Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Kündigung nach verhaltenem Abort

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

zur Vita

Frage: Kündigung nach verhaltenem Abort

Sternsspange

Sehr geehrte Frau Bader, genau 4 Monate nach der Diagnose meines verhaltenen Aborts (13- Schwangerschaftswoche) wurde von meinem Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen. Der Abgang der Leibesfrucht erfolgte jedoch 3 Tage nach der Diagnose. Bis wann galt für mich das Kündigungsverbot? Bis zur Diagnose oder bis zum Abgang der Leibesfrucht? Ich würde meinen Arbeitsplatz gern behalten und möchte mich daher nicht auf eine mögliche Abfindung im Falle einer Kündigungsschutzklage einlassen. Welche Chancen hätte ich, wenn ich Klage einreiche und eine gütliche Einigung ablehnen würde? Vielen Dank im Voraus.


Hallo, das tut mir Leid, mein Mitgefühl! Im Gesetz steht: § 17 MuSchG: Die Kündigung gegenüber einer Frau ist unzulässig 1..... 2. bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche ... Entscheidend ist hier der Zeitpunkt der /Fehl-) Geburt. Das Bundesarbeitsgericht sagt: Die 12. Schwangerschaftswoche endet am 196. Tag vor dem errechneten Entbindungstermin. Der besondere Kündigungsschutz für Fehlgeburten beginnt mit dem 195. Tag vor dem errechneten Entbindungstermin und endet mit Ablauf des Tages, der unter Hinzurechnung von 4 Monaten durch seine Benennung dem Tag entspricht, auf den die Entbindung fällt. Liebe Grüße NB    


3wildehühner

Die Schwangerschaft ist rechtlich gesehen mit dem Moment beendet, in dem die Diagnose gestellt wird, dass das Ungeborene im Mutterleib verstorben ist. Daher hat dein Arbeitgeber korrekt gehandelt und die Fristen gewahrt. Glaubst du, dass dein Arbeitgeber aufgrund deines nun bekannten Kinderwunsches die Kündigung ausgesprochen hat? Wenn ja, dann würde ich bei so einem Arbeitgeber gar nicht mehr arbeiten wollen. Es werden überall händeringend Fachkräfte gesucht. Bewirb dich und hake das Thema ab!  


Sternsspange

Hallo, vielen Dank für deine Antwort. Ich fürchte, dass der bekannte Kinderwunsch der Grund für die Kündigung ist, denn man hat eine andere, nicht gebärfähige Person während meiner Schwangerschaft eingestellt und mich mit dem Auslaufen des Kündigungsverbotes gekündigt. Nur gibt es für meinen Fachbereich in näherer Umgebung keine offenen Stellen und aufgrund meines Partners kann ich nur ortsgebunden suchen. Abgesehen davon, habe ich gern da gearbeitet, habe ein gutes Verhältnis zu meinen Kollegen und Kunden. Ich finde es einfach ungerecht, mich aufgrund eines so natürlichen Grundrechtes vor die Tür zu setzen. Und das nach so einem traumatischen Erlebnis. Wenn ich daran denke, dass ich all diese Dinge nur aufgrund meines Geschlechtes durchmachen muss, erscheint es mir nicht richtig einfach das Tuch zu werfen und zu gehen.


Sternsspange

Hier ist auch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, dass besagt, das die Schwangerschaft fortbesteht solange sich die Leibesfrucht noch im Mutterleib befindet: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/8-azr-838-12/ ... aa) Die Klägerin hatte am 14. Juli 2011 erfahren, dass ihre Leibesfrucht abgestorben ist. Eine natürliche Fehlgeburt war bis dahin nicht erfolgt, weswegen sie auf den 15. Juli 2011 ins Krankenhaus einbestellt worden war, um eine solche Fehlgeburt künstlich einzuleiten oder durch einen entsprechenden Eingriff zu ersetzen. Hierüber unterrichtete die Klägerin die Beklagte über ihre Vorgesetzte Frau S noch am 14. Juli 2011. Daraufhin setzte der Geschäftsführer der Beklagten sofort ein Kündigungsschreiben auf und ließ dieses noch am 14. Juli 2011 in den Hausbriefkasten der Klägerin einwerfen. Dadurch ging die Kündigung der Klägerin spätestens am Morgen des 15. Juli 2011 zu, als die Schwangerschaft noch bestand. ...


Andrea6

Daß die Schwangerschaft als beendet gilt mit der Diagnose "Leibesfrucht verstorben" ist nicht richtig. Solange diese den Körper der Mutter noch nicht verlassen hat gilt die Frau als schwanger.  


