Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Xenia Bukowsky:

Neue Partnerin will nicht zu uns ziehen

Frage: Neue Partnerin will nicht zu uns ziehen

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Hallo Xenia, ich bin seit fast 2 Jahren alleinerziehend mit 2 Kindern, die beide zur Schule (1. und 5. Klasse) gehen. Gerade bei meiner Tochter habe ich das Gefühl, dass sie sich extrem wohl an der weiterführenden Schule führt und in kurzer Zeit erste Freundschaften enstanden sind, die ihr gut tun. Ich habe geteiltes Sorgerecht mit der Mama, was mal mehr oder weniger gut funktioniert. Aber dennoch habe ich das Gefühl, dass die Kinder gerne bei ihr sind, wenn auch nur jedes 2. Wochenende. Auch wenn ich keinen riesiges soziales Umfeld an meinem Umfeld habe, fühle ich mich wohl und vermisse nichts wirklich. Nun habe ich seit fast 8 Monaten eine neue Partnerin, ohne Kinder, die aber bereits in gut in unseren Alltag integriert ist. Wir stehen jetzt vor dem nächsten Schritt, dass wir gerne zusammenleben wollen und auch gerne ein Kind zusammen hätten. Das Problem ist, dass meine Partnerin 70km entfernt wohnt und dort ihre Familie und ihren Lebensmittelpunkt hat und ich das Gefühl habe, dass die Erwartungshaltung ist, dass ich und meine Kinder zu ihr ziehen.  Wir hatten schon mehrfach die Diskussion, wie ich mir das vorgestellt habe die ganzen Monate. Ich bin ehrlich, dass ich das Thema wohl ein wenig ausgeblendet habe, weil ich die Basis mit den Kindern in ihrem gewohnten Umfeld habe und für mich klar war, dass ich meine beiden nicht einfach aus ihrem Umfeld, Schulen, etc. herrausreise. Ich bin mir auch nicht sicher, was sie sich vorgestellt hat, dass ich einfach alle Zelte abbreche ohne Rücksicht auf meine Kinder. Ich weiß, dass meine Partnerin viel aufgeben müsste und Angst davor hat, hier mit einem Säugling alleine zu sitzen, während ich arbeiten bin. Allerdings lebt auch ihr Bruder ca. 15min zu Fuss von mir weg und hat seinen Lebensmittelpunkt in der selben Stadt wie ich. Ich frage mich, ob ich zu egoistisch oder naiv bin in meiner Ansicht, aber ich kann und will auch nicht die Basis meiner Kinder zerstören, um meiner Partnerin, die ich sehr liebe, gerecht zu werden. Gerade meine Tochter ist bei einem ersten Gespräch dazu, direkt in Tränen ausgebrochen und meinte, dass sie nicht hier weg geht. Ich würde hier gerne ihre Meinung dazu hören. Was kann ich tun? Umzug auf Kosten der Kinder? Kein Umzug und damit die Beziehung gefährden? Ich bin ein wenig verzweifelt. Danke für ihre Gedanken. VG


