Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Starke Antipathie

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

zur Vita

Frage: Starke Antipathie

Muani

Hallo Frau Henkes, mein Sohn, 23 Monate, hat seit ca. 2 Monaten eine starke Abneigung gegen die Oma. Sie ist zwar sehr fürsorglich aber sehr laut und rabiat. Schimpft zum Beispiel mit Papa aus Spaß um sich interessant zu machen oder umarmt mich um ihn eifersüchtig zu machen. Aber das sind alles so kurze Momente, die meiste Zeit ist sie sehr bemüht, ihn zu beschäftigen. Mein Sohn lehnt jetzt alles ab von ihr. Sagt ihr schon bei der Begrüßung an der Tür, dass sie gehen soll. Er Ist sehr schlecht gelaunt, versucht sie manchmal zu schlagen und zu schubsen und wenn sie geht ist er froh. Ich versuche ihm danach liebevoll zu erklären, wie nett Oma ist und das sie Papas Mama ist, aber es bringt nichts. Er sagt, sie schlägt ihn und sie ist böse (was definitiv nicht sein kann, ich bin immer dabei). Meine Schwiegermutter sagt zwar, es mache ihr nichts aus, aber ich merke sie ist inzwischen auch sehr abgekühlt. Wie geh ich da am besten vor? Sie gut zu reden hilft nicht. Bei anderen macht er das nicht, ist offen und freundlich. Herzliche Grüße und danke für Ihre Arbeit Malina


Ingrid Henkes

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Guten Tag, offenbar hat Ihr Sohn ein gutes Gespür für Zwischentöne. Nach dem was Sie beschreiben, geht es bei den Aktionen der Oma mehr ums sie selbst als um Ihren Sohn. "Sich interessant machen", "eifersüchtig machen" deuten doch eher darauf hin, dass sie im Mittelpunkt stehen will. Auch wenn diese Momente kurz sind, spürt Ihr Sohn, dass das anders ist, als der Umgang, den er von Ihnen gewohnt ist. Ihr Sohn zeigt eine für sein Alter recht deutliche Ablehnung. Das machen Zweijährige nicht um zu ärgern oder Ähnliches. Nun kann man eine beginnende Antipathie weder verbieten noch abgewöhnen. Man kann sie auch nicht schönreden. Man kann sie nur abbauen durch gute Erfahrungen. Diese sollte Ihr Sohn mit der Oma machen können und zwar nicht nur, wenn die Oma sich mit ihm beschäftigt (da scheint sie sich ja Mühe zu geben) sondern auch bei dem, was er insgesamt an Omas Verhalten beobachtet. Vermutlich hilft für grundsätzlichere Änderungen nur ein klärendes Gespräch mit der Oma. Das ist aber oft sehr schwierig und müsste sicher von Ihrem Mann geführt werden oder Ihnen beiden zusammen. Der Oma ist sicher gar nicht klar, dass Kinder auch auf andere Schwingungen reagieren als nur auf das, was sie sehen. Vielleicht zieht sie keine Verbindung zwischen ihrer Art und der Ablehnung Ihres Sohnes. Dann wird es sicher schwer, etwas zu ändern. Dann wird die Oma möglicherweise mit der abgekühlten Beziehung leben müssen, bis sie von sich aus etwas findet, um die Beziehung zum Enkel wieder positiver zu gestalten. Für Ihren Sohn ist es wichtig, dass Sie sein Verhalten akzeptieren. Wenn er sich mit der Oma nicht wohlfühlt, gibt es dafür einen inneren Grund bei ihm, auch wenn er den noch nicht ausdrücken kann. (Er sagt ja schon was dazu.) oder er Ihnen nicht einleuchtet. Ihr Sohn muss das Gefühl entwickeln können, dass seine Gefühle von Ihnen als Eltern (möglichst auch von den anderen Erwachsenen, die ihn umgeben, wie der Oma) ernstgenommen werden. Das ist bei negativen Gefühlen viel schwieriger als bei positven. Aber nur so kann er auf Dauer in der eigenen Wahrnehmung seiner Gefühle stabilisiert werden und sich auf sie verlassen. Diese Qualifikation brauchen wir lebenslang, um uns vor unliebsamen Begegnungen möglichst zu schützen. Gleichzeitig muss Ihr Sohn natürlich lernen, dass er nicht bestimmt, wann die Oma gehen soll. Das ist eine Entscheidung der Erwachsenen. Er darf sie auch nicht schlagen und schubsen. Hier braucht Ihr Sohn Ihre Hilfe zu erfahren, dass er sich von der Oma fernhalten sie aber nicht angreifen darf. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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