3wildehühner

Frau Bader hat im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverbot schon mehrmals geschrieben, dass eine Frau ab der Feststellung des Versterbens des Embryos als nicht mehr schwanger gilt, dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen ist und ab da das Beschäftigungsverbot aufgehoben ist. Leider kann man hier keine Links mehr einsetzen.  


Sternsspange

3wildehühner, du hast recht, es ist wohl so, dass das Beschäftigungsverbot damit endet, dass kein schützenswerter Embryo mehr lebt. Ich bin mir nur nicht sicher, ob selbiges auch für die Frist des Kündigungsverbotes gilt. Ist das Ende des Beschäftigungsverbotes gleichzusetzen mit dem Ende der Schwangerschaft? Ist der Tag der Diagnose gleichzusetzen mit dem Ende Schwangerschaft? Oder endet die Schwangerschaft mit der Abstoßung oder dem Entfernen der Leibesfrucht? Ist dies überhaupt rechtlich klar definiert? Das sind Details, die leider den weiteren Verlauf meines (Arbeits-)Lebens bestimmen könnten.


3wildehühner

Es ist auf jeden Fall so, dass es so gut wie keine Informationen zu dem Thema im Netz gibt. Mehr Transparenz wäre definitiv wünschenswert! Zu welchem Datum hattest du denn die Feststellung, dass die Schwangerschaft nicht intakt ist? An welchem Datum war der Abgang? Hast du deinem Arbeitgeber sofort mitgeteilt , dass dein Ungeborenes nicht mehr lebt? Hast du mitgeteilt, wann der Abgang war? An welchem Datum hast du die Kündigung bekommen?  


Sternsspange

Also, am 03.07.24 wurde die MA diagnostiziert und ich wurde für 14 Tage krankgeschrieben. Am selben Tag habe ich meinen AG über den Befund informiert, auch darüber, dass mir noch ein Eingriff bevorsteht und ich deshalb krankgeschrieben bin. Einen Termin zur Kürretage bekam ich erst sehr spät, 10 Tage nach der Diagnose. Die Natur hat es dann 3 Tage später, am 06.07.24 selbst geregelt. Ich habe 2 Tage auf der Station verbracht und bin nach Ablauf meiner AU wieder zur Arbeit gegangen. Mich hat niemand nach dem Tag des Eingriffs bzw. Abgangs gefragt, also habe ich mich auch nicht dazu geäußert. Am 04.11.24 habe ich dann die Kündigung in meinem Briefkasten vorgefunden (ich bin mir sicher, wäre der 03.11. kein Sonntag gewesen, hätte ich sie einen Tag eher erhalten)


Anna198

Keine Antwort auf deine Frage, aber eventuell trotzdem hilfreich. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass eine Kündigungsschutzklage fast immer auf eine Abfindung hinausläuft,es spielt auch in der Regel überhaupt keine Rolle ob die Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht,die Verhandlungen der Anwälte drehen sich nur um die Höhe der Abfindung. Falls du tatsächlich deinen Job wieder bekommen solltest (was wirklich sehr selten der Fall ist) wird es nicht lange dauern bis zur 2. Kündigung, die kann dann auch fristlos und vollkommen ungerechtfertigt sein wenn ihr keinen Betriebsrat habt, spielt alles keine Rolle.  Alles selbst so erlebt.


3wildehühner

Du hättest den Arbeitgeber über das genaue Datum informieren müssen. Dein Arbeitgeber ist davon ausgegangen, dass der Tag, an dem der Tod des Ungeborenen festgestellt wurde, der Tag der Beendigung der Schwangerschaft war. Da hast du leider versäumt, das richtige Datum mitzuteilen. Deshalb macht eine Klage keinen Sinn. Zumal dein Arbeitgeber dich loswerden möchte. Stecke die Energie besser ist die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle.


misses-cat

Dir ist aber schon klar das du nur 3 Wochen Zeit hast gegen die Kündigung vorzugehen nach Erhalt dieser? Wenn du sie am 04.11 bekommen hast endet die Frist am 25.11 also Montag!!!


KielSprotte

Über eines solltest du dir klar werden; dein Arbeitsplatz ist weg! Selbst wenn das Gericht diese Kündigung wg Formfehler aufhebt und du nicht auf einen Vergleich eingehst - dein AG kann dir sofort eine neue  fristgerechte Kündigung aussprechen - da kann dich kein Gericht vor schützen. 


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