Knopf2016
Hallo, mein Partner und ich sind seit 11 Jahren zusammen, haben zwei Kinder (8 Jahre und 4 Jahre). Schon lange befinde ich mich, befindet sich unsere Beziehung in einem Zustand den ich als untragbar empfinde, den ich nicht möchte, der mich mich schlecht fühlen lässt und welcher mich stresst. Ich weiß nicht, wenn ich ehrlich bin, ist da glaube ich keine tiefe Liebe mehr vorhanden, hätten wir keine Kinder wären wir schon länger getrennt und das ist der Punkt wo ich aktuell in einem Gedankenkarussel stecke. Immer wieder die Frage würde ich es alleine schaffen? Wie ginge es den Kindern damit? Wie würde es uns finanziell gehen? Und warum gehe ich nicht, wenn es mir nicht gut geht mit ihm? Ich habe das Gefühl von ihm nicht gesehen, nicht gewertschätzt und auch nicht unterstützt zu werden. Ich bin traurig, wenn ich sehe wie wenig Berührungspunkte er mit den Kindern hat und auch kein Interesse hat daran etwas zu ändern. Seinen eigenen Eltern macht er das aber zum Vorwurf, dass sie nie ehrliches Interesse an ihm gehabt hätten. Unternehmungen und Reisen mache ich größtenteils alleine mit den Kindern oder nehme meine Mutter mit, ihm ist alles schnell zu viel, er ist schnell genervt, gereizt. So machen Familienaktivitäten dann auch keinen Spaß. Andererseits schimpft er, dass wir so viel Geld damit ausgäben. Den Großen bringt er zum Hobby, ab und an geht er einkaufen und abends kocht er für uns, wenn es ihm gerade passt geht er mal eine kleine Runde mit dem Hund am Morgen. Das war es aber eigentlich auch schon. Alles rund um die Kinder fertig machen, wegbringen, abholen, Termine, Aktivitäten planen, Haushalt, Wäsche, spielen liegt bei mir. Wir gehen beide arbeiten. Gespräche haben bisher wenig gebracht, er meint ich müsse ihm sagen, was er tun soll, ich denke er sollte als erwachsener Mann sehen, welch Ungleichgewicht bei uns herrscht in der Aufgabenverteilung und auch einfach mal ganz selbstverständlich bspw. die Kinder übernehmen oder aber im Haushalt mit anpacken. Urlaub nimmt er auch (nicht ausschließlich), wenn ich arbeiten, die Kinder in Schule und Kindergarten müssen und die Kinder mal übernehmen oder einen Kind krank Tag zu nehmen wäre zu viel verlangt. Wenn er überhaupt mal alleine zuständig ist dann mit einer gewissen Grundgenervtheit mir gegenüber und immer mit dem Unterton, dass er eine gewisse Dankbarkeit von mir erwartet. Ich versuche es schon zu vermeiden. Es ist schwierig er wirkt selbst so unzufrieden, ist mir aber auch oft den Kindern gegenüber recht harsch / kritisch, spricht so negativ über andere Menschen, mein Sohn sagt oft: Papa schimpft bestimmt wieder mit mir. Ich habe das Gefühl immer vorsichtig sein zu müssen was ich wie zu ihm sage, ich traue mich selbst manchmal nicht meine eigenen Gedanken und Gefühle in gewissen Situationen auszusprechen, da ich seine überzogene, abwertende, aggressive Reaktion fürchte. Daher vermutlich auch die Angst vor einer Trennung. Angst vor seiner Reaktion und eventuell folgenden Aktionen. Zärtlichkeit zwischen uns gibt es so kaum noch, ich selbst habe da aktuell keine Kapazität und bei der ständig angespannten Stimmung auch keine Lust. Ein Thema was ihn wiederum stört. Können Sie mir einen Rat geben (abgesehen von einer Paarberatung), eine Einschätzung einen Denkanstoß? Entschuldigung für den langen Text. Ganz lieben Dank.
