Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Xenia Bukowsky:

Nähe und Sex in langer Ehe erhalten

Xenia Bukowsky

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Mediatorin/Konfliktberaterin

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Frage: Nähe und Sex in langer Ehe erhalten

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Hallo liebe Expertinnen 😊 Im Prinzip handelt es sich nicht um ein Problem. Eher darum zu verhindern, dass etwas zu einem Problem wird. Ich bin seit knapp 16 Jahren mit meinem Partner zusammen, knapp 14 davon verheiratet. Wir haben 3 Kinder, zwei Vollzeitjobs, Haus, Hund, ein gemeinsames Leben, viel Verlässlichkeit – aber wie so oft in langen Beziehungen ist das Thema Nähe, insbesondere körperliche, mit der Zeit ziemlich in den Hintergrund geraten. Es gab sie noch, aber selten (vielleicht so 2-4 Mal pro Monat) und eher routiniert. Mein Mann war immer über die Quantität am Meckern, ich war mit der Qualität nicht wirklich glücklich und hab mich in müde/ keine Lust geflüchtet. Seit einigen Wochen hat sich das verändert – mir ist aufgegangen, dass wir uns nicht nur körperlich sondern auch emotional voneinander entfernen und ich nahm an, dass uns das spätestens um die Ohren fliegt, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Nur "wir funktionieren als Eltern und als Team" reicht auf lange Sicht glaub ich nicht. Also habe ich beschlossen, was zu ändern. Ich will Berührung, Nähe, echtes Miteinander. Ich will Neugierde, Abenteuerlust und gemeinsames Entdecken - ohne das lässt sich so eine Ehe glaub ich nicht halten. Nun sind wir beides Typen, die hauptsächlich Mauern und nicht wirklich über Gefühle sprechen. Das ist so ein Schutzding von uns. Wir haben das nie gelernt. Insbesondere meine Konfliktstrategie ist/ war immer: Rückzug,  Schweigen und Grübeln, Konsequenzen ziehen. Er ist da ähnlich. Dementsprechend war das unfassbar schwer für mich, da das Gespräch zu suchen und durchzuziehen. Aber ohne geht's ja nicht. Ich glaube, das Anfangsgespräch war für uns beide total unangenehm und krampfig, hat aber schon was bewegt.   Seitdem passiert etwas zwischen uns. Wir sind körperlich wieder näher, der Kontakt wird selbstverständlicher, wir sprechen anders miteinander. Das ist schön – und auch ein bisschen fragil. Also jetzt haben wir gerade einen total schönen Schwung, schlafen spätestens alle 2 Tage miteinander (und das nicht aus Pflichtgefühl 🥳) und auch im Alltag sind Berührungen sehr viel häufiger. Diesen Schwung will ich unbedingt erhalten. Vielleicht nicht die Frequenz, aber die Lust und die gegenseitige Achtsamkeit auf jeden Fall.   Ich habe im Gespräch gemerkt, dass ich gar nicht wirklich weiß, worauf er steht, was er mag. Und umgekehrt genauso. Traurig nach so einer Zeit, aber es kann ja nur besser werden. Er weiß selbst nicht was er mag, hat nie was anderes ausprobiert als die Standardnummer.   Mein Mann ist eher schamhaft, nicht besonders experimentierfreudig. Vieles ist ihm neu oder ungewohnt. Ich merke, dass ich im Moment die treibende Kraft bin, was okay ist – wir haben Zeit.   Ich möchte diesen Schwung nicht verlieren. Gleichzeitig will ich achtsam bleiben, ihn nicht überrollen. Dieses Offen sein ist schwierig für uns beide. Es schwingt immer Scham mit, es schwingt immer eine latente Angst mit - weshalb wir vermutlich immer mehr oder weniger zufrieden bei unserer Standardnummer geblieben sind. Ich hätte wahnsinnig gern ein wöchentliches Ritual. Keine Ahnung, vielleicht mit Gesprächsimpulsen oder kleinen Sex- Challenges. Es soll sich aber nicht nach Arbeit oder Pflicht anfühlen, nicht komisch und peinlich sein, sondern Spaß machen - auch wenn wir uns anfangs vielleicht überwinden müssen.   Ich habe jetzt schon einen recht expliziten Brief fertig gemacht, den er bekommt, wenn ich Anfang August beruflich weg bin, würde gern regelmäßig anteasernde Nachrichten einführen usw. Das alles aber eben nicht auf einmal. Ich hab Angst zu Brechstangenmäßig unterwegs zu sein, ihn bzw uns zu überfordern. Es ist ja eine gemeinsame Reise.... Langsam und Schritt für Schritt.  Wie können wir diese Reise denn in "Wohlbefinden" gestalten? Wie dosiert man "Neues" richtig?  Idealerweise so, dass er irgendwann auch mit Ideen und Vorschlägen um die Ecke kommt?  Ich bin wahnsinnig unsicher - allein das zuzugeben ist schon schwer 😅 Sonnige Grüße


