Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Xenia Bukowsky:

Streit in Erziehungsfragen

Xenia Bukowsky

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Mediatorin/Konfliktberaterin

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Frage: Streit in Erziehungsfragen

MamaC2023

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Hallo Frau Bukowsky, mein Mann und ich sind seit 2014 ein Paar, seit 2019 verheiratet. Wir sind schon immer durch Höhen und Tiefen gegangen und auch Streits gehörten schon immer dazu. Generell war es aber nie ein Problem, da wir am Ende auch immer wieder das Gespräch gesucht haben. Es ist eben so, dass wir beide sehr impulsiv sind und der Stress in Alltag und Arbeitswelt dann manchmal sein Übriges dazu beiträgt.  Im August 2023 wurde unsere Tochter geboren. Ein absolutes Wunschkind und für uns immer noch ein kleines Wunder, da meine biologischen Voraussetzungen für eine Schwangerschaft nicht gut waren. Die Mutterschaft hat mich tatsächlich sehr verändert. Das Band zwischen mir und meiner Tochter ist sehr stark. Wir verbringen viel Zeit zusammen, sie schläft neben mir im Bett und ich stille sie auch noch. Da mein Mann sehr schnarcht, schläft er alleine auf dem Sofa. Das war aber auch vor der Schwangerschaft schon so. Seit März geht unsere Tochter in die Kita. Ich gehe seit Anfang Mai wieder 30h arbeiten. Mein Mann arbeitet Vollzeit mit regelmäßigen Überstunden.  Da unsere Tochter nun älter wird, führen wir am Abend, wenn sie schläft, immer mal wieder Diskussionen hinsichtlich ihrer Erziehung, reflektieren Alltagssituationen und versuchen Lösungen für Probleme zu finden. Mein Mann findet es sehr ermüdend mit mir darüber zu sprechen. Ich empfinde es als sehr wichtig, vor allem das solche Aspekte nicht in Anwesenheit unserer Tochter besprochen werden. Hinzu kommen aktuell auch Mittagsschlafprobleme in der Kita. In den Augen der Erzieherinnen schläft unsere Tochter zu kurz (max 1h) und sie muss dann trotzdem liegen bleiben, da die Mittagsruhe zwei Stunden beträgt. Kita ist also generell gerade sehr schwer für sie. Jeden Morgen kämpfen meine Tochter und ich einen Kampf der Emotionen. Mich beschäftigt das alles sehr. Mein Mann ist hier sehr kühl und setzt auf: sie muss das jetzt lernen und gut. Meiner Meinung nach kann man viel lernen, aber nicht das Schlafbedürfnis. Das sieht aber auch die Kita nicht ein. Andere Baustelle, aber da bin ich dran.  Generell sind unsere Diskussionen aktuell sehr emotionsgeladen, da auch gerade das Stresslevel von uns beiden sehr hoch ist. Ich fühle mich leider gerade sehr mit meinen Gedanken, Gefühlen und Problemen von ihm allein gelassen. Ich habe das auch schon offen kommuniziert. Wir kommen auch sehr schnell aktuell an den Punkt, dass wir keine gemeinsame Linie in unserer Erziehung finden. Er sieht vieles sehr pragmatisch und löst Konflikte mit einem strengen Wort, wohingegen ich versuche die Bedürfnisse unserer Tochter zu verstehen und ihre Emotionen ernstzunehmen und zu begleiten. Sicherlich gelingt mir das auch nicht immer 100%. Wir kommen aufgrund der unterschiedlichen Denkweise nicht zu einem gemeinsamen Weg. Streitpunkte vorprogrammiert. Leider Tendenz steigend. Ich bin hier tatsächlich ratlos, wie wir auf einen gemeinsamen Weg kommen sollen. Wir versuchen es aktuell mit Akzeptanz der Herangehensweise des jeweils anderen, ohne sie am Ende in Gänze gut zu heißen. Ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine. Aber ist das wirklich eine Lösung? Die Erziehung unserer Tochter und das Unverständnis der Kita-Probleme sind gerade echte Zerreißthemen für unsere Beziehung. Ich merke, dass wir uns entfernen, aber mir fehlt die Kraft, etwas daran zu ändern. Ich glaube auch einfach, dass wir noch nicht Eltern sein-Paar bleiben schaffen. Ich habe das Gefühl, dass er sich ausgeschlossen fühlt und nicht meint Teil unserer Familie zu sein. Im Streit fällen vermehrt auch immer wieder Sätze wie: Entschuldigung, dass ich so ein schlechter Vater bin. Oder: Wenn ihr morgen aufsteht, bin ich weg.  Vielleicht haben Sie einen Rat für mich oder einen Impuls weiterzugehen. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit. 


