Frage im Expertenforum Hebamme an M. Sc. Martina Höfel:

Ab *wann* kann man ein Kind verwöhnen?

M. Sc. Martina Höfel

M. Sc. Martina Höfel
Master of Science in Midwifery, Hebamme im DHV - Deutscher HebammenVerband e.V.

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Frage: Ab *wann* kann man ein Kind verwöhnen?

Allerlei

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Hallo Frau Höfel, nachdem Sie mir letztes Mal so wunderbar geholfen haben, habe ich nun nochmals eine zweite Frage. Dass man Neugeborene grundsätzlich nicht verwöhnen kann, ist mir bewusst. Ab wann beginnt denn die Phase, in der man sie verwöhnt? Hanna schläft nachts im Beistellbettchen direkt neben mir, nach Bedarf auch bei mir. Sie wird in den Schlaf gestillt und kann tagsüber nur so, oder mit Geschuckel in ihrer Babywippe einschlafen, nur nachts kann sie von allein wieder einschlafen. Sie wird alle 2 Stunden gestillt, tagsüber und nachts, nur selten verlangt sie mal in der ersten Schlafphase für 4 Stunden keine Nahrung. Wie lange darf ich sie noch in den Schlaf stillen - lernt sie dennoch irgendwann, allein einzuschlafen? (Was mache ich, wenn ich die Mittagsbreimahlzeit ersetzen möchte - wie lernt sie dann, ohne stillen einzuschlafen?) Sie beschäftigt sich mit ihren etwas über 5 Monaten auch noch nicht lange im Laufstall oder auf dem Boden - ist das Spielzeug weg, angelt sie nicht danach. Muss ich sie auch mal "schimpfen" lassen, damit sie es sich selbst holt, weil ich es ihr nicht anbiete und zB das Drehen lernt? (Wohlbemerkt schimpfen, nicht weinen) Bisher fängt sie dann recht schnell an zu weinen und ich gebe ihr etwas neues zum Spielen. Viele Grüße Allerlei


Martina Höfel

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Liebe Allerlei, da ist es, dieses "Verwöhnen"! Dieses Wort, welches viele Eltern in Bedrängnis bringt. Dieses Wort, was leider in unserem Sprachgebrauch so negativ besetzt ist und von Außenstehenden gerne als Abwertung benutzt wird, wenn sie etwas nicht gut heißen! Dabei ist verwöhnen was Tolles! Fragen Sie doch mal andere Leute, ob sie gerne verwöhnt werden! Ein paar Beispiele (ohne Ansehen der Person): Mag Ihr Freund es, wenn man ihn verwöhnt? Ein paar Schnittchen für die Kumpels und ihn beim Fernseh-Fußball-Abend? Abends eine warme Mahlzeit? Rücken eincremen nach dem Baden? Das Bier holen, obwohl er selber gehen kann? Kuscheln vorm Fernseher? DAS ist Verwöhnen! Mag Ihre (Schwieger)mutter es, wenn Sie Ihr aufmerksam zuhören? Wenn Sie Ihr zum Kaffee den Tisch nett richten? Mal eine kleine Aufmerksamkeit und sei es nur das Bemerken der neuen Frisur? DAS ist verwöhnen! Mag Ihre Nachbarin es, wenn Sie die Tageszeitung von unten mit hochbringen etc....... usw.! Fragen Sie mal Ihren Freund, wie es ihm gehen würde, wenn er von der Arbeit käme (nachdem er sich über die Kollegen geärgert hat und der Tag sowieso mies war) und Sie würden ihm einen großen Stopfen in den Mund schieben und ihn hin und her wiegen und ihm sagen: Schscht, ist alles gut! Schlaf ein bisschen......... oder geh nach nebenan und brüll da vor Dich hin! *grins* Oder wenn Ihre (Schwieger)mutter das Neueste erzählen will und Sie hören gar nicht hin, sondern telefonieren mit der Freundin! Zu unterscheiden ist verwöhnen (besonders umsorgt werden; jeden Wunsch von den Augen abgelesen zu bekommen; einfach das Gefühl, etwas Besonderes zu sein) von verziehen (maßlosen Wünschen nachgeben; unsinnige Dinge erlauben; inkonsequent sein etc.). Aber davon sind Sie im Moment weit entfernt. Zum Mittagsbrei: BEIkost heißt so, weil Sie mit ein paar Löffelchen startet, dann mehr wird - aber dazu trotzdem gestillt wird. Würde das Stillen dabei abgesetzt, müßte es ANSTATTkost heißen. Also weiterhin Einschlafstillen. Ja, Sie darf auch mal motzen. Z.B., wenn Sie gerade die heiße Marmelade in Gläser füllen oder Ihr Brot zuende essen oder sich nach dem Duschen noch abtrocknen müssen. Nicht als Erziehungsmaßnahme. Ansonsten stillen, kümmern und tragen. Ein gut gebundenes Kind wird im Leben immer sicher sein. Aber um dieses "gut-gebunden-sein" zu erreichen bedarf es Jahre! Jahre, in denen dem Kind immer wieder signalisiert wird: ja, ich bin da! Ja, hier bist Du sicher! Ja, komm her, egal, was Du hast! Dann kann ein Kind sich der Welt zuwenden. Was wir immer vergessen: unsere Kinder sind noch nicht fertig, wenn sie geboren werden. Unsere Schwangerschaft ist zu kurz! Wir müßten ca. 2 Jahre schwanger sein, damit unsere Kinder sich alleine ernähren könnten (also Essen greifen und essen), kurz nach der Geburt aufstehen und loslaufen könnten (Gefahr entrinnen) und in kürzester Zeit kommunizieren könnten. Liebe Grüße Martina Höfel


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