Dora_
Liebe Frau Henkes, zuerst einmal vielen herzlichen Dank für Ihre einfühlsame Arbeit hier im Forum! Unsere Tochter ist 5,5 Jahre alt, ein wunderbares Kind, kognitiv weit entwickelt (kann z.B. lesen, zählt im dreistelligen Bereich, große Merkfähigkeit, sehr gute Beobachtungsgabe), motorisch vorsichtig (z.B. fahrradfahren erst vor ein paar Monaten gelernt), plappert den ganzen Tag und erzählt Geschichten, liebt Tiere. Anfangs spielte sie im Kiga v.a. allein, mittlerweile hat sie Freundinnen. Bei neuen Leuten fällt es ihr aber immernoch leichter, Erwachsene anzusprechen als Kinder. Sie ist perfektionistisch, wollte z.B. lange nicht malen, weil sie das Ergebnis nicht schön genug fand. Ist gerne in der Natur unterwegs. Obwohl sie oft sehr genaue Vorstellungen hat, wie etwas ablaufen soll, und durchaus versucht, über uns Eltern zu bestimmen, scheint sie an Autonomie wenig Interesse zu haben, hat z.B. erst mit 4,5 die Windel abgelegt und würde sich am liebsten auch jetzt noch von uns füttern lassen. Und nun der Grund, weshalb ich schreibe: Sie trödelt ohne Ende. Jeder Termin wird zur Kraftprobe, jeden Morgen ist es ein Kampf, rechtzeitig fertig zu werden. Immer wenn wir los sollen, "muss" sie ganz dringend noch dieses und jenes tun. Mir ist klar, dass es für ein Kind schwer ist, sein Spiel zu unterbrechen, daher warne ich schon immer vor ("in 10 Minuten müssen wir los" usw.), aber selbst wenn sie eine Sache beendet hat und ich ihre Hand schon nehme und in Richtung Haustür mit ihr gehe, greift sie sich auf dem Weg wie zwanghaft etwas anderes, für das gerade keine Zeit ist. Es ist auch egal, zu was wir aufbrechen wollen: auch wenn es sich um einen langersehnten Ausflug handelt oder einen Besuch, auf den sie sich schon wochenlang freut, ist sie in der Situation nicht dazu zu bewegen, etwas schneller zu machen. Da werden die Schuhe noch dreimal wieder ausgezogen, weil irgendwas nicht wie gewünscht sitzt, die Socken dann gleich auch noch, um die Fussel zwischen den Zehen wegzupulen (obwohl das vorher, als noch jede Menge Zeit gewesen wäre, nicht gestört hat). Oder sie sagt, sie hat Hunger, aber sobald sie vor dem gefüllten Teller am Tisch sitzt, ist das wie weggeblasen und sie redet mind. 10 Minuten vor dem ersten Bissen. Ich könnte x Beispiele mehr nennen. Wenn ich selbst einen schlechten Tag habe und dann laut werde und schimpfe (nach der fünften halbwegs ruhigen Ermahnung) oder sage, okay, wir gehen gar nicht mehr, da wir nicht pünktlich ankommen werden (ich sehe nicht ein, zu einem 45-minütigen Tanzkurs mit 15 Minuten Verspätung zu kommen, wenn es keinen "äußeren" Grund für die Verspätung gibt), fängt sie an, bitterlich zu weinen. Sagt, sie hätte "es jetzt verstanden" und werde jetzt schneller sein. Aber es läuft immer gleich ab. An guten Tagen ertrage ich es irgendwie und habe genug Puffer eingeplant, es regt mich aber, ehrlich gesagt, trotzdem auf. Mein Problem ist, dass ich so unsicher bin, wie ich das alles einordnen soll. Ist das ein Machtkampf, den sie mit uns führt? Weil sie selbst bestimmen will, wann was passiert? Oder kann sie wirklich nicht anders? Müsste ich verständnisvoller sein und sie viel öfter einfach im Schneckentempo machen lassen, Druck rausnehmen? Ich weiß, ich sollte generell versuchen, ruhig zu bleiben und gleichzeitig konsequent zu sein. Genug Puffer einplanen. Doch es macht mich wahnsinnig. Ich bin eigentlich selbst eine Trödlerin und wahrscheinlich fällt es mir gerade deswegen so schwer, damit gut umzugehen. Mal habe ich Verständnis und sie tut mir leid und ich denke mir, unsere Welt ist so temporeich und warum muss mein Kind schon mit 5 ständig Terminstress haben. Und dann wiederum kommt es mir so zwanghaft vor, dass sie eben nicht nur zu Ende spielen will, sondern noch die nächste und die übernächste Sache anfängt und einfach nicht versteht, dass wir JETZT losmüssen. Ich mache mir schon Sorgen, ob sie später im Leben dadurch Probleme bekommen wird. Dann habe ich wiederum ganz stark das Gefühl, dass sie diese Dinge nicht nur tut, obwohl wir es eilig haben, sondern WEIL wir es eilig haben. Als ob sie gegen mich kämpft damit. Sie trödelt allerdings wirklich immer, also auch, wenn sie mit ihrem Papa oder der Oma oder Patentante unterwegs ist. Auch vom Kindergarten haben wir erfahren, dass sie z.B. von allen Kindern in der Gruppe am längsten braucht, um sich fürs draußen Spielen anzuziehen, oder auch beim Essen. Ständig ist sie empört, dass eine Aktivität "schon vorbei" ist, ob es nun eine oder sechs Stunden gedauert hat. Oder z.B. nach Ostern, da war sie richtig lange geknickt, weil alles zu schnell vorbeigegangen sei. Urlaube sowieso. Neulich fragte sie, wieso man sich sechs Wochen auf den Urlaub freut und dann dauert er nur 10 Tage. Ich finde, sie denkt für ihr Alter schon sehr viel über Zeit nach, auch lange Zeiträume. Darf ich da nicht von ihr erwarten, dass sie sowas wie "in drei Minuten fahren wir" begreift? Haben Sie einen Rat, wie ich mit ihrem Trödeln besser umgehen kann? Kann ich meiner Tochter irgendwie helfen oder bin ich selbst das Problem? Ganz herzlichen Dank!
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