneltern.org/index.php/wissenswertes/stillen-wissenswertes/1136-stillen-und-zahngesundheit
Ich hoffe, ich konnte dich wenigstens ein wenig beruhigen, lass dir nicht einreden, dass Du Schuld hast !
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 19.09.2019