Daueraufwachen und Nuckeln an der Brust in der Nacht

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Daueraufwachen und Nuckeln an der Brust in der Nacht

Liebe Biggi, ich habe mir schon öfters bei dir Rat geholt und möchte mich sehr bedanken. Nun bin ich aber ziemlich müde und erschöpft und weiß nicht mehr so recht weiter. Mein Sohn, nun 10,5 Monate war schon immer ein sehr schlechter Schläfer. Von Geburt an schläft er bei uns im Elternbett und wurde 6 Monate voll gestillt.Jetzt bekommt er 4 Breikostmahlzeiten am Tag und wird nach Bedarf gestillt. So ca. 3-4 mal am Tag. Doch nachts geht das Dauernuckeln los. Schon seit Monaten. Ich lege mich mit ihm hin zum Einschlafstillen so ca. 20.00 Uhr. Kaum bin ich aus dem Bett ruft er nach mir, das geht so lange bis ich liegen bleibe. Dannach wacht er teilweise sogar alle 30 Min. bis stündlich auf und sucht nach der Brust.Ich komme kaum noch zum Schlafen. Und mein Mann und ich haben fast nie einen Abend gemeinsam. Mein Tag endet meistens mit der Zubettgehzeit unseres Babys.Wie kann ich die Situation verbessern ? Je älter mein Baby wird um so schlechter schläft er. Ich bin z.Zt. nicht berufstätig, habe viel Zeit für ihn, stille ihn auch wann er möchte. Deshalb denke ich , daß er das Nähebedürfnis gut befriedigt bekommt und eigentlich nachts es nicht nachholen müßte. Bitte dringend um Rat. Danke schön im vorraus. Gruß Ilona

Mitglied inaktiv - 22.09.2010, 11:47



Antwort auf: Daueraufwachen und Nuckeln an der Brust in der Nacht

Liebe Ilona, jede Mutter, die ihr Kind lange stillt, wird sich dir von ganzem Herzen anschließen Ja, es ist wirklich mühsam, wenn man nur alleine das Kind ins Bett bringen kann. Man ist so angehängt und auch ich wollte damals so gerne einmal in Ruhe wieder einen Film von Beginn an sehen oder nicht jeden Abend schlaftrunken wieder aufstehen, wenn die Kinder endlich schlafen. Gute Tipps kann ich dir leider nicht direkt geben, es ist halt einfach so, dass die Kinder die "Mama Milch" brauchen, um vom erlebnisreichen Tag Ruhe zu finden und das tun sie am liebsten an der Brust. Dein Kind beginnt jetzt ganz bewusst zwischen fremd und bekannt zu unterscheiden und lernt nun auch sehr deutlich, dass es ein eigener Mensch ist. Dies kann für das Kind sehr aufregend und verunsichernd sein und dann will es natürlich nicht alleine sein, schon gar nicht, wenn es sich in den Schlaf fallen lassen soll und damit ja auch das letzte bisschen Kontrolle abgeben muss, das es in seiner Welt hat. Wird das Kind dann alleine hingelegt, beginnt es zu weinen, nicht aus Wut, sondern aus Verzweiflung. Wird es nicht gehört, dann kann diese Verzweiflung dazu führen, dass es so sehr weint und völlig außer sich gerät. Damit will es weder dich noch seinen Vater ärgern und es hat auch keinen Sinn ein Baby in dieser Situation allein weinen zu lassen, im Gegenteil: dein Sohn braucht dann die Gewissheit, dass ihr für ihn da seid. Es ist nicht schlimm, und schon gar nicht ein "Versagen" deinerseits, dass deine Kleine noch nicht alleine ein- und durchschlafen mag. Ganz im Gegenteil: DIESES Verhalten ist das normale, will heißen, so hat die Natur es vorgesehen, so entspricht es der Natur eines Menschenjungen. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann wissen wir, dass es sich ein Urmensch und auch heute noch Menschen, die nicht so komfortabel wie wir in einem fest gemauerten Haus in "zivilisierter" Umgebung wohnen, nie leisten konnten und könnten, ihr Kind einfach "wach" irgendwo hinzulegen, damit es alleine schläft. Das Risiko, dann innerhalb von kürzester Zeit den Verlust eines Kindes betrauern zu müssen ist da viel zu groß. Der Punkt ist der, dass Babys und Kleinkinder ganz gleich was alle diesen Bücher und Hochglanzbroschüren sagen nicht dazu gedacht sind, alleine (ein)zuschlafen. Für ein Baby ist es absolut normal, dass es in den Armen und an der Brust der Mutter einschläft. "Emanzipierte" Babys sind in der Evolution noch nicht vorgesehen und da unsere Kinder mit der gleichen genetischen Ausstattung auf die Welt kommen, wie in grauer Vorzeit, funktioniert nicht alles sofort so, wie es in unsere moderne Welt passen würde. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Alleine sein bedeutet für ein Baby oder Kleinkind aus seiner Sicht Lebensgefahr. Sie wissen nicht, dass es heute und in unserer Gesellschaft unwahrscheinlich ist, dass sie von einem wilden Tier gefressen werden, wenn sie alleine sind. Wir können einfach nicht erwarten, dass unsere Babys "begreifen" dass ihnen doch alleine nichts passieren kann und wir können sie auch nicht dazu bringen, dass sie in diesem jungen Alter ein Gefühl dafür entwickeln, dass es doch "nur fünf Minuten" oder welche Zeitspanne auch immer ist, die sie warten müssen bis wieder jemand kommt. Also: Das Einschlafen an der Brust ist nicht wirklich ein Problem, denn es entspricht der Natur der Kinder, die genau dort die Ruhe, Geborgenheit und Zuversicht finden (mal ganz abgesehen von der wertvollen Muttermilch), die es ihnen ermöglicht, sich dem Schlaf hinzugeben. Kleine Kinder haben es sehr schwer, einzuschlafen, das hängt mit ihrem unreifen Nervensystem zusammen und wird ganz von allein, sobald sie reif genug dafür sind, sich auflösen! Ich möchte dir noch ein neues, wunderbares Buch empfehlen von Sibylle Lüpold: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst. Ich kann gut verstehen, wenn es manchmal mit dem zu Bett gehen nervig ist, aber vielleicht kann ja dein Mann mal einen Abendspaziergang machen; auf die Dauer gesehen wird es aber wohl noch ein Weilchen dauern, bis die ersten Gute Nacht Geschichten kommen, die dann bald spannender werden und vom Papa vorgelesen werden können. Sicher kannst Du deinem Kind die Brust verweigern, wenn es dir wirklich zu viel wird, aber vielleicht denkst Du auch, dass es im Grunde nur noch eine kurze Zeit ist, bis dein Sohn dich nicht mehr so sehr braucht jetzt bist Du der wichtigste Mensch in seinem Leben und schenkst ihm mit deiner Zeit ruhige, geborgene Minuten bis zum Einschlafen. Ich hoffe, Du bist nicht enttäuscht von meiner Antwort. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 22.09.2010



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