Liebe Frau Schuster, unser Sohn (gerade 3 Jahre alt geworden) hatte schon immer ein großes Nähebedürfnis. Ich konnte ihn als Baby bis sechs Monate nie ablegen, er fing sofort an zu weinen. Kinderwagenfahrten oder im Maxi Cosy sitzen ging garnicht. So habe ich ihn das erste halbe Jahr bis zu 10 Stunden täglich im Tragetuch umhergetragen. Als er dann mit sechs Monaten krabbeln und mit 10 Monaten alleine ohne Hilfe laufen konnte, wurde es besser. Tagsüber schlafen wollte er allerdings weiterhin NUR im Tragetuch. Ich habe ihn bis er 14 Monate alt war im Tragetuch schlafen lassen. Dann schlief er durch Umhertragen auf dem Arm ein und ich konnte ihn zum ersten Mal schlafend ablegen. Als er 18 Monate alt war, wurde es mir zu anstrengend mit dem "Einschlaftragen" und ich habe versucht, ihn irgendwie tagsüber anders, mit Musik, streicheln usw. in den Schlaf zu begleiten, Das hat nicht funktioniert und er hat den Mittagsschlaf von da ab eingestellt. Abends habe ich ihn bis zum 18. Lebensmonat in den Schlaf gestillt. Das Stillen tagsüber (bis 14 Monate) und auch zum Einschlafen hat er von selbst abgestellt. Jetzt schläft er in meinem oder Papas Beisein bei uns im Schlafzimmer im Beistellbett. Aber auch dann möchte er am liebsten bei uns angekuschelt einschlafen. Wir haben eine Zeitlang darauf bestanden, dass er ohne Köperkontakt einschläft, aber nachdem unser Sohn wochenlang jeden abend gefragt hat, warum er nicht kuscheln darf und ob wir böse mit ihm sind, lassen wir ihn wieder angekuschelt bei uns im Bett einschlafen und legen ihn dann später in sein Bett neben uns. Allerdings kletter er jede Nacht gegen drei Uhr wieder zu uns ins Bett. Unser Sohn ist ein fröhlicher, aufgeschlossener, sehr neugieriger Junge, ein reines Energiebündel, der mit 10 Stunden Schlaf auskommt. Wir haben damals alles Gefährliche oder Zerbrechliche aus seiner Nähe weggeräumt und er konnte sich im ganzen Haus "frei entfalten". Ein "Nein" hat er daher sehr spät kennen gelernt und kommt damit auch heute noch nicht zurecht. Sobald er merkt, dass wir das Nein ernst meinen, und da waren wir immer konsequent, kommt ein riesieger Trotzanfall und er versucht seinen Willen durchzusetzen, obwohl er weiß, dass wir nicht nachgeben. Wir kochen z. B. immer zusammen und er weiß eigentlich auch, dass die Töpfe heiß sind. Gestern hat er, obwohl ich mehrmals gesagt habe, pass bitte auf, trotzdem mal "ausprobiert", ob die Pfanne wirklich heiß ist, Trotz Brandblase hat er nicht geweint. Heute hat er mit dem Finger in kochendes (!) Wasser gefasst, so schnell konnte ich garnicht reagieren. Er hat wieder nicht geweint und nur gesagt, ist nichts passiert, wollte nur mal sehen, ob das Wasser wirktlich heiß ist! Auch wenn ich sage, fahre bitte nicht mit dem Fahrrad auf die Straße, sonst muss ich Dir das Fahrrad wegnehmen, fährt er trotzdem. Wenn ich ihm dann das Fahrrad unter großem Geschrei für den ganzen Tag weg nehme, hält es ihn nicht davon ab, am nächsten Tag wieder auf die Hauptstraße zu fahren. Er hört einfach nicht auf Nein! Jetzt zum eigentlichen Problem: Er kann sich nicht von mir verabschieden. Ich bin früher immer beiläufig gegangen, habe zwar gesagt, ich gehe gleich weg, habe aber eine direkte Verabschiedung immer gemieden. Das war dann auch immer OK für ihn, ich hatte nicht das Gefühl, dass er mich suchen würde. Doch seit einem dreiviertel Jahr kann ich mich nur noch heimlich aus dem Haus schleichen. Wenn er merkt, ich möchte irgendwo hingehen, uns sei es nur, um den Müll nach draußen zu bringen, läuft er mir sofort hinterher und möchte