Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Xenia Bukowsky:

Chaos

Xenia Bukowsky

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Mediatorin/Konfliktberaterin

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Frage: Chaos

Biancamaus1996

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Hallo liebe Frau Bukowsky, Puh ich weiß garnicht wie ich anfangen soll… 2022 bin ich Mutter einer wunderbaren Tochter geworden, damals sind wir in einen neuen Ort gezogen (30min von unserem eigentlich Wohnort weg) alles war perfekt als die kleine Maus da war, doch mit der Zeit ist mir auf gefallen das der Ort mich einfach unglücklich macht, keine Freunde, Familie ist auch weiter weg und da wo wir lebten war einfach nichts…. Dazu hatte ich auch noch eine Wochenbett Depression… Ich habe mich schnell meinem Mann geöffnet, der zeigte viel Verständnis, bat mich aber das wir erstmal noch dorten wohnen bleiben… 2024 fing schon total blöd an, wir bekamen uns plötzlich ständig in die Haare und dann starb auch noch sein Vater unerwartet… als ich nach 3 Monaten nochmal versuchte mit ihm zu reden wegen dem Umzug blockte er ab, verständlich für ihn aber nicht für mich, mir ging es einfach immer schlecht da dorten und schlussendlich entschieden wir uns erstmal räumlich zu trennen.. ein fataler Fehler wie sich herausstellte… die kleine war sowieso schon total hin und her gerissen und hatte alles mitbekommen als mein Mann plötzlich in eine 1 Zimmer Wohnung umzog und ich immer noch nichts hatte… durch eine Bekannte kam ich dann an eine Wohnung sogar in der Nähe von meiner Mutter und meinen Geschwistern.. Ich sagte direkt zu, allerdings erwartete mich nichts schönes denn das Haus ist sehr alt und soll 2026 abgerissen werden… Ich habe es uns dennoch erstmal schön gemacht dorten, sie wird hier auch zur Kita gehen, mein mann und ich nähern uns gerade wieder an und jeder sieht seinen Fehler ein, wir machen nebenbei noch eine Paar Therapie und er ist viel bei uns, dennoch möchte ich hier keinesfalls bleiben.. der Ort passt super zumal ich hier selber aufgewachsen bin, aber ich fühle mich in diesem Haus absolut nicht wohl und der Gedanke das es sowieso bald abgerissen wird macht es nicht bessert und stresst mich sehr.. ich habe Angst das ich die kleine wieder aus ihrem gewohnten Umfeld reißen muss und sie wieder alles mit bekommen wird, sie war nach dem Umzug total verändert, hat angefangen zu hauen und zu beißen und mittlerweile geht sie wieder auf… haben sie Tipps wie ich vorgehen kann? Ich fühle mich wie eine schlechte Mutter die einen Fehler nach dem anderen macht, manchmal wünschte ich mein Mann und ich wären in der Wohnung geblieben und ich hätte einfach gewartet bis er bereit gewesen wäre, aber es ging mir schon so lange schlecht dorten…  danke schonmal für Ihre Zeit und Rat.. LG Jo


