Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Abwesenheit und Vermissen

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

zur Vita

Frage: Abwesenheit und Vermissen

Peeech32

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Guten Morgen Frau Henkes, mein Sohn ist nun 6 Monate alt. Mein Mann ist jeden Monat für ein paar Tage auf Geschäftsreise. Ich habe das Gefühl, dass er in diesen Tagen deutlich anhänglicher ist als sonst und sich auch schlechter ablegen lässt. Merkt er in diesem Alter schon, dass Papa "fehlt"? Kann es als ein Verhalten gesehen werden im Sinne von: Jetzt ist Papa schon weg und jetzt habe ich Angst, dass auch Mama geht, daher bin ich so anhänglich und lasse mich nicht ablegen? Oder ist er mit 6 Monaten zu jung dafür? Ab wann würde er sonst bewusst die Abwesenheit des Papas wahrnehmen und wie kann ich mich dann am besten verhalten, damit es für ihn nicht so schlimm ist?  Herzlichen Dank 


Ingrid Henkes

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Guten Tag, bewusst wahrnehmen kann Ihr Sohn die Abwesenheit des Vaters mit sechs Monaten noch nicht. Möglicherweise spürt er, dass Sie in dieser Zeit anders reagieren. Er fürchtet auch nicht, dass Sie auch noch weggehen könnten, da er bisher nur die gute Erfahrung gemacht hat, dass eine seiner primären Bezugspersonen immer für ihn da ist und er sich so etwas noch gar nicht vorstellen kann. Ein genauer Zeitpunkt, wann ein Kind die Abwesenehit des Vaters bewusst wahrnimmt, lässt sich nicht angeben, da die Entwicklung individuell sehr unterschiedlich ist. Mit ca. anderthalb Jahren in der Phase der Loslösung von der Mutter, wird der Vater meist schon recht bewusst wahrgenommen und damit dann auch eher dessen Abwesenheit. Wenn diese Zeit gekommen ist, können Sie Ihren Sohn beruhigen, indem Sie ihm immer wieder erklären, dass der Vater wiederkommt und Sie bei ihm sind und bleiben, bis der Vater zurück ist. Im Laufe der Entwicklung wird er diese Erfahrung dann verinnerlichen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


auf der Reise

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Ich bin von der Antwort etwas verwirrt. Kinder bemerken doch schon viel früher als mit 1,5 Jahren An- und Abwesenheit von Menschen? Und reagieren auch darauf? Wenn sich der Vater als gleichwertige Bezugsperson wie die Mutter engagiert, allemal... aber selbst bei anderen geliebten Menschen? Vielleicht nicht tagelang (das weiß ich schlicht nicht), aber doch z.T. über Stunden? ... Aber bei primären Bezugspersonen natürlich deutlich länger? Und zumindest, wenn der Vater sich als gleichwertige Bezugsperson wie die Mutter engagiert - geht man dann tatsächlich noch davon aus, daß seine Abwesenheit keine Verlustängste generiert? Weil es "nur" der Vater ist, oder weil es reicht, wenn "irgendeine" primäre Bezugsperson (also hier die Mutter) noch da ist? Danke im voraus für Ihre Erläuterung!


Ingrid Henkes

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Guten Tag, ich bedauere es, wenn ich mit meinen Äußerungen Verwirrung gestiftet habe. Keineswegs wollte ich die Bedeutung von aktiven Vätern schmälern. Im Gegenteil halte ich die intensive Beziehungsgestaltung von Vätern für die psychische Entwicklung eines Kindes für sehr bedeutsam. Ihr Sohn hat mit sechs Monaten aber noch keine psychische Repräsentanz von "wir drei" oder "einer fehlt". Er entwickelt Repräsentanzen davon, dass es ihm bei der Mutter sowie beim Vater gutgeht und dass seine Bedürfnisse befriedigt werden. Das ist für ihn das Entscheidende. Es reicht ihm also derzeit, dass eine primäre Bezugsperson da ist. Es könnte auch so sein, dass er sich beim Vater gut aufgehoben fühlt, wenn Sie nicht da sind. Sie haben völlig recht, dass Kinder bereits früher als mit anderthalb Jahren die An- oder Abwesenheit von Menschen bemerken. Die Frage ist, welche Bedeutung das für sie hat. So werden Abschiede oder Trennungen oft von Emotionen begleitet. Aber die betreffende Person wird von Kindern nicht dauerhaft vermisst, weil es dem Kind in der aktuellen Situation gut geht und es noch gar keine Zeitvorstellung hat. Ich hoffe, damit konnte ich noch etwas zur Klärung beitragen. Alles Gute Ihnen Ingrid Henkes  


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