Liebe Frau Ubbens,,
meine 6-jährige Tochter reagiert immer sehr impulsiv, wenn sie sich in irgendeiner Weise kritisiert fühlt.
Sie vergleicht sich sehr stark mit anderen Kindern, vor allem mit den beiden Brüdern und kann anderen kaum etwas gönnen.
Mein großer Sohn ist 20 Monate älter, ein Schuljahr weiter und in allen schulischen Dingen der absolute Überflieger. Dafür leidet er an einer motorischen Entwicklungsverzögerung, so dass meine Tochter ihm in sportlicher Sicht in allen Bereichen absolut überlegen ist. Sie ist auch eine gute Schülerin, laut Elternsprechtag in allen Fächern alles bestens. Sie ist sehr ehrgeizig und setzt sich selbst Ziele (z.B. an diesem Wochenende bearbeite ich mein Freiarbeitsheft zu Ende) und auch beim Sport möchte sie immer vorne mit dabei sein, was ihr oft gelingt. Da mein großer Sohn jedoch im Laufen recht gut ist, nimmt er ab und zu mal an Kinderläufen teil, woraufhin meine Tochter meistens mit "Ich bin aber besser" reagiert und ausflippt, wenn der Bruder auch mal ein "Prima gelaufen" oder "Gut gemacht" zu hören bekommt. Mein Sohn hat hingegen kein Problem damit, seiner Schwester etwas zu gönnen- er freut sich sowohl für sie als auch für jeden Mitschüler, Freund oder Vereinskameraden. Ich vermeide es aber, meinen Sohn und meine Tochter im gleichen Lauf oder über dieselbe Strecke anzumelden, da ich ihm auch gönne, sich sportlich gesehen auch mal in der besseren Position zu sehen.
Meine Tochter spielt auch Fußball im Verein und mir ist neulich nach einer Niederlage die Aussage "Was ist denn heute mit der Abwehr los?" herausgerutscht und das wurde mit Geschrei, Wutanfall und um sich schlagen quittiert. Sie spielt in der Abwehr und hat sich von mir wohl kritisiert gefühlt, was aber nicht meine Absicht war.
Mein kleiner Sohn ist 16 Monate jünger als meine Tochter. bei ihm ist es weniger der Leistungsvergleich, der mir zu denken gibt, sondern wie meine Tochter reagiert, wenn er z.B. krank ist oder sich wehgetan hat. Neulich kam er mit blutigen Knien nach Hause, um die ich mich kümmern musste. Meine Tochter hat daraufhin versucht, im Rahmen eines Wutanfalls sich selbst zu verletzen, damit ich mich auch um sie kümmere. Das hat mich dann doch sehr geschockt.
Was würden sie mir raten?
Ich versuche, nach Möglichkeit mit jedem Kind auch regelmäßig alleine Zeit zu verbringen, so dass jeder mal nur meine ungeteilte Aufmerksamkeit hat. Ich versuche, zu loben, aber natürlich nicht am laufenden Band und da auch alle gleich zu behandeln.
Liebe Grüße
von
Murmel880
am 08.05.2019, 10:51
Antwort auf:
Verhalten meiner Tochter
Liebe Murmel880,
Ihre Tochter ist von der Mentalität her sehr ehrgeizig. Auch Eifersucht ist zum großen Teil eine Sache der Mentalität. Beide Eigenschaften verwachsen sich großteils beim Älterwerden. Was können Sie tun? Nicht wirklich mehr, als Sie nun schon tun: Jedem Kind alleinige Zeit schenken, sie zu loben usw..
Sprechen Sie vor dem Schlafengehen mit Ihrer Tochter. Was war besonders schön heute? Ihre Tochter darf etwas benennen und Sie dürfen benennen, was heute besonders schön mit/für Ihre Tochter war. Machen Sie sie auf diese Weise darauf aufmerksam, dass sie ein tolles Kind ist.
Ihre Tochter (und Sie) werden sicherlich noch eine ganze Weile mit dem Verhalten Ihrer Tochter umgehen müssen. Nur mit liebevoller Geduld und Ruhe von Ihnen wird das Selbstbewusstsein Ihrer Tochter wachsen und sie wird besser mit ihrer eigenen Mentalität umgehen können.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 09.05.2019
Antwort auf:
Verhalten meiner Tochter
Man sagt, die haben es am Schwersten. Zuerst ist man das Nesthäkchen, dass betüddelt wird - aber dann kommt noch einer hinterher. Jetzt ist man aber nicht die Große, aber auch nicht das Nesthäkchen. Der Ältere kann eben schon mehr, der Kleinere muss noch nicht so viel können. Egal wie man es dreht und wendet - man bleibt immer Mittelmaß. Gefühlt natürlich nur. Aber sie scheint ja sehr damit zu kämpfen zu haben, wenn sie sich sogar selbst verletzen würde, nur um da "besser" zu sein oder zumindest "gleich zu ziehen" mit dem Kleineren. Das scheint ja enormer Druck für sie zu sein, sich ständig beweisen zu müssen - selbst gemachter Perfektionszwang (bitte nicht so verstehen, als wenn ich das auf eure Erziehung schieben wollen würde!)
Wie ist sie denn in der Schule? Also im Bezug auf ihr Verhalten, wenn andere Kinder mal besser abschneiden als sie? Oder im Verein? Flippt sie da auch so aus, wenn mal ein anderes Kind gelobt wird oder dessen Leistung hervorgehoben? Oder bezieht sich das nur auf ihre Geschwister?
von
cube
am 08.05.2019, 14:46
Antwort auf:
Verhalten meiner Tochter
Danke für die Antwort.
Hauptsächlich bei den Geschwistern, aber wenn ich ein anderes Kind loben würde, würde es sie treffen. In der Schule oder beim Sport, also bei anderen Personen, ist es meist kein Problem.
von
Murmel880
am 08.05.2019, 15:17
Antwort auf:
Verhalten meiner Tochter
Das heißt also, es quält oder ärgert sie eigentlich nur/hauptsächlich, wenn ihr als Eltern jemand anderem (ob Geschwister oder anderes Kind) ein Lob aussprecht. Tun dies andere Personen, die sie als neutral? empfindet, flippt sie darüber nicht so aus.
Mhh ... ich kann dir leider keine hilfreiche oder fachlich fundierte Antwort geben, bin aber sehr gespannt, was Frau Ubbens dazu sagt.
Habt ihr sie denn mal gefragt, warum sie das so sehr stört? Mit 6 können Kinder das ja schon ganz gut in Worte fassen. Vor allen Dingen wenn man die Frage so formuliert, das man nach Gefühlen fragt, als "wie fühlst du dich denn, wenn ich deinen Bruder lobe". Wäre ja mal interessant zu wissen, ob sie wütend ist oder zB traurig, enttäuscht. Kinder können ihre Emotionen ja oft noch nicht so differenziert zeigen - da wird Enttäuschung schnell mit Wutgebrüll gezeigt, obwohl man eigentlich gerne getröstet worden wäre oder Zuspruch erwartet hat. Vielleicht gelingt es euch, über solche Fragen nach den Emotionen ein Gespräch darüber zu führen, warum ein lob an die Geschwister oder andere Kinder so schlimm für sie ist, wenn es von euch kommt.
Ist es nur bei dir so oder auch beim Papa?
von
cube
am 08.05.2019, 18:43