Mädel87
Liebes Hipp-Team, ich verzweifle momentan an der Ernährung meines Sohnes, 21 Monate alt. Er hat schon immer sehr stark ausgeprägte Essensphasen - erst hat er lange gar keine Beikost gegessen, dann nur Beilagen, bis vor kurzem hat er jegliche Form von Milchprodukten komplett verweigert. Seit ca. 4 Wochen will er sich nun am liebsten nur noch von Käse und Obst ernähren. Er steht bei jeder Mahlzeit weinend vor dem Kühlschrank oder Obstregal. Ich frage mich nun, inwieweit ich diesen Phasen nachgeben soll oder darf. Da er sonst keine Milchprodukte essen will, gebe ich ihm täglich ca. 45Gramm Hartkäse, aber das reicht ihm nicht. Ebenso möchte er mindestens 3 Bananen oder Mandarinen am Tag, was ich sehr viel finde... Wenn ich ihm nicht nachgebe, isst er dann sehr unzufrieden auch sein Brot (das ist aber das einzige Produkt, was noch möglich ist zur Zeit). Bedenklich finde ich dabei auch seine Essensmengen, welche wirklich riesig sind. Er isst aktuell 5 Mahlzeiten pro Tag mit jeweils ca. 4 Scheiben Brot mit Käse und 2 Stück Obst, ab und zu auch 2 große Tomaten. So kommt er pro Tag auf fast einen ganzen Laib Brot (ohne Rinde). Ich finde das wahnsinnig viel, dennoch will er ständig weiteressen, auch wenn es ihn schon würgt. Er ist schon lange im unteren Gewichtsbereich, aktuell bei der 10. Perzentile (10,4 kg bei ca. 83 cm). Soll ich ihm so viel und so oft zu essen geben, wie er will, auch wenn es ihn schon würgt? Ich habe Angst, dass er sonst abnimmt. Er ist sehr aktiv und bewegt sich viel. Durch die eingeschränkte Auswahl an Essen, fällt es mir schwer, noch kcal unterzubringen (er merkt auch sofort, wenn ich z.B. Nüsse untermische usw.). Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir weiterhelfen könnten. Vielen Dank!
Anke Claus
Liebe „Mädel87“, ich kann gut verstehen, dass Sie sich Gedanken machen. Meiner Erfahrung nach ist das, was Sie schildern, aber eine ganz übliche Entwicklungsphase bei Kleinkindern. Das kann sich von heute auf morgen ganz schnell wieder ändern. Diese „ich-ess-jetzt-mal nix“ oder „ich-ess-nur-was-mir-schmeckt“-Phasen kommen häufiger vor als man denkt. Viele Eltern kennen diese Situation und können ein Lied davon singen. Das Essverhalten der Kleinkinder ist nur in den wenigsten Fällen so wie es „sein sollte“. Kinder in diesem Alter haben ihren eigenen Kopf und entwickeln spezielle Vorlieben. Die Kinder werden wählerischer, haben keine Zeit zum Essen und Neues probieren wollen sie auch nicht mehr. Während dieser Phase werden Kinder sich auch mehr darüber bewusst wie ein Speisenteller auszusehen hat, sie weigern sich, wenn das Essen nicht "richtig" aussieht oder der Teller bzw. das Brettchen nicht richtig platziert sind usw. Und natürlich werden auch Lebensmittel entdeckt die besonders gut schmecken und ankommen. Das wird besser werden! Irgendwann platzt immer der Knoten. Bis dahin ist Ihr Kleiner eben mit Brot, Käse und Obst zufrieden. Ich bin mir ganz sicher, die Speisenauswahl wird wieder umfangreicher werden. Solche Phasen hat die Natur schon mit eingeplant. Ihr Junge ist auch weiter gut versorgt. Sie schreiben, Ihr Kleiner gehört schon länger zu den leichteren Kindern. Versuchen Sie das gelassen zu sehen. Er bewegt sich viel und ist aktiv, das ist prima und zeigt Ihnen, dass es Ihrem Jungen wunderbar geht. Am besten ist es wohl, wenn man ums Essen keine allzu „große Sache“ macht. Sonst lernt Ihr Junge weiter nur, dass er mit seiner Verhaltensweise viel Aufmerksamkeit bekommt. Und das gefällt den Kleinen besonders: Mama und Papa tun alles, damit ich mehr und gesund esse. „Das ist so toll, dass sie sich mir so intensiv zuwenden.“ Ein paar lieb gemeinte, allgemeine Anregungen meinerseits: Fragen Sie nicht Ihren Sohn was er haben will. Sie als Mama geben vor was es zu essen gibt. Es kann eine gewisse Auswahl geben, bei der Ihr Junge wählen kann. Ist nichts dabei, gibt es auch ansonsten nichts. Wenn der Kleine wenig oder gar nichts isst, bekommt er nichts Beliebteres, sondern bis zur nächsten Mahlzeit nichts. Das ist nicht so schlimm. Also ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen und keine Häppchen zwischendurch reichen. Auch wenn es schwerfällt. Ich weiß, es ist nicht so leicht, aber versuchen Sie es aus: bieten Sie Ihrem Jungen eine Auswahl an Speisen an, die Portion auf seinem Teller dabei eher klein halten. Und dann lassen Sie ihn einfach mal in Ruhe!!!! Schauen Sie nicht auf seinen Teller hin, maßregeln Sie ihn nicht dauernd, motivieren Sie ihn nicht, interessieren Sie sich nicht für sein Essverhalten. Essen Sie und die Familie selbst mit Genuss, unterhalten Sie sich am Tisch über angenehme Dinge. Leben Sie Ihrem Jungen als Vorbild abwechslungsreiches Essen vor. Zeigen Sie ihm wie viel Freude das Essen macht, und dass es so viele schmackhafte Gerichte gibt. Versuchen Sie die Mahlzeiten auf drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Dann ist wieder Spielzeit etc. Eine angenehme Atmosphäre, kein Zeitdruck, ein hübsch gedeckter Tisch sind einladend und regen den Appetit an. Bleiben Sie weiterhin frohgemut am Ball, dann wird Ihr Kleiner bestimmt bald wieder abwechslungsreicher essen. Alles Liebe und viel Geduld! Anke Claus