rocketFD
Liebe Frau Henkes, unsere Tochter ist 29 Monate alt und wehrt sich seit vielen Monaten vehement gegen ganz normale Alltagsaufgaben wie Zähneputzen, Wickeln, Anziehen, Ausziehen, Treppensteigen und Gehen (wenn sie nicht gerade selbst Lust darauf hat). Zu all diesen Tätigkeiten sagt sie, sie seien ihr wahlweise zu langweilig, anstrengend oder schwierig. Sie möchte alles von uns erledigt bekommen. Manchmal sagt sie lachend, sie sei ein Baby, das noch nicht laufen kann, aber meist macht sie kein Spiel daraus, sondern wirft sich entweder in einem Wutanfall auf den Boden, wenn wir sie zu den Tätigkeiten auffordern, oder sie ignoriert unsere Aufforderungen, indem sie einfach so tut, als würde sie uns nicht hören und weiterspielt, etwas anderes spricht etc. Wir geben ihr Zeit, der Aufforderung nachzukommen, wiederholen diese immer wieder. Bis vor ein paar Monaten hat es wenigstens geklappt, dass sie nach einer Weile eingelenkt hat, aber jetzt ist das selten der Fall. Meist müssen wir sie z.B. zum Wickeln oder Zähneputzen zerren oder tragen (womit sie wieder ihren Willen zum Getragenwerden bekommt – teilweise schimpft sie dabei, teilweise lacht sie), denn diese Tätigkeiten müssen ja letztlich erledigt werden. Bis vor einer Weile wollte sie einfach nichts von uns vorgegeben bekommen – vermutlich einfach Ausdruck ihrer Autonomiephase? Mittlerweile scheint noch ein anderer Faktor eine Rolle zu spielen. Wir sind dazu übergegangen, beim Ausziehen ihre Mithilfe einzufordern. In ihrer Kita wird sie von den Erzieherinnen auch aufgefordert, sich auszuziehen, was dort häufig zu Tränen führt. Wir sagen ihr, dass wir jetzt das Ausziehen gemeinsam üben, dass wir Eltern das als Kinder auch erst einmal lernen mussten und unsere Tochter das auch bald richtig gut können wird. Im Grunde kann sie auch schon manche Kleidungsstücke selbst ausziehen, wenn sie ausnahmsweise Lust dazu hat. Dann ist sie auch ganz stolz, wenn wir sie dafür loben. In den allermeisten Fällen hat sie aber keine Lust und wenn sie zum Ausziehen (bzw. Mithelfen) aufgefordert wird, eine Erwartungshaltung bzw. Druck in der Kita spürt, der Aufforderung nachzukommen, verweigert sie sich. Bis wir zusammen eine Hose ausgezogen haben, vergeht viel Zeit des Ankämpfens dagegen und der Betonung, wie anstrengend oder langweilig das doch sei. Wir haben auch schon versucht, das Ganze spielerisch zu gestalten – das hat sie nicht interessiert. Sie sagt immer nur, dass wir es für sie machen sollen. Vermutlich wird ihr in der Kita gesagt, dass Kinder ihres Alters („große Mädchen“) sich doch schon allein ausziehen könnten. Sie äußert nämlich manchmal, dass sie kein „großes Mädchen“ sein will, sondern eben noch ein Baby. Ich weiß nicht, ob sich ihre Verweigerung nur mit der Autonomiephase erklären lässt oder ob sie sich tatsächlich in irgendeiner Weise überfordert fühlt – vielleicht nicht wirklich von der Tätigkeit des Ausziehens an sich (in anderen Fällen häufig des Treppensteigens – Anziehen, Zähneputzen etc. übernehmen sowieso noch wir, wenngleich wir sie immer wieder versuchen zum Mitmachen zu ermuntern), sondern eher davon, dass plötzlich Erwartungen an sie herangetragen werden und seitens der Kita Druck ausgeübt wird, was früher nicht der Fall war, als sie jünger war? Dieser Eindruck drängt sich mir manchmal auf. Wir loben sie viel dafür, wenn sie mithilft, sagen ihr auch, was sie jetzt als großes Mädchen - im Gegensatz zu einem Baby - alles an Schönem machen und spielen kann, dass ein großes Mädchen aber eben auch einiges lernen kann und muss, was vielleicht erst einmal langweilig und schwierig erscheint. Dabei vermitteln wir ihr, dass wir es ihr zutrauen, diese Tätigkeiten zu erledigen. Das sind unsere Strategien, die uns aber nicht so recht weiterbringen. Haben Sie noch einen Tipp für uns? Vielen Dank!
Guten Tag, Ihre Tochter zeigt die typischen Verhaltensweisen der Trotzphase. Vermutlich geht es nicht um Erwartungsdruck von seiten der Kita oder Überforderungsgefühle. Ihre Tochter erprobt ihren Willen. Es soll gemacht werden, wie sie es will und nicht so, wie Sie als Eltern es wollen. Das ist eine Entwicklungsphase, in der Kinder ihren Willen kennenlernen und erleben, dass sie mit ihm etwas bewirken können. Das vermittelt ihnen ein erstes Gefühl von Wirkmächtigkeit, welches für die Selbstentwicklung bedeutsam ist. Daher ist es wichtig, dass Kinder in dieser Phase gelegentlich ihren Willen durchsetzen können. Zunehmend müssen sie jedoch auch erfahren, dass sie sich den Regeln der Eltern anpassen müssen. Sie haben sehr gute Strategien, um auf Ihre Tochter einzugehen. Um mit ihrem Widerstand umzugehen, sollten Sie ihr nur wenige Grenzen setzen, die sie dann aber einhalten. Wählen Sie etwas, das Ihre Tochter leicht schaffen kann. Schließen Sie Kompromisse "bis dahin läufst du, dann trage ich dich ein Stück und dann läufst du wieder ein bisschen". Bestätigen Sie Ihrer Tochter, dass eine bestimmte Tätigkeit wirklich langweilig, anstrengend oder schwierig ist, sie aber trotzdem gemacht werden muss. Dann kann sie sich von Ihnen besser verstanden fühlen. Seien Sie bei manchem großzügig. Es ist nicht schlimm, wenn Sie sie noch eine Weile anziehen. Dann sollten Sie es jedoch auch nicht vorher verlangen, sondern es einfach machen. Es muss auch nicht bei Ihnen zu Hause genauso gemacht werden wie in der Kita. Ihre Tochter weiß, dass unterschiedliche Regeln gelten. In der Kita muss sie das mit den Erzieher/innen regeln. Wenn Ihre Tochter die wichtigsten Entwicklungsaufgaben der Trotzphase bewältigt hat, wird sie viel mehr selbständig machen wollen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
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