Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Entthronung mit 16 Monaten

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Entthronung mit 16 Monaten

Anna198

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Liebe Frau Henkes, unsere 17 Monate alte Tochter ist vor einem Monat große Schwester geworden. Ich habe vollstes Verständnis für ihre Eifersucht, schließlich hat sie sich ihren Bruder nicht ausgesucht und konnte sich auch im Gegensatz zu uns nicht 9 Monate darauf vorbereiten. Ich möchte deswegen gerne auch einfühlsam mit ihrer Eifersucht umgehen. Leider bin ich bei ihrem aktuellen Verhalten etwas ratlos, wie ich mein Vorhaben gut umsetzen kann.  Wenn sie müde ist (mittags und abends) fängt sie plötzlich an, ihren Bruder aus dem Nichts zu schlagen oder zu kratzen, meistens am Kopf. Ein "Nein" ist vollkommen wirkungslos, sie lacht und macht es nochmal (mehrmals). Auch ein energisches Abfangen oder Festhalten ihrer Hände zusammen mit einem lauten und deutlichen Nein zeigen keine Wirkung, sie schlägt trotzdem nochmal zu. Wenn ich dann aufstehe und mich woanders hinsetze läuft sie sofort hinterher und macht damit weiter. In den letzten Tagen hat es sich auch auf uns Eltern ausgeweitet. Manchmal sind es Situationen, in denen ihr Aufmerksamkeit fehlt. Es passiert aber z.B. auch, dass sie mir unvermittelt ins Gesicht schlägt, während ich ihr ihre Jacke anziehe. Oder beim gemeinsamen Spielen, wobei sie die volle Aufmerksamkeit hat (allerdings mit Bruder im Tragetuch).  Mir würde es helfen zu verstehen, was da in ihrem Kopf vor sich geht. Ist da plötzlich der Impuls, zuzuschlagen, und sie ist aufgrund fehlender Impulskontrolle gar nicht in der Lage, das zu unterdrücken? Und wie können wir besser damit umgehen?  Den Großteil des Tages läuft es eigentlich ganz gut und sie ruft auch oft nach ihrem Bruder oder küsst ihn auf den Kopf. Ich versuche sie ganz viel mit einzubeziehen, setze sie immer neben mich wenn er trinkt und gebe ihr viel so viel Nähe und Aufmerksamkeit  wie möglich. Vielleicht noch eine kurze Beschreibung, da Sie sie ja nicht erleben können: sie ist ein sehr, sehr temperamentvolles, ungestümes, fröhliches Mädchen, das all ihre Gefühle sehr stark zum Ausdruck bringt.    Vielen Dank und Viele Grüße 


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

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Guten Tag, Ihre Einschätzung zum Verhalten Ihrer Tochter ist richtig. Die Geburt des Bruders hat bei Ihrer Tochter zu Angst vor Liebesverlust durch die Eltern geführt. Sie zeigt durch ihr Verhalten ihre Wut auf den "Eindringling" und versucht, ihn zu vertreiben. Gleichzeitig sichert ihr dieses Verhalten Ihre negative Aufmerksamkeit. In dieser Situation ist für Ihre Tochter jede Form von Aufmerksamkeit von Ihnen bedeutsam. Daher überträgt sie das Schlagen auch auf Sie. Ihre Tochter ist aber noch viel zu jung, um diese aggressiven Impulse auch nur ansatzweise zu steuern. Sie benötigt jetzt Ihre Hilfe, die Sie ihr auch durch viel Aufmerksamkeit schon geben. Widmen Sie dem Schlagen weniger Beachtung. Konzentrieren Sie sich auf die positive Aufmerksamkeit. Natürlich müssen Sie Ihre Tochter daran hindern, dem kleinen Bruder wehzutun. Schieben Sie ihre Hand weg oder was sonst nötig ist. Bleiben Sie dabei aber möglichst gelassen. Ein ruhiges "Och, lass das mal" hilft in solchen Fällen manchmal mehr als ein deutliches Nein, welches z.Zt. nur provoziert. Mit Ihrer Unterstützung wird Ihre Tochter sich an den Bruder gewöhnen und seine Anwesenheit akzeptieren. Lassen Sie ihr Zeit. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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