Xenia Bukowsky

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Hallo Du,   Vielen Dank für deine Frage! Es ist ein wichtiger Schritt, den du da gemacht hast - dieses erste Gespräch zu führen, obwohl ihr beide eher zu den "Mauerbauern" gehört. Das war sicher nicht leicht und dein Mut ist bewundernswert.   Wir können gut verstehen, dass du dir nach einer so langen Zeit Veränderung und Eigeninitiative von deinem Partner wünschst. In heterosexuellen Beziehungen übernehmen Frauen oft den Großteil der Beziehungsarbeit. Dazu gehört alles, was die Beziehung aktiv gestaltet – das Ansprechen von Problemen, das Planen von Freizeit und Urlauben und häufig auch das Sozialleben. Ein weiteres wichtiges Thema ist Sexualität. Es ist gut, dass du erkennst, was eure Beziehung braucht und entsprechend handelst. Dennoch sollte dein Partner genauso Verantwortung für eure Beziehung übernehmen! Schließlich seid ihr beide ein Teil der Beziehung.  Was wir aus deinen Worten hören, ist ein wirklich tolles Fundament: 16 Jahre zusammen, drei Kinder, viel gemeinsam erlebt und durchgestanden. Die Wertschätzung, die du für euer gemeinsames Leben ausdrückst, ist spürbar. Das ist ein großer Schatz, auf den ihr aufbauen könnt.  Deine Ideen sind fantastisch - der Brief, die Rituale, die kleinen Challenges. Du denkst bereits sehr durchdacht und gehst achtsam an die Sache heran. Das zeigt, wie sehr dir euer Miteinander am Herzen liegt.  Ein wichtiger Punkt: Was du über die "Standardnummer" schreibst, ist so häufig. Unsere Gesellschaft fokussiert Sexualität oft sehr auf Männer und Penetration, was auch in den meisten Pornos so unterstützt wird. Es ist nachgewiesen, dass Frauen in heterosexuellen Beziehungen deutlich seltener zum Orgasmus kommen als Männer. Das wird auch “Orgasm Gap” genannt. Die Gründe dafür liegen beispielsweise in Unwissen oder Mythen über weibliche Sexualität, aber auch in Genderrollen und Kommunikation. Frauen fühlen sich häufig weniger frei, ihre Wünsche, Bedürfnisse und Vorlieben zu äußern und einzufordern. Es gibt so viel mehr zu entdecken, was eure Sexualität bereichern kann und deine Bedürfnisse befriedigt. Dass ihr beide noch nicht richtig wisst, was euch gefällt, ist kein Versäumnis, sondern eine Chance. Sexualität ist fluide und verändert sich über das ganze Leben. Ihr könnt gemeinsam lernen und experimentieren. Weibliche Sexualität ist für viele noch ein Tabu-Thema und es gibt weniger Wissen oder Erkenntnisse dazu. Vielleicht hat dein Mann Lust, sich mal mit dem Thema etwas zu beschäftigen und dazu eigenständig zu recherchieren. So kommen ihm eventuell auch Ideen, was Spaß bringen kann und was er gerne ausprobieren möchte. Vielleicht hilft es euch, euch auf einer Plattform wie https://getcheex.com/de/ mal umzuschauen. Dort gibt es beispielsweise Pornos mit anderem Fokus als Penetration aber auch Workshops und Tutorials, wenn ihr was Neues ausprobieren wollt.   Manche Paare, die stark durch die Familie eingebunden sind, haben regelmäßige Date Nights vereinbart: Eine Zeit, die nur für euch ist, beispielsweise jeden (zweiten) Donnerstag oder ähnliches. Ihr könnt auch abwechselnd die Verantwortung für die Abendgestaltung übernehmen.   Auch für deinen Mann kann es gut sein, sich mit seiner Sexualität und Rolle auseinanderzusetzen. Vielleicht kann er eigene Wünsche und Fantasien erkunden - das würde euch beiden zugutekommen. Wichtig ist nur, dass unsere Grenzen und Zugänge zur eigenen Sexualität sehr unterschiedlich sind. Manchen fällt es schwerer, offen zu sprechen. Schafft einen Raum, in welchem ihr euch beide wohl und sicher fühlt. In manchen Fällen kann es auch hilfreich sein, für schambesetzte Themen ein paar Stunden Paartherapie in Anspruch zu nehmen. Dort könnt ihr gemeinsam herausfinden, wie ihr euch dem Thema gut annähern könnt.   Für eure gemeinsame Reise: Vertraue auf das Tempo, das sich für euch beide richtig anfühlt. Du spürst schon instinktiv, dass langsam und schrittweise der Weg ist. Bleibt in der Kommunikation, auch wenn es anfangs holprig ist. Mit der Zeit wird auch er sich vielleicht sicherer fühlen und mit eigenen Ideen kommen.  Die Zeit ohne Kinder im Haus ist bestimmt eine große Umstellung. Genau wie die Zeit der Familiengründung viele Herausforderungen birgt, kann auch ein leeres Haus eine neue und aufregende Zeit für eure Beziehung darstellen. Es gibt aber auch sehr viel Schönes, was euch bevorsteht. Du machst das großartig!   Es ist gut, dass du auf deine Bedürfnisse achtest! Du kannst richtig stolz auf dich sein!  Alles Gute auf eurem Weg wünschen euch  Leonie und Xenia   


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