mit. Wenn ich länger weggehen möchte, z.B. mit dem Hund spazieren gehen und er soll bei Papa bleiben gibt es ein riesiges Geschrei, wenn ich mich verabschiede, teilweise weint er bis zu einer Stunde bei Papa und läßt sich nur schwer ablenken. Leider ist mein Mann wenig zu Hause, er kann in der Woche meistens nur noch Gute Nacht sagen, dafür machen Papa und mein Sohn meistens am Sonntag einen Ausflug für mehrere Stunden alleine. Daher ist die Loslösung etwas schleppend. Seit ein paar Wochen, darf Papa aber unseren Sohn auch schon mal ins Bett bringen. Das ist ein riesiger Fortschriftt für uns. Mit dem Verabschieden ist es auch ganz schlimm im Kindergarten. Unser Sohn wurde bis zum Kitastart im August 2011 ausschließlich von meinem Mann und mir betreut, die Großeltern sind schon sehr alt und trauen es sich nicht mehr zu, auf unseren Sohn aufzupassen. Er hatte im Kindergarten eine sanfte Ablösung, ich habe drei Monate noch im Flur gesessen und er konnte jederzeit zu mir. Dann habe ich ihm gesagt, dass ich vielleicht zwischendurch mal weg bin und wieder komme und dann war es auch ok für ihn, wenn ich nicht im Flur gesessen habe. Von einer Stunde sind wir jetzt auf sechs Stunden Kindergarten gekommen, da ich seit zwei Wochen wieder arbeiten muss. Doch auch im Kindergarten konnte ich mich nie richtig verabschieden. Ich habe immer gewartet, bis er in die Gruppe gegangen ist und abgelenkt war und bin dann beiläufig gegangen. Er sagt immer ich soll noch schauen, wie er spielt und nicht arbeiten gehen. Komischerweise fragt er dann nicht mehr nach mir, wenn ich weg bin, freut sich aber riesig, wenn ich ihn wieder abhole und will noch mit mir zusammen im Kindergarten weiter spielen. Seit drei Wochen ungefährt allerdings will er garnicht mehr in die Gruppe gehen, er klettet sich an meinem Bein fest und sagt, er möchte bei mir bleiben. Ich hatte die ganze Zeit Angst, dass das mal passieren würde, aber leider habe ich jetzt keine Wahl, ihn wieder mit zu nehmen, da ich jetzt ja arbeiten muss. Er schreit flehend nach mir, wenn ich ihn verlasse, er bricht auf dem Boden zusammen und ist noch die nächsten zwei Stunden beleidigt, weint immer wieder, zieht sich seine Jacke und Schuhe an und sagt, er geht mich jetzt suchen. Dann plötzlich spielt er wohl wieder, als ob nichts gewesen wäre. Ich kann zum Glück seit dem im Kindergartenweinen noch keine Veränderung bei uns zu Hause bei ihm feststellen. Deshalb hoffe ich, dass es reiner Trotz, bzw. Ärgernis ist, dass ich weggehe und keine wirkliche Trennungsangst. Trotzdem mache ich mir so meine Gedanken, weil das "Theater" morgens jetzt schon drei Wochen anhält und er solange braucht, bis er sich beruhigt. Eigentlich halte ich nichts von Anpassen, bzw. Konditionieren, sondern dachte, mit drei Jahren, würde nach sanfter Ablösung durchaus der Reifungsschritt dasein. Ich denke, dass die schleppende Loslösung, da der Papa so wenig da ist, daran schuld ist, dass er sich von mir so schlecht lösen kann und nicht, weil ich eine Rückbindung produziere. Tagsüber kann sich mein Mann übrigens von meinem Sohn verabschieden, ohne dass er Theater macht. Als er ihn allerdings neulich einmal in den Kindergarten gebracht hat, hat er auch bei ihm geweint. Ich erkläre unserem Sohn mittlerweile, dass es nicht anders geht und ich gehen muss und dass ich wieder komme und gehe dann sehr schnell weg, aber ich glaube er versteht das garnicht. Wie schätzen Sie die Lage ein. Müssen wir irgendetwas an unserer Erziehung ändern oder ergibt sich alles irgendwie mit der Zeit?
von maxi2009 am 25.04.2012, 21:11