Xenia Bukowsky

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Hallo Jo,  vielen Dank für deine Nachricht. Es ist sehr verständlich, dass du dich als Mutter manchmal überfordert fühlst. Eltern zu werden ist anstrengend und mit vielen neuen Aufgaben und Anforderungen verbunden. Dazu werden von der Gesellschaft und oftmals auch in der Beziehung selbst hohe Ansprüche an Mütter und die zu erfüllende Mutterrolle gestellt. Es besteht zum Beispiel noch immer die Vorstellung, dass leibliche Mütter von Natur aus stärker mit dem Kind verbunden seien als Väter und intuitiv wissen würden, was das Kind braucht. Damit werden Mütter in die Rolle geschoben, ein besonderes Verhältnis zum Kind zu haben und die Sorge- und Erziehungsarbeit vorwiegend übernehmen zu sollen.   Mütter sollen fürsorglich und aufopferungsvoll sein und ihre eigenen Bedürfnisse für Kinder zurückstecken. Dabei sollen sie ihren Alltag perfekt organisieren und für das Kind optimale Bedingungen wie pädagogisch wertvolles Spielzeig oder gesunde Ernährung bereitstellen. Zusätzlich können diese Erwartungen einen starken Druck aufbauen. Denn diese Erwartungen sind kaum zu erfüllen und überfordern fast alle Mütter. Hinzu kommt der gesellschaftliche Mythos, dass die Mutter die Familie zusammenhalten muss, und sich nicht trennen darf.   Du hast beschrieben, dass du dich in dem gemeinsamen Haus isoliert und schlecht gefühlt hast und auch Symptome einer Wochenbettdepression hattest. Für Mütter, die eine Wochenbettdepression hatten, ist das Risiko, zu einem späteren Zeitpunkt nochmals depressive Symptome zu entwickeln deutlich höher. Fühlst du dich wieder so ähnlich, wie in der damaligen Situation? Depressionen äußern sich häufig in Form von Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Schuldgefühlen, Ängste, Zwangsgedanken oder einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Personen, die unter depressiven Symptomen leiden, schreiben sich in vielen Fällen Unfähigkeit zu und beziehen schwierige Situationen auf sich. Sie haben auch manchmal das Gefühl, nichts an der Situation ändern zu können und fühlen sich schuldig für Situationen, für die sie häufig nichts können. Sich wie eine schlechte Mutter zu fühlen und zu denken, man begehe einen Fehler nach dem anderen, könnte auch aus einem depressiven Grundgefühl heraus entstehen. Wenn du dich in der Beschreibung wiederfindest, könntest du dir mal die Seite der Deutschen Depressionshilfe anschauen. Dort sind unter anderem Infos zu bundesweiten Anlaufstellen und Selbsthilfegruppen gesammelt. Und es gibt auch ein Info-Telefon mit täglichen Sprechzeiten: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe   Eine Möglichkeit kann auch sein, sich eure Situation nochmal genau anzuschauen und einen sogenannten “Realitätscheck” zu machen. Kann man eure Situation auch anders deuten, als dass du einen “fatalen Fehler” begangen hast, indem du mit dem Kind an einen anderen Ort gezogen bist? Vielleicht kannst du dich noch an deine Beweggründe für diese Entscheidung erinnern, wie es dir in der Situation damals ging und wie lange du eine Situation ausgehalten hast, mit der es dir nicht gut geht. Du hast deinen Wunsch nach einem Umzug klar formuliert und wurdest mit Hoffnung auf eine Besserung vertröstet und dann nicht ernstgenommen. In einer Familie müssen alle Personen aufeinander achten und sich unterstützen. Auch du als junge Mama hast Grenzen und Bedürfnisse. Vertrauenspersonen im sozialen Nahfeld zu haben, kann eine große emotionale Entlastung und eine wichtige Ressource sein. Dein Wunsch nach Austausch, Freundschaft und Nähe ist daher sehr nachvollziehbar. Aus der Beschreibung ist herauszulesen, dass du viel Verantwortung für das Wohl deines Kindes übernimmst und deine eigenen Bedürfnisse für eine sehr lange Zeit hintenangestellt hast. Wenn wir uns in einer Dynamik aus Streit und schwieriger Kommunikation befinden, ist es manchmal sehr hilfreich eine Pause einzulegen, um neue Kräfte zu gewinnen und den Kreislauf zu durchbrechen. Wenn Kinder häufig miterleben, dass Eltern sich heftig streiten, kann es sich auch auf die Kinder auswirken. Aus dieser Perspektive könnte der Umzug auch anders bewertet werden und als Entlastung für das Kind angesehen werden.   Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf Veränderungen und Umbrüche. Hauen und Beißen gehören oft dazu, weil die Kommunikationsfähigkeit noch nicht ausgereift ist, um es zu Verbalisieren. So geht es auch einigen Kindern, die eine Lebensphase anbrechen wie z.B. die Kitaeingewöhnung. Wenn du dir aber große Sorgen um die Gesundheit und Entwicklung deines Kindes machst, wende dich am besten an eine*n Kindertherapeut*in. Vielleicht kannst du dazu auch mit Mitarbeitenden in der Kita sprechen, wenn eure Tochter dort aufgenommen wird.   Es ist sehr erfreulich, dass ihr euch wieder annähert und auch eine Paartherapie aufsucht. Die Annäherung ist ein Prozess, der Zeit benötigt. Ihr seid den ersten Schritt gemeinsam gegangen und das ist doch eine gute Voraussetzung. Vielleicht hast du durch deinen Umzug den ersten Schritt in diese Richtung eingeleitet.   Du scheinst eine Mama zu sein, die mit sehr viel Hingabe für das Kind lebt und viel Verantwortung übernimmt, auch für die Partnerschaft. Anzuerkennen, dass es dir in der Situation nicht gut geht, du nach Lösungsansätzen und Veränderungen suchst, ist eine großartige Stärke. Wir hoffen sehr, dass ihr wieder zusammenfindet, Verantwortungen zukünftig mehr aufteilt, dein Partner deine Bedürfnisse ernst nimmt und ihr einen schönen Wohnort für eure kleine Familie findet.   Auf deinem Weg alles Gute und passe gut auf dich auf!   Liebe Grüße  Leonie und Xenia 


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