Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Abendliche Einschlafen bereitet Probleme

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Abendliche Einschlafen bereitet Probleme

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Liebe Frau Welter, ich habe mich durch sämtliche Foren durchgearbeitet, bin aber nicht so richtig auf das gestoßen, was mein Problem beschreibt: Unsere Tochter (10 Wochen alt, wird voll gestillt, leider mit Stillhütchen, da sie nach dem Kaiserschnitt die Brust nicht genommen hatte, wir waren auch schon bei einer Osteopathin, die als Grund hierfür den kleinen Mund/ Gaumen unserer Tochter vermutet. Milch kommt viel, Clusterfeeding gibt es auch zwischendurch) schafft den Absprung ins Traumland erst so gegen 2 Uhr nachts. Dann schläft sie auch wirklich gut durch, nur wenige Unterbrechungen mit schnellen Stilleinheiten und schläft dann auch schon mal bis 10/11 Uhr. Ich hab es aufgegeben um 20 Uhr ins Bett zu gehen, 22 Uhr ist auch mehr oder weniger aus dem Rennen, 24 Uhr versuche ich es dann meist, wobei es sich dann zieht bis 2 Uhr. Es läuft dann folgendermaßen ab: die Kleine weint erst einmal die Brust an. Ich spreche leise mit ihr oder singe ein Lied und klopfe sanft ihren Popo, dann irgendwann nimmt sie die Brust. Hier trinkt sie erst gut, dann wird die schläfrig, alles scheint in die richtige Richtung zu gehen. Dann dockt sie ab, dreht ihren Kopf in meine Armbeuge, gräbt dich kurz ein, dockt wieder an. Das macht dir alle 15 Sekunden, bestimmt eine halbe Stunde bis sie weint oder ich sie von der Brust nehme. Oftmals versuche ich ihr dann zu helfen sich zu erleichtern. Tatsächlich klappt das dann auch, manchmal bis zu 3x (tagsüber versuche ich es auch mit ihr, das ist aber nichts zu holen), danach geht das Trinkverhalten jedoch so weiter. Bis wir irgendwann erschöpft einschlafen und ich gar nicht weiß, wie wir es geschafft haben. Meine Vermutung ist, dass der Schlafmoment übergangen wurde, da sie auf Grund von Bauchweh nicht einschlafen kann und sie dann einfach völlig drüber ist. Aber vielleicht bin ich da auch auf dem Holzweg? Liegt das an- und abdocken ggf. an den Stillhütchen? Oder ist es einfach ihre biologische Uhr? Was kann man machen, damit es für alle leichter wird? (Denn sobald ein Termin am Morgen ist, bekommen wir alle wenig Schlaf). Ich bin für jeden Tipp dankbar und hoffe einfach auf ein paar Erfahrungsberichte Vielen Dank schon einmal. Liebe Grüße Hannah


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Liebe Hannah, so kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Babys manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Das Nervensystem eines Babys ist ständigen Reizen ausgesetzt und während des Tages sind das viel mehr Reize als in der Nacht. So ist es nicht erstaunlich, dass sich bis zum späten Nachmittag oder Abend einiges aufgestaut hat und das Kind dann "über" reizt ist und sich wieder abreagieren und beruhigen muss. Dazu kommt, dass auch die Mutter nach einem langen Tag ebenfalls mehr oder weniger stark belastet und gestresst ist und sich die Gefühle und Stimmung der Mutter auf das Kind übertragen. Babys in diesem Alter haben oft eine geradezu "klassische" Unruhephase am Abend oder leider auch in der Nacht. Diese unruhige Zeit ist so verbreitet, dass es im englischen Sprachraum sogar einen Ausdruck dafür gibt: Omastunde, d.h. dass jetzt eine liebevolle Großmutter gebraucht wird, die nichts Dringenderes vorhat, als das Baby zu wiegen und im Arm zu halten, bis seine Unruhe vorbei ist. So schwer es auch fällt, es ist wichtig, in dieser Situation nicht in Hektik und Aufregung zu verfallen. Je mehr du versuchst um das Kind zu beruhigen und je hektischer du wirst, umso aufgedrehter kann auch das Baby werden und dann ist man schnell in einem Kreislauf, der nur mehr schwer zu durchbrechen ist. Weniger ist hier oft mehr. Der Punkt ist, dass der Fokus vom Kind genommen wird, dass sich nicht mehr alle Anspannung auf das Kind konzentriert und es so die Gelegenheit bekommt, sich wieder zu entspannen und zu beruhigen. Der Teufelskreis der Anspannung, die sich auch bei den Eltern aufbaut und so das Kind immer unruhiger werden lässt, muss durchbrochen werden. Das kann manchmal auch dadurch erfolgen, dass das Baby auf eine Decke gelegt wird und die Mutter oder der Vater es durch unaufgeregtes, leises Sprechen und sanftes Streicheln beruhigt. Manche Eltern setzen sich in dieser Situation sogar mit ihrem Kind ins Auto und fahren ein paar Kilometer : ) oder aber es gibt eine Großmutter oder liebe Freundin mit ausgeruhten Nerven und viel liebevoller Geduld, die das Baby in den Arm nehmen kann während die Mutter einen Spaziergang für sich alleine machen kann, in Ruhe ein Entspannungsbad nimmt oder einmal für zwei Stunden ungestört schläft. Dieser Vorschlag mag für die Nacht recht schwierig umzusetzen erscheinen, doch vielleicht kann dein Partner dir beistehen und euer Baby trösten und beruhigen und am Tag hilft dir unter Umständen doch ein anderer lieber Mensch, damit du die Chance bekommst, neue Kraft zu tanken. Sobald du erst mal wieder eine Verschnaufpause hattest, wird der Alltag oft sehr rasch wieder einfacher und die Baby Tage und Nächte können wieder ruhiger werden. Falls du bei all diesen Anforderungen, die dein Kind zur Zeit an dich stellt, noch zum Lesen kommst, möchte ich dir "Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears empfehlen. Die Lektüre dieses Buches wird aus deinem Kind nicht automatisch ein ruhigeres Baby machen, doch du findest Erklärungen und sicher den einen oder anderen Hinweis, wie euer Alltag wieder leichter werden kann. Zusätzlich kann ich dir nur wärmstens den Besuch einer Stillgruppe nahelegen. Im Austausch mit den anderen Müttern dort, wirst du erleben, dass dein Kind nicht das einzige Baby auf der Welt ist, dass so viel Zuneigung und Kraft von seinen Eltern braucht und allein das Wissen "es geht nicht nur uns so" kann enorm viel helfen. Ich wünsche euch allen baldmöglichst ruhigere Tage und Nächte und dir viel Kraft und Menschen, die bereit sind, dir jetzt mit praktischer Hilfe beizustehen. Liebe Grüße Biggi


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