Agathe
Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, Seit ein paar Monaten zieht mein Sohn (12M) mehrmals täglich fest/schmerzhaft an meinen Haaren, immer intensiver und häufiger. Teilweise führt es zu gefährlichen Situationen, wenn er z.B. auf meinem Arm sitzt und ich mich gleichzeitig befreien und ihn halten muss. Anfangs trat das vor allem auf, wenn er müde oder hungrig war, aktuell auch in jeglichen für ihn lästigen Situationen oder manchmal auch (für mich) völlig unerwartet. Teilweise scheint es ein Spiel für ihn zu sein, denn er lacht dabei. Manchmal ist er aber auch angespannt. Ich habe keine andere Möglichkeit, als ihn von mir weg zu setzen und mich kurz außer Reichweite zu begeben. Dann weint er jedoch entweder bitterlich oder er scheint sich zu ärgern/große Anspannung zu erleben. Nach ein paar Sekunden gehe ich deshalb wieder zu ihm hin. Er macht das auch bei seinem Vater, da hat das jedoch eine andere Qualität. Es scheint ein lustiges Spiel zu sein. Können Sie sich das erklären? Wie sollte ich Ihrer Meinung nach darauf reagieren? Kann er verstehen, dass mir das weh tut? Mittlerweile ärgert mich das Verhalten. Auch wenn ich natürlich nicht laut werde/mich nicht abwende, habe ich Sorge, dass er meine Verärgerung zu sehr spürt/als Ablehnung wahrnimmt. Wie sollte ich mit meiner Verärgerung umgehen, damit sie nicht zur Belastung für die Beziehung wird?
Dr. med. Ludger Nohr
Hallo, für Ihren Sohn ist das ein Spiel und er hat keine Ahnung davon, dass es Ihnen wehtut oder Sie keinen Spaß daran haben könnten. Diese Fähigkeit, die Position des anderen einzunehmen, kommt erst in einigen Jahren. Das bedeutet, dass es nur die Möglichkeit, das für Sie Unangenehme zu vermeiden, gibt, da Ihr Sohn nicht merken kann, wie das für Sie ist. Auch das Kundtun, dass Ihnen das nicht gefällt, wird von den Kindern diesen Alters oft noch als "Spielvariante" erlebt und nicht als Grenze. Ärger und Distanzierung ist also eine nicht adäquate (wenn auch nachvollziehbare) Reaktion und kann in der Beziehung verunsichern. Hindern Sie ihn freundlich daran, sagen Sie auch das zu lernende Nein dazu, aber nehmen Sie es ihm nicht übel. Dr.Ludger Nohr
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