Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Leonie Traub:

Was kann ich tun

Leonie Traub

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Psychologin

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Frage: Was kann ich tun

Lilona

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Ich weiß nicht so genau, an wen ich mich wenden soll, und versuche hier mal mein Glück..Eine Freundin hat mir neulich erzählt, dass ihr Mann sie unter Druck setzt, weil er sich ein Kind wünscht. Sie möchte eigentlich keine Kinder. Das war auch schon immer so.  Auch ihr Mann wusste es von Anfang an. Nun hat er scheinbar seine Meinung geändert. Es ist die ganze Zeit Thema und meine Freundin ist total verzweifelt. Sie hat das Gefühl, dass er nicht aufhören wird. Langsam weiß sie nicht mehr, was sie wirklich möchte. Wie kann ich ihr am besten helfen?


Leonie Traub

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Hallo Lilona,  vielen Dank für deine Nachricht. Es ist gut, dass du dich für deine Freundin einsetzt und nach Unterstützung für sie suchst. Wir sind froh, dass deine Freundin dich hat!  Viele Themen rund um reproduktive Gerechtigkeit sind in unserer Gesellschaft leider oft wenig präsent. Häufig wird immer noch angenommen, dass diese Themen nur zwischen romantischen Partner*innen besprochen werden sollen. Gerade in Fällen, in denen unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche vorliegen und eine Person die andere unter Druck setzt, ist es jedoch äußerst wichtig, dass unter Druck gesetzte Personen damit nicht allein bleiben.   Selbstbestimmte Familienplanung ist ein wichtiges Menschenrecht, und sollte auch nicht hinter die Bedürfnisse der Beziehungsperson gestellt werden. Das bedeutet, dass Frauen und gebärende Personen selbst entscheiden können, ob überhaupt, wie viele, auf welche Weise und wo sie gebären oder ob sie stillen möchten. Das ist wesentlicher Bestandteil unseres Rechts auf körperliche Autonomie und sexuelle Gesundheit. Sich dafür zu entscheiden, ein Kind zu bekommen, kann ein großer Einschnitt ins Leben sein und stellt alles vom Kopf auf die Füße. Auch die Dynamik zwischen Beziehungspersonen kann sich während der Schwangerschaft, Geburt und die Zeit der Kindesfürsorge ändern. Da mit jedem Kind eine neue Situation entsteht, können wir vorher nie wissen, wie es uns damit geht.  Als Freundin kannst du sie darin bestärken, auf sich zu hören und mit ihr darüber sprechen, was sie sich wünschen würde und was sich bei ihr eventuell verändert hat in der letzten Zeit. Ihr könntest auch überlegen, ob ihr gemeinsam zu einer gynäkologischen Beratung geht. Wichtig ist hierbei, Ärzt*innen aufzusuchen, die sich auch kritisch mit Familienplanung und verschiedenen Vorstellungen befassen. Durch gesellschaftliche Vorstellungen wird häufig Druck (insbesondere auf Frauen) ausgeübt, leider sind auch Ärzt*innen davon nicht befreit. Hier findest du eine Liste mit Gynäkolog*innen, die zu bestimmten Themen beraten und eine menschenrechtsbasierte/feministische Haltung vertreten: https://gynformation.de/de/profiles   In einer Beziehung müssen beide Personen in offenen Gesprächen immer wieder aushandeln, was sie wollen und zu welchen Kompromissen sie bereit sind. Druck auszuüben in Bezug auf Schwangerschaft geht nicht mit Selbstbestimmung über den eigenen Körper zusammen. Der Wunsch der Person, die schwanger werden kann, muss unbedingt akzeptiert werden, auch wenn dieser gegen Vorstellungen von Familie und gängigen Rollenbildern geht. Nicht jede Person möchte eine Familie mit Kindern und das ist auch okay so.  Leider kann es vorkommen, dass Beziehungspersonen nicht die gleichen Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf Familienplanung haben. Diese auseinandergehenden Wünsche sind auch keinesfalls mit einer Minderung der Liebe zueinander verbunden. Wichtig ist aber, dass wir für uns, unsere Bedürfnisse und Lebensentwürfe einstehen. Auch wenn es schmerzhaft ist, zu realisieren, dass eine gemeinsame Zukunft nicht mit der Erfüllung aller Wünsche vereinbar ist, dürfen wir nicht zu gewaltvollen Strategien greifen, um die andere Person umzustimmen. Wenn uns Gespräche mit der Beziehungsperson verunsichern, dann kann es hilfreich sein, Unterstützung hinzuziehen. Es gibt Angebote beispielsweise bei ProFamilia, die solch schwierige Gespräche moderieren. So gibt es einen sicheren Raum und es wird beachtet, dass Grenzen nicht überschritten werden. Hier findest du eine Übersicht: https://www.profamilia.de/angebote-vor-ort   Wenn die Druckausübung auf deine Freundin nicht aufhört oder sich steigern sollte, dann kann sie sich auch an eine Frauenberatungsstelle wenden. Beratende helfen, Beziehungsdynamiken zu reflektieren und Auswege zu finden. Hier findest du Anlaufstellen in eurer Nähe: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/organisationen.html  Lilona, dein Einsatz für deine Freundin ist sehr wertvoll. Wir wünschen dir für das anstehende Gespräch viel Kraft und deiner Freundin ein glückliches und selbstbestimmtes Leben – wie auch immer sie sich entscheidet.   Liebe Grüße  Leonie und Xenia  


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