Hallo Knopf2016, vielen Dank für deine ausführliche Nachricht, die deine Situation gut nachvollziehbar macht. Es ist sehr verständlich, dass du in der Situation eine Zerrissenheit spürst und diese als Gedankenkarussell beschreibst. Es klingt so, als würdest du einen Großteil der Sorgearbeit übernehmen. Du beschreibst, dass dein Partner wenig Interesse am Familienleben zeigt und deine Anstrengungen nicht gesehen werden. Das ist frustrierend und Kräfte zehrend. Leider ist es in unserer Gesellschaft häufig immer noch so, dass Männer sich aus der Kindererziehung und Haushaltsführung entziehen und diesen Bereich Frauen zuschieben. Das kommt aus alten traditionellen Rollenbildern, in denen die Zuweisung von Lohnarbeit und unbezahlter Hausarbeit klar nach Geschlecht getrennt waren. Mittlerweile hat sich aber vieles verändert und in den meisten Partnerschaften gehen beide Personen einer Lohnarbeit nach, wie bei euch ja auch. Das heißt für Männer aber auch, dass sie Verantwortung für den gemeinsamen Haushalt und Fürsorge übernehmen müssen. Insofern ist es sehr verständlich, dass du dich ungerecht behandelt fühlst. Schließlich erfüllst du hier eine Doppelrolle! Wenn man schon lange in einer Beziehung ist und einen gemeinsamen Haushalt mit Kindern pflegt, sind die Leben oftmals miteinander in vielen Bereichen wie Vermögen, Einkommen, Ausgaben, Verantwortungen und Beziehungen stark verwoben. Ein erster wertvoller Schritt ist es, sich einen Überblick über die Gesamtsituation zu verschaffen: Wieviel Geld habe ich ohne das Einkommen meines Partners zur Verfügung? Habe ich Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung? Welche Sorge- und Umgangsregelungen gibt es und habe ich einen Anspruch auf eine Unterhaltszahlung? Wie kann meine Wohnsituation in Zukunft aussehen? Das kann allein erstmal sehr überfordernd sein. Vielleicht kannst du dir einen Tag nehmen und dich gemeinsam mit einer Unterstützungsperson wie deiner Mutter oder einer Freundin zusammensetzen? Oder du machst dir einen Termin in einer Beratungsstelle im Bereich Finanzen aus? Hier findest du eine Übersicht Anlaufstellen in ganz Deutschland, die sich auf den Bereich Finanzen und Frauen ausgerichtet haben (https://finanzfachfrauen.de/ueber-uns/) oder du schaust dir die kostenfreien Angebote für Allgemeine Sozial- und Lebensberatung der Wohlfahrtsverbände mal an (AWO, Caritas und der Paritätische, bspw.: https://einrichtungsdatenbank.awo.org/organisations/public-search). Neben Abhängigkeiten wie der ökonomischen Situation oder gemeinsamen Kindern bestehen oftmals auch emotionale Abhängigkeiten. Es kann helfen, sich auf Trennungen langsam vorzubereiten. Manche Frauen schaffen sich erstmal kleine Freiräume abseits der Beziehung (zum Beispiel ein neuer Sportkurs, ein eigenes Sparkonto, Austauschräume mit anderen Frauen, Erholungsräume). Du hast beschrieben, dass du dich nicht wertgeschätzt fühlst und sogar das Gefühl hast, aufgrund von erwarteten Reaktionen wie Abwertung und Aggression vorsichtig sein zu müssen. Nimm dich in deinem Gefühl ernst! In Beziehungen, in denen viele Ungerechtigkeiten bestehen, können Trennungen ein anstrengender und teilweise sogar auch eskalierender Prozess sein. Das soziale Umfeld frühzeitig einzubeziehen, kann dir Sicherheit geben und entlastend wirken. Hier kann auch eine Beratungsstelle unterstützen, die sich auf Konflikte in Beziehungen spezialisiert haben: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-vor-ort.html Trennungen sind häufig lange Prozesse, in denen Ambivalenzen, wie du sie benannt hast, ganz normal sind. Sich zu fragen, warum man sich nicht lösen kann oder an was man festhält, gehört bei fast allen Personen zu diesem Prozess dazu. Schließlich habt ihr schon viel zusammen erlebt und einen gemeinsamen Lebensentwurf gestaltet. Wichtig ist aber, dass es euch beiden in der Partnerschaft gut geht. Du beschreibst euren Zustand als untragbar und das Verhalten deines Partners als harsch und abwertend. Deinem Bedürfnis nach mehr Raum und Selbstbestimmung nachzugehen, ist ein großer Schritt. Oft wissen wir anfangs auch nicht, wie das am Ende konkret bedeutet. Es ist verständlich, dass es eine anfängliche Überforderung auslösen kann. Viele Frauen beschreiben ähnliche Situationen und zum Glück gibt es Beratungsstellen, die dabei unterstützen können. Du wirst deinen Weg finden! Viel Erfolg und alles Gute! Leonie und Xenia