Frage: Andere Kinder ärgern

Liebe Frau Henkes,   unsere Tochter ist fast 4 und seit knapp zwei Jahren in der Betreuung. Von Anfang an, hat sie gelegentlich andere Kinder gehauen. Dies war nie doll, sondern viel mehr im Vorbeigehen. Bei jeder Begegnung mit einem anderen Kind hat sie mit der Hand leicht ausgeholt und gehauen. Das fing erst in der Krippe an und ein paar Wochen später hat sie es dann auch privat bei Freunden und auf dem Spielplatz gemacht. Auch teilweise bei fremden Erwachsenen, die an ihr vorbei gingen. Es war immer mal stärker, mal weniger ausgeprägt. Sie fing dann auch irgendwann an, immer mit ihren Händen oder irgendwelchen Gegenständen  anderen Kindern oder Erwachsenen ins Gesicht "zu wedeln". Die Kinder mögen das natürlich gar nicht und lehnen sie nun im Kindergarten (dort geht sie seit knapp 10 Monaten hin) ab.  auch zu Hause werden mein Mann und ich immer leicht gehauen, wenn sie uns etwas erzählt und in unserer Nähe ist oder wedelt mit ihren Händen oder Gegenständen in unserem Gesicht umher. Neulich hat sie sogar im Urlaub die Handschuhe einer Frau vom Nachbartisch genommen und ihr ins Gesicht gehauen/ damit kurz in ihrem Gesicht umhergewedelt. Wir sagen ihr natürlich, dass andere das nicht mögen und ziehen ihr andere Optionen auf, um mit anderen in Kontakt zu treten. Unsere Tochter ist sehr sensibel und sehr intelligent, hat aber Probleme im sozialen Bereich und auch kein ausgeprägtes Interesse an gleichaltrigen Kindern. Das oben beschriebene Verhalten hilft ihr natürlich nicht im Umgang mit anderen und wird von den meisten als sehr störend und von den Eltern als aggressiv wahrgenommen. wenn man sie fragt, warum sie das macht sagt sie nur, dass sie es nicht weiß und die anderen das mögen.    Die Erzieher sind nicht besorgt haben aber zu Beginn der Kindergartenzeit gedacht, dass sie vielleicht Autismus haben könnte, das jedoch wieder verworfen.    Was könnte hinter ihrem Verhalten stecken? Sie ist immer sehr aktiv und braucht viel Bewegung. Im Kindergarten fängt sie langsam an unter der "Ausgrenzung" zu leiden, da fast kein Kind mehr mit ihr spielen möchte und ihre beiden Freundinnen dürfen es nicht mehr( die Eltern wollen nicht, dass die Mädchen zusammen spielen und haben wohl die Erzieherinnen auch darum gebeten, die Kinder etwas auf Abstand zu halten. Ich glaube auch, dass die Eltern ihrer beiden Freundinnen zu Hause schlecht über sie reden, da die Kinder plötzlich tatsächlich nicht mehr mit ihr spielen wollen. Die Erzieherinnen macht das auch traurig, weshalb sie mir gesagt haben, dass es Eltern gab, die einen Kontakt unterbinden wollten, obwohl die Kinder jeden Tag wunderbar zusammen gespielt haben und jeden Morgen sich bei der Begrüßung umarmt haben und sich sehr gefreut haben). Das verhalten ist in der letzten Zeit tatsächlich etwas mehr geworden und ich möchte meiner Tochter helfen, das Verhalten anzupassen, dass sie nicht ausgeschlossen wird. Sie merkt glaube ich auch dass die anderen nicht mehr mit ihr spielen wollen und sagt nur, dass sie keine Freunde braucht. Es mögen sie eh nur Mama und Papa. Alle anderen mögen sie nicht, nicht mal Oma und Opa. Das macht mich sehr traurig und ich möchte ihr helfen, weiß aber auch nicht wie. Unsere Eltern haben wir darauf angesprochen, dass sie bewusst darauf achten ihre Zuneigung zu zeigen. Vielen Dank für Ihre Hilfe und Zeit