Xenia Bukowsky

Xenia Bukowsky

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Hallo Du,   schön, dass du uns schreibst und deine Gedanken mit uns teilst.  Zuallererst: Es ist sehr schön zu lesen, dass ihr euch liebt und sogar eine gemeinsame Familienplanung in Erwägung zieht. Es klingt so, als hätte sich deine neue Partnerin gut in die Familie eingefügt. Da ist ihrerseits bestimmt auch viel emotionale Arbeit und Flexibilität erforderlich, die gewürdigt werden muss. Auch dass deine Kinder in der Schule Freundschaften knüpfen, ist etwas sehr Wertvolles. Es klingt nicht danach, dass du aus egoistischen oder naiven Gründen handelst. Diese Ängste und Zweifel sind sehr nachvollziehbar. Es mag sein, dass ihr zu lange nicht konkret über diese Themen gesprochen habt und es sich nun dadurch sehr groß und frustrierend anfühlt, denn du hast eine Bindung aufgebaut, die unter Umständen viele Umbrüche mit sich bringt.  Die Perspektive der Kinder  Ein Umzug kann bei Kindern mit Sorgen und Ängsten verbunden sein. Es gibt sicherlich viele Aspekte, die für und gegen einen Umzug sprechen. Ein sicheres, stabiles Umfeld und Beständigkeit sind für viele Kinder wertvoll. Die Angst, das Vertraute zu verlassen, scheint bei deiner älteren Tochter groß zu sein – ihre Tränen zeigen, wie ernst es ihr ist. Gleichzeitig können Eltern ihre Kinder emotional sehr gut unterstützen und begleiten, wenn die Vorteile eines Umzugs aufgezeigt werden und Kinder in Entscheidungen altersgerecht einbezogen werden.  Du solltest weiter mit den Kindern im Austausch bleiben und besprechen, was ein Umzug auch für schöne Seiten mit sich bringen könnte, ohne ihre Sorgen kleinzureden. Es kann auch hilfreich sein, wenn du vor Ort mit einer Familien- und Erziehungsberatungsstelle sprichst und dort deine Sorgen ausführlich adressierst, damit ihr genau auf eure spezifische Situation schaut. Hier kannst du nach Angeboten suchen: https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/    Du kannst auch mal bei der Schule fragen, ob es Schulsozialarbeit gibt und ob sie dich dahingehend beraten können. Sie kennen deine Kinder aus dem schulischen Kontext und können die Situation eventuell gut einordnen. Vielleicht kennen sie sogar Schulen in der neuen Stadt und können die Qualität und die Atmosphäre dort einschätzen.  Du hast ein geteiltes Sorgerecht, das bedeutet, dass du Entscheidungen über den Wohnort und Lebensmittelpunkt nicht allein treffen kannst. Hast du mit der Mutter der Kinder schon über deine Pläne gesprochen? Ihre Perspektive und mögliche Unterstützung sind hier entscheidend.  Die Perspektive deiner Partnerin  Es ist sehr umsichtig, dass du dir Gedanken machst, wie es deiner Partnerin mit einem Baby in einer neuen Stadt an Unterstützung fehlen kann. Das soziale Umfeld ist auch für Erwachsene eine große Ressource und kann in anstrengenden Phasen eine immense Entlastung bringen. Die Situation, allein mit einem Kleinkind ohne soziales Netzwerk zu sein, kann eine erhebliche Belastung darstellen.   Ihr solltet dringend auch über die Bedürfnisse und Ängste deiner Partnerin sprechen. Auch wenn die Familienplanung derzeit im Vordergrund steht, ist ihre berufliche Situation ein entscheidender Faktor. Leider ist es in unserer Gesellschaft nicht selbstverständlich, dass eine Mutter mit einem Kleinkind berufliche Chancen ergreifen kann. Diesbezüglich müsste sie sich an einem neuen Ort ein komplett neues Netzwerk aufbauen. 70 km können je nach Bundesland und Verkehrsanbindung entweder gut erreichbar sein oder doch recht abgeschieden wirken.   Andere Beiträge in unserem Forum beschreiben oft die Sicht von Frauen, die gerade Mutter geworden sind, die sich allein und nicht gut unterstützt bei der Sorgearbeit fühlen. Lies gerne mal in ein paar passenden Beiträgen, welche Ängste und Belastungen damit einhergehen können. Auch wenn bei deiner Partnerin kein Familiensystem (wie deine Kinder) anhängt, haben ihre Bedürfnisse und Wünsche genauso eine Berechtigung. Ansonsten entsteht ein Machtungleichgewicht, weil du als Elternteil mit bestehenden Verpflichtungen mehr Gewicht in Entscheidungen hast. Entscheidungen sollten immer gemeinsam und auf Augenhöhe getroffen werden. Es soll euch allen mittel- und langfristig mit der neunen Situation gut gehen.  Was du tun kannst  Ihr solltet dringend ein offenes Gespräch mit ausreichend Zeit darüber führen, wie ihr euch beide die Zukunft vorstellt und welche Schritte ihr aufeinander zugehen könnt. Dabei könntet ihr auch Zwischenlösungen besprechen:  Gibt es einen Mittelweg geografisch?  Könnte ein schrittweiser Übergang helfen (z.B. zunächst mehr Zeit am anderen Ort verbringen)?  Wie könnte Unterstützung für deine Partnerin an deinem Wohnort konkret aussehen (ihr Bruder, professionelle Kinderbetreuung, Aufbau neuer Kontakte)?  Wie könnten die Kinder in einen möglichen Umzug aktiv einbezogen werden?  Leider können wir deine Fragen, ob ein Umzug auf Kosten der Kinder oder der Beziehung geht, nicht pauschal beantworten. Kurzfristig kann ein Wohnortswechsel dazu führen, dass deine Kinder trauern und ihr altes Zuhause vermissen. Langfristig ist es jedoch eher unwahrscheinlich, dass ein Umzug allein eine große negative Auswirkung auf ihre Entwicklung hat - vorausgesetzt, sie werden gut begleitet und fühlen sich in der neuen Umgebung sicher und geliebt. Ein Wohnortwechsel kann sogar bedeuten, dass die Anpassungsfähigkeit, Problemlösungskompetenz und Resilienz der Kinder gefördert werden.   Am besten besprichst du die Situation mit Fachpersonal vor Ort wie einer Erziehungs- und Familienberatungsstelle oder einer psychologischen Fachkraft. Vielleicht wäre auch eine Paarberatung hilfreich, um gemeinsam Lösungen zu finden, mit denen alle leben können. Du kannst eine Paarberatung auch unter dem obenstehenden Link oder durch eine Internetsuche finden.   Wir wünschen euch für die kommenden Gespräche viel Kraft und immer den Mut zum Perspektivwechsel.   Herzliche Grüße  Leonie und Xenia  


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