Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Rüdiger Posth:

beziehungsverhalten

Dr. med. Rüdiger Posth

Dr. med. Rüdiger Posth
Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

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Frage: beziehungsverhalten

Mitglied inaktiv

lieber herr posth mein 8monatiger sohn ist extrem anhänglich. am liebsten hat er dauernden körperkontakt und sobald ich mich nur einen halben meter von ihm entferne , brüllt er los. haben das alle säuglinge? wird das wenn er krabbelt besser? ich stille ihn auch jetzt noch und möchte wirklich auf seine bedürfnisse eingehen, aber manchmal ist das echt zuviel. dann hört man auch so viele verschiedene tipps: schreien lassen, er muss das lernen, oder auf jeden mucks reagieren oder du hast ihn verwöhnt usw. vielleicht können sie mir das irgendwie "biologisch" erklären. verzweifelte grüsse sabrina


Liebe Sabrina, mit dem Krabbelalter beginnt die Phase der Anhänglichkeit. Die Zeit ist gekennzeichnet von einer großen gefühsmäßigen Ambivalenz im Säugling. Einerseits strebt er weg und möchte die Umgebung erforschen, andererseits lebt er in der ständigen Angst, dabei seine Bezugsperson/Mutter zu verlieren. In diesem Alter besitzt ein Säugling nämlich noch keine Vorstellung von der Existenz ihm im Moment nicht präsenter Räume. Ebenso kennt er keine Zeitvorstellungen. D.h. verschwindet seine Mutter aus seinem Blickfeld, muß er sofort nachsehen, wo sie geblieben ist. Gelingt ihm das nicht gleich, erfüllt ihn die Angst des Verlusts für immer und er weint. Entscheidend ist eigentlich nur, ob und daß er sich, wenn die Mutter schnell zu ihm zurückeilt, bei ihr im Arm beruhigt und zufrieden gibt. Dann stimmt die Bindung. Schreit er bei der Mutter weiter oder rührt sich scheinbar in ihm gar nichts, muß man annehmen, daß die Bindung "einen Knacks" abbekommen hat. Individuelle Charakterzüge sind natürlich immer in Rechnung zu stellen. Die Anhänglichkeit reicht je nach Temperament und nach gemachten Erfahrungen noch weit in 2. lebensjahr hinein. Auch wenn diese Anhänglichkeit zur Last werden kann, muß man noch einmal viel Geduld und Toleranz aufbringen. Nicht gleich wieder etwas Lästiges aberziehen wollen mit solchen Schlagworten wie "Jedes Kind kann selbständig werden". Die Selbständigkeit entwickelt sich spontan auf dem Boden einer ausgelebten Anhänglichkleit. Viele Grüße


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