Xenia Bukowsky

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Hallo MamaC,  schön, dass du deine Sorgen mit uns teilst. Das Teilen der Sorgen kann schon als entlastend wahrgenommen werden. Oft nehmen wir unsere Gedanken und Sorgen nicht ernst genug.   Es freut uns zu lesen, dass euer Wunschkind da ist und ihr eine enge Bindung aufgebaut habt. Nicht selten kommt es vor, dass sich die Beziehungsdynamik ändert, wenn es Familienzuwachs gibt. Auch dass du dich verändert hast, ist sehr nachvollziehbar. Du bist nun in einer neuen Rolle und auch deine Lebenssituation hat sich stark geändert. Es liest sich so, als würdest du die Verantwortung für die Distanz zwischen dir uns deinem Mann übernehmen, weil du dich verändert hast. Menschen machen viele Lebenserfahrungen und wachsen und verändern sich eben, das ist doch was Schönes. Hinzu kommt, dass du nun wieder 30 Stunden arbeitest und ihr einen Haushalt führt und euch um ein Kind kümmert - das ist wirklich eine große Aufgabe. Da ist es auch sehr wichtig, dass du eine Auszeit bekommst und etwas Schönes für dich tust und einer entspannenden Aktivität nachgehst, wie ein Spaziergang mit einer befreundeten Person oder ein Buch im Park zu lesen. Sich auch um sich selbst zu kümmern ist wichtig, um einen stressigen Lebensalltag meistern zu können.   Du beschreibst in deinem Beitrag, dass eure Beziehungsdynamik oft von Streitgesprächen geprägt war – vor allem in Situationen, in denen ihr gestresst wart. Gibt es Muster, die du erkennen kannst, die zu damals ähnlich sind? Oder liegt es eher daran, dass das Streitthema die Erziehung ist und die Haltung deines Mannes als Desinteresse verstanden werden kann? Schön ist es, dass du beschreibst, dass ihr eigentlich viel miteinander sprechen und aushandeln konntet. Manchmal kann es hilfreich sein, wenn diese abendlichen Gespräche in einem abgesteckten Rahmen stattfinden, wie jeden Dienstag um 20 Uhr im Wohnzimmer. Das kann entlastend wirken, weil sich Konflikte nicht in den Alltag einschleichen und plötzlich ein fester Bestandteil des Tagesablaufs werden – auch das zieht Energie.  Beziehungen sind dynamisch und manchmal müssen wir in Beziehungen auch verhandeln, da kann es auch mal zu einer Auseinandersetzung kommen. Das Wichtigste ist, dass alle Beteiligten aufeinander zugehen, sich ernst und sicher in der Situation fühlen. Du beschreibst auch, dass die Kita-Situation momentan ein großer Stressfaktor ist und täglich deine Tochter überzeugen musst, dass sie in die Kita geht. Das klingt nach einer kräftezehrenden Situation.   Leider ist es in unserer Gesellschaft häufig immer noch so, dass Männer sich aus der Kindererziehung entziehen und diesen Bereich Frauen zuschieben. Das kommt aus alten traditionellen Rollenbildern, in denen die Zuweisung von Lohnarbeit und unbezahlter Hausarbeit klar nach Geschlecht getrennt waren. Mittlerweile hat sich aber vieles verändert und in den meisten Partnerschaften gehen beide Personen einer Lohnarbeit nach, wie bei euch ja auch. Das heißt für Männer aber auch, dass sie Verantwortung für den gemeinsamen Haushalt und Fürsorge übernehmen müssen. Daher ist es verständlich, dass du enttäuscht bist, dass dein Mann dich mit deinen Sorgen allein lässt. Hast du generell das Gefühl, dass dein Mann sich nicht genug mit Erziehungsthemen auseinandersetzt? In vielen Beziehungen entsteht ein Gefühl von Distanz, wenn eine Person die Gefühle und Bedürfnisse nicht anerkennt und kein Interesse zeigt. Hinzu kommt, dass die Drohung, dass er morgen weg sei, eine klare Grenze überschreitet. Jede Person trägt die Verantwortung für die eigenen Handlungen und solche Äußerungen deuten darauf hin, dass er seine eigenen Bedürfnisse nicht äußern kann – aber auch das bleibt seine Verantwortung und rechtfertigt keine derartige Verletzung.   Könntest du dir vorstellen, dass ein Gespräch gemeinsam mit einer externen Person unterstützend sein kann? Es gibt beispielsweise Erziehungsberatungsstellen oder ProFamilia, die sich sehr gut mit solchen Dynamiken und auch Erziehungsfragen auskennen. Ein angeleitetes Gespräch kann wertvoll sein, weil es moderiert wird und festgefahrene Konfliktmuster aufgebrochen werden können. Vielleicht kann auch dein Mann da Impulse erhalten, dass in der Pädagogik sich vieles getan hat und die Bedürfnisse der Kinder nicht übergangen werden sollten. Auch kannst du deine Sorgen bezüglich der Schlafsituation dort thematisieren und besprechen, was ein gutes Vorgehen sein kann.   Zusammenfassend: Beziehungsdynamiken ändern sich häufig, wenn eine gemeinsame Familie gegründet wird. Es gibt immer wieder Belastungen und häufig fehlt die Kraft. Wenn der Wurm drin ist, kann ein geleitetes Gespräch oder eine Beratung sehr unterstützend sein.  Wir denken, dass dein Ansatz ein sehr fürsorglicher und schützender für deine Tochter ist. Es ist schön zu hören, dass du sie in ihren Bedürfnissen ernst nimmst. Du klingst nach einer sehr liebevollen Mama.   Wir wünschen dir viel Kraft für die kommende Zeit!  Leonie und Xenia 


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