Ceres1
Guten Tag Frau Traub, mein Mann und ich sind seit 7 Jahren zusammen und seit 3 Jahren verheiratet. Unsere älteste Tochter ist 3 und ich bin gerade im 8 Monat schwanger. Derzeit habe ich eine Beziehungskrise. Ich empfinde meinen Ehemann als schlapp, müde und faul. Heute zum Beispiel hat er bis 11 Uhr geschlafen, war dann mit der Kleinen bei Oma ind mittags auf nem Spielplatz, kam um 16 Uhr nach Hause, ist direkt wieder auf dem Sofa eingeschlafen. Und so geht das jedes Wochenende. Und dass er mal was mit ihr allein macht war ne Ausnahme. Er ist auch müde, wenn er daheim ist. Er ist immer müde und das macht mich echt agressiv, weil ich das Gefühl habe, dass die ganze Arbeit im Haushalt und eigentlich auch die Care Arbeit rund um die Tochter nur an mir hängen bleiben. Ich bin schwanger. Ich bin auch müde. Ich kann aber nicht einfach so aufs Sofa liegen und schlafen, weil sich dann keiner zum Beispiel ums Essen kümmert usw. Ich kann auch nie ausschlafen. Es ist selbstverständlich dass ich die Kleine für die Kita richte. Ok, ich arbeite gerade nicht. Aber warum darf dann ich nicht auch mal liegen bleiben. Außerdem bekomme ich bald noch ein Baby und werd dann weniger schlafen und brauche Hilfe. Es fällt mir derzeit extrem schwer, meinen Mann so zu akzeptieren wie er ist. Wenn er am Tisch sitzt und ihm die Augen zu fallen werde ich agressiv. Es nervt mich. Diese Attitüde. Auch das auf dem Sofa einfach im Spiel einschlafen. Er spielte heute mit ihr Doctor und ist dabei einfach eingeschlafen. Was soll das Kind denn denken? Warum kann er sich nicht zusammenreißen. Er war auch schon beim Arzt, aber vom Blutbild her is alles ok. Und Arbeit ist bei weitem nicht mehr so stressig wie es mal war, seit er befördert wurde. Da reden nichts bringt, versuche ich ihn grad so zu nehmen wie er ist. Aber es fällt mir sooooo schwer. Wie schaffe ich es, dass er mich mit dieser Art nicht mehr so extrem nervt. Liebe Grüße
Hallo Ceres, vielen Dank für deine Frage und Offenheit. Es klingt nach einer Situation, in der du viel allein machst und auch aushalten musst. Dass du deine Gefühle von Frustration und Wut ansprichst, ist ein wichtiger und mutiger Schritt. Wir können gut nachvollziehen, dass dich die Müdigkeit deines Mannes auch manchmal aggressiv macht. Konflikte werden nicht immer aktiv ausgetragen, sondern eben auch manchmal darüber, sich nicht zu verhalten und sich zurückzuziehen. Das kann auch berechtigterweise zu Wut führen, denn das bedeutet ja, dass dir die Verantwortung dafür zugeschoben wird, mit der Situation aktiv umzugehen. Für alles, was dein Mann nicht macht, springst du im Moment ein. Ihr habt zusammen ein Kind bekommen und seid beide dafür verantwortlich. Du hast beschrieben, dass dein Mann einen sehr stressigen Job hatte. Es kann sein, dass es sich bei seiner Müdigkeit um Nachwirkungen des Stresses handelt. Das bedeutet, dass dein Mann eventuell auch psychologische Hilfe braucht. Wenn sich diese Müdigkeit über einen längeren Zeitraum zieht, wäre es gut, wenn er seine Symptome abklären lässt. Dies ist besonders in eurer Situation wichtig. Du bist schwanger und ihr bekommt bald ein zweites Kind. Du brauchst Unterstützung und auch Ruhe. Dein Mann muss sich darum kümmern, wie er wieder aktiv am Familienleben teilnehmen kann und den Haushalt und die Erziehungsarbeit mitübernehmen kann. Sein Verhalten ist seine Verantwortung und dein Frust und resultierende Aggressionen sind verständlich. Denkst du, dass deine Gefühle wie Frustration und Aggression verschwinden könnten, wenn dein Mann mehr Verantwortung übernimmt oder sich in Behandlung begibt? Hast du dich in der ersten Schwangerschaft mehr unterstützt gefühlt? Es ist vollkommen ok, dass du dir wünschst auch mal auszuschlafen. Ihr habt beide das gleiche Recht auf Zeit für Erholung. In vielen Partnerschaften zeigt sich noch immer ein traditionelles Muster: Männer überlassen die Verantwortung für Kindererziehung und Haushalt überwiegend ihren Partnerinnen. Diese Arbeitsteilung wurzelt in überholten Geschlechterrollen, die eine strikte Trennung zwischen bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Hausarbeit (Sorgearbeit) vorsahen. Diese wichtige Sorgearbeit bleibt häufig unsichtbar, da sie nicht finanziell vergütet wird. Es besteht weiterhin die Idee, dass der Person, die Lohnarbeit macht, auch mehr Zeit für Entspannung zusteht. Haushalt und Erziehung ist aber genau so wichtige Arbeit, die ebenfalls Ruhephasen und Erholung braucht. Eine gleichberechtigte Partnerschaft erfordert, dass beide Beziehungspersonen Verantwortung für Haushalt und Fürsorge übernehmen. Falls du deinem Mann gegenüber sichtbar machen willst, wieviel du gerade übernimmst, könnte es auch hilfreich sein, die "Who cares?"-App (https://whocares-app.de/) zu nutzen. Sie ist ein hilfreiches Werkzeug, um Ressourcen sichtbar zu machen, die von dir in Tätigkeiten zuhause investiert werden. Das kann dabei helfen ins Gespräch darüber zu kommen, was du von deinem Mann in der nächsten Zeit brauchst. Wut ist nicht immer negativ. Sie kann dabei helfen, andere Personen zu konfrontieren, Ungerechtigkeiten zu benennen und eigene Bedürfnisse zu vertreten. Vielleicht kann sie dir auch dabei helfen, in deiner Situation zu mehr Unterstützung zu kommen. Wir wünschen dir viel Kraft für die nächste aufregende Zeit. Liebe Grüße Xenia und Leonie