Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Die „kleine Pubertät“?

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Die „kleine Pubertät“?

bopfitz

Unsere Tochter ist 5 1/2 Jahre alt und derzeit ein bisschen anstrengend. Sie kommandiert gerne mal herum, lässt nicht ab wenn man sagt ich will das nicht oder es tut mir weh. Bei vermeintlichen Nichtigkeiten brüllt sie und wird uns gegenüber auch handgreiflich (passiert nie im Kindergarten). Ab und an ist es so heftig, dass wir ihr die Arme festgehalten haben weil sie uns sonst wirklich weh getan hätte. Ich finde das sehr schwierig das zu tun, weil es ein Eingriff in das Kind ist, kann aber gleichzeitig nicht tolerieren dass mich mein Kind zwickt oder tritt. Wir sprechen auch im Nachhinein über solche Szenen und dann erklärt sie was mit ihr los war, aber im Affekt überkommt es sie. Ich habe nun gelesen dass es in der Übergangsphase zum Schulkind unter dem o.g. Stichwort öfter vorkommt. Vielleicht könnten Sie diese Phase einmal näher beschreiben und Hinweise geben wie man mit Ausbrüchen der o.g. Art umgeht. Es geht mir wirklich um die Unterbrechung der Tätlichkeit, die im jeweiligen Moment verbal nicht zu stoppen ist. Sonst ist sie übrigens toll und macht derzeit einen deutlichen Sprung, das gehört wohl irgendwie dazu - aber hauen oder schreien möchte ich nicht unkommentiert vorbeiziehen lassen. Dankeschön


Hallo, das was Sie "Kleine Pubertät" nennen ist auch als 6-Jahres-Krise oder Vorschulpubertät bekannt. Es macht deutlich, dass die kindliche Entwicklung meist nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft verläuft. Das bedeutet, dass die Kinder immer mal wieder Ansprüche und Vorstellungen haben (und an sie gestellt werden), die Fähigkeiten bedürfen, die noch nicht ausreichend vorhanden sind. Diese Dis-Kontinuität ist erstmal für die Kinder schwer auszuhalten, sie erleben sich unpassend, unzureichend und verletzlich. Auf der anderen Seite wächst das Bedürfnis nach Autonomie und Selbst- und EigenStändigkeit (was in der Schule ja auch gebraucht wird). Diese Gemengelage führt immer wieder zu sog. Impulsdurchbrüchen, die die Kinder schwer unterdrücken oder verhindern können. Unsere Aufgabe als Eltern ist da, zum einen die Grenzen einzuhalten, zum anderen die Kinder nicht zu entwerten oder zu kränken. Was sehr aggressiv aussehen kann, ist vor allem eine Abfuhr der inneren Spannung und so sollte man sie behandeln. Grenzen deutlich machen,( wenn nötig auch festhalten oder eine kurze, angekündigte räumliche Trennung) und später die Möglichkeit geben, die Situation zu kommentieren/erklären. Aber weder abwerten noch kleinmachen o.ä., da das nicht nur nichts nützt, sondern zusätzlich die Selbstzweifel und die innere Spannung erhöht. Für Eltern und Kinder keine leichte Zeit, aber man lernt sich kennen. Dr.Ludger Nohr


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