von Tina126 am 11.12.2023, 14:43



Antwort auf: Andere Kinder ärgern

Guten Tag, Ihre Tochter scheint mit ihrem Verhalten Aufmerksamkeit auf sich lenken zu wollen. In ihrer Not gesehen zu werden, wählen Kinder oft Beachtung für sogenanntes negatives Verhalten. Möglicherweise ist Ihre Tochter unbewusst noch sehr mit der Entthronung durch die jüngere Schwester beschäftigt. Kinder haben mit der Geburt eines Geschwisters oft große Angst, die Zuneigung der Eltern zu verlieren. Sie versuchen daher zu signalisieren, dass sie auch noch da sind. Die Aufmerksamkeit der Eltern gilt ihnen als Garant dafür, dass die Liebe der Eltern ihnen erhalten bleibt. Der Eintritt in den Kiga scheint in zeitlicher Nähe zur Geburt der Schwester stattgefunden zu haben. Vermutlich hat Ihre Tochter dort Trennungsangst mit aggressiv getönter Kontaktaufnahme zu bewältigen versucht, um sich auch dort Aufmerksamkeit zu sichern. Hier ist es wichtig zu bedenken, dass Kleinkinder sich mit ihrem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit nicht in den "Vordergrund spielen" wollen. Sie sind in wirklicher Not, von den Bezugspersonen nicht mehr gesehen zu werden. Das beruht nicht darauf, dass Eltern dem Kind tatsächlich keine Beachtung mehr schenken. Es handelt sich vielmehr um unbewusste Ängste, die ein Kind bewältigen muss, um sich von der Einzelkindposition lösen zu können. Sie können Ihre Tochter unterstützen, indem Sie ihr möglichst viele Gelegenheiten bieten, positive Aufmerksamkeit zu bekommen. Lassen Sie das unerwünschte Verhalten nicht zu einem besonderen Thema werden und entziehen Sie ihm so Ihre Aufmerksamkeit. Gleichzeitig sollten Sie das Schlagen deutlich unterbinden. Bei Vierjährigen gelingt das oft am besten durch eine elterliche Handlung wie Festhalten oder aus der Nähe Entfernen. Kinder verstehen das besser als Erklärungen, denen sie in solchen Situationen ohnehin nicht zugänglich sind. "Ich will nicht, dass Du xy schlägst." ist für ein Kind einleuchtender als "Das tut xy weh, deshalb solltest du das nicht tun." Es geht dem Kind ja gerade darum, dass es jemand anderem wehtun soll. Damit wertet ein Kind  sich auf, um so unbewusst die eigene Position der Schwäche abzuwehren. Besprechen Sie mit Ihrer Tochter, dass Sie sehen, dass sie sich im Kiga nicht so richtig wohl fühlt und Sie wissen, dass sie  sehr wohl Freundinnen braucht wie jedes Kind. Vermitteln Sie ihr, dass Sie ihr zutrauen, Freundinnen zu finden. Wenn sie freundlicher auf die anderen zugeht, werden die sicher wieder gerne mit ihr spielen. Hier geht es nicht um rasche Veränderungen. Es handelt sich vielmehr um einen Prozess, der es Ihrer Tochter ermöglichen kann, zu erleben, dass Sie genügend gesehen wird. Auf dieser Grundlage kann das bisherige Verhalten nutzlos werden und Ihre Tochter wird es aufgeben können. Suchen Sie das Gespräch mit den Erzieher/innen, damit diese Ihre Tochter entsprechend unterstützen können. Kinder auf Wunsch anderer Eltern auf Abstand zu halten, sollte im Kiga keine Option sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes  

von Ingrid Henkes am 12.12.2023



Antwort auf: Andere Kinder ärgern

Als Ergänzung vielleicht noch: sie ärgert auch gerne andere Kinder, in dem sie sie "pups" nennt und sich kaputt lacht, wenn die anderen Kinder dann schreien. Sie nimmt anderen gerade auch gerade die Mützen vom Kopf ab und schmeißt sie dann auf den Boden. Genau wie das hauen ist das sehr wild von den Handbewegungen und geht super schnell, dass man wirklich direkt daneben stehen muss, um einzugreifen.  Sie unterbricht ihre kleine Schwester (2j) auch immer beim ruhigen Spielen. Bei allen Freunden ist es ehr umgekehrt, dass die kleinen die großen stören.  unsere Große ist hingegen zu Hause der "Störenfried" und oft sehr wild und läuft unruhig umher und will nur ihre Schwester ärgern. Kann aber auch ganz ruhig und konzentriert spielen, aber selten nach dem Kindergarten.  

von Tina126 am 11.12.2023, 16:50



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