Gerda12
Hallo, mein Mann (52) und ich (43) haben ein Problem. Wir haben einen Sohn (5), mich lässt der Wunsch nach einem Geschwisterkind für ihn aber nicht los. Wir konnten unser 1. Kind aber auch nur durch ICSI Behandlung bekommen und das zweite Kind hat nach 6 ICSIs nicht funktioniert, sodass wir die Behandlung 2022 beendet haben. Eigentlich sind wir jetzt zu alt von vorne anzufangen und es käme wenn ja auch nur noch eine Eizellspende infrage. Mein Mann möchte das aber nicht. Eine Trennung ist für mich keine Option, den Wunsch aufzugeben, fällt mir aber auch schwer, weil ich Angst habe, dass mein Sohn irgendwann alleine ist. Wie kann ich mit dem Kinderwunsch abschließen? Was steckt hinter einem Kinderwunsch? Was fehlt mir, dass ich so daran festhalte? Der Wunsch ist auch nicht dauerhaft da, aber er flammt immer wieder auf, insbesondere wenn andere wieder schwanger sind. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Liebe Gerda, vielen Dank für deine Frage im Forum. Erstmal herzlichen Glückwunsch, dass ihr schwanger geworden seid und einen Sohn bekommen habt. Es klingt, als seid ihr dafür einen langen Weg gegangen, der bestimmt mit vielen Herausforderungen verbunden war. Es ist schön zu hören, dass ihr das als Paar gemeinsam meistern konntet. Nun beschreibst du, dass ihr bezüglich eines zweiten Kindes an unterschiedlichen Punkten seid. Du wünschst dir ein weiteres Kind, dein Mann nicht. Beide eure Bedürfnisse sind sehr verständlich nach allem, was ihr bei der Kinderwunschbehandlung durchgestanden habt. Du beschreibst, du wünschst dir ein Geschwisterkind für deinen Sohn und hast Angst, dass er alleine ist. Hast du den Eindruck, dass er sich einsam fühlt? Über Einzelkinder bestehen viele Vorstellungen in der Gesellschaft, die von Studien so nicht belegt werden können. Ob sich ein Kind einsam fühlt, hängt nicht direkt damit zusammen, ob es Geschwister hat, oder nicht. Es spielt eher eine Rolle, welche Persönlichkeit es hat und wie das soziale Umfeld gestaltet ist. Viele Einzelkinder haben beispielsweise eine intensive Beziehung zu den Eltern und ein starkes soziales Netz außerhalb der Familie. Wie ist dein Eindruck von deinem Sohn? Wenn du den Eindruck hast, es würde ihm gut tun, mehr mit anderen Kindern gemeinsam aufzuwachsen, könntet ihr darüber nachdenken, welche Möglichkeiten es gibt, andere Kinder mit in euer Familienleben einzubeziehen. Vielleicht könnt ihr ein Betreuungskonzept organisieren, bei dem mehrere Eltern auf mehrere Kinder zusammen aufpassen? Oder ihr nehmt tageweise ein Kind als Tageseltern zur Nachmittagsbetreuung dazu? Oder ihr informiert euch über Möglichkeiten, Pflegekinder in die Familie miteinzubeziehen? Eltern von Einzelkindern werden oftmals viele unbedachte Fragen aus dem Umfeld gestellt, die suggerieren, dass ein Kind nicht genug sei und die viel Druck aufbauen können. In etwa, wenn gefragt wird, wann das nächste Kind denn komme oder ob das erste Kind allein bleiben solle. Gerade Mütter werden häufig mit solchen Fragen konfrontiert, die sehr verletzend sein können. Dahinter liegt die Idee, dass Familien aus Mutter, Vater und mehreren Geschwistern bestehen. Dies ist jedoch längst nicht mehr der Normalfall. Viele Kinder wachsen beispielsweise mit einem Elternteil auf, mit zwei Müttern, als Einzelkind, Pflegekind oder in einer Gemeinschaft aus vielen Elternpersonen und Kindern. Wie ein Familienleben gestaltet wird, kann ganz unterschiedlich aussehen. Es gibt viele verschiedene Lebensentwürfe, in denen Kinder gut und sicher aufwachsen können. Aus deinem Beitrag lesen wir auch heraus, dass du dir viele Gedanken dazu machst, warum du mit deinem Kinderwunsch nicht abschließen kannst. Familienplanung ist für viele Personen ein sehr wichtiges und emotionales Thema und ein unerfüllter Kinderwunsch kann große Traurigkeit auslösen. In manchen Fällen wird dies als schleichender Verlust erlebt, der auch ähnliche Phasen wie ein Trauerprozess durchlaufen kann und zu Hoffnung, Enttäuschung, Wut, Schuld oder Resignation führen kann. Manchmal machen sich Personen auch selbst Vorwürfe und tragen Schuld- oder Schamgefühle mit sich herum. Es kann auch sein, dass der Wunsch für ein zweites Kind auch mit deiner eigenen Familiensituation zusammenhängt, wie du aufgewachsen bist oder was dir gefehlt hat. Falls du dich darin wiedersiehst, könntest du überlegen, eine Psychotherapie zu machen und das Thema dort zu besprechen. Es ist sehr verständlich, dass das Thema dich immer wieder beschäftigt. Du musst das nicht allein durchstehen! Vielen Personen tut es auch gut, sich mit anderen Personen, die ähnliches erlebt haben, auszutauschen. Auf der Seite des Vereins Wunschkind e.V. gibt es eine Übersicht über Selbsthilfegruppen zum Thema Kinderwunsch. https://www.wunschkind.de/selbsthilfegruppen/selbsthilfegruppe-finden/ Einige davon sind auch zu Geschwisterkinderwunsch. Vielleicht ist da was für euch dabei? Egal welchen Weg ihr am Ende geht, wünschen wir euch alles Gute! Xenia und Leonie