Elternforum ADHS und ADS

Probleme beim Homeschooling

Probleme beim Homeschooling

Mika82

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Hey ihr Lieben! Hoffe ihr könnt mir paar Tipps geben. Mein Sohn 1. Klasse hat Schwierigkeiten überhaupt mit seiner Arbeit anzufangen. Wie macht ihr das? Auch während der ersten Aufgabe braucht er schon mittendrin ne Pause. Dann gibts wieder Tage da läufts wie geschmiert. Aber heute Katasteophe. Ich komm auch heute gar nit damit klar. Bin einfach durch und traurig irgendwie. Wie kommt ihr damit klar. Habt ihr zwischendurch auch mal einen Tiefpunkt?! Wir haben die Diagnose im Dezember erhalten. Irgendwie würde ich mich gerne austauschen und lernen damit besser umzugehen.


Mucksilia

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Antwort auf Beitrag von Mika82

Kriegt er denn Medis? Wenn es gar nicht klappt, würde ich das mal mit dem Arzt besprechen. Er kann sich eben auch sehr schwer konzentrieren. Und zu Hause reisst man sich auch weniger am Riemen. Uns wurde immer geraten, Aufgaben als "Päckchen" zu bilden und ganz klar zu sagen: "Dies ist dass erste Päckchen, Aufgabe 1 +2, wenn du das gemacht hast, ist kurze Pause". Strukturen und klare Vorgaben sind das wichtigste (ich weiß, es ist schwer).


Dezemberbaby2012

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Hallo, ich weiß so sehr, was du meinst! Im Frühjahr waren die ersten Homeschooling-Tage bei uns auch eine Katastrophe. Nicht nur mein Sohn, auch ich habe heimlich viele Tränen vergossen. Er wollte nicht anfangen, konnte sich keine Sekunde konzentrieren, ist ständig aufgestanden und wollte lieber spielen. Weder nachsichtige Geduld, noch sanfter Druck oder Drohungen mit Konsequenzen haben etwas daran ändern können. Wir waren echt richtig verzweifelt. Dann habe ich begonnen, mich mit einigen „schlauen“ Büchern nochmal grundlegend mit den Besonderheiten bei ADHS, insbesondere hinsichtlich der Informationsverarbeitung im Gehirn, zu beschäftigen und überlegt, wie ich meinen Sohn besser beim Lernen unterstützen kann. Die folgenden Maßnahmen haben uns geholfen (vielleicht ist ja etwas für euch dabei): - einen eigenen, dauerhaften Stundenplan fürs Homeschooling erstellen Dafür haben wir jedes Fach in jeweils zwei 20-Minuten-Blöcke geteilt. Dazwischen jeweils 5 Min. Pause für Toilette, herumhüpfen, Apfelstück essen o.ä. Bsp.: 20 Min. Deutsch, 5 Min. Pause, nochmal 20 Min. Deutsch. Wir haben auf dem Tisch einen „Time Timer“ (in der 20-Minuten-Version) stehen, so dass das Kind jederzeit sieht, wie lange es noch dauert und wieviel schon geschafft ist. Nach 20 Minuten ertönt ein Signal. Der Timer beendet auch die 5-Min.-Pause akustisch und es wird dann sofort weitergearbeitet - gleich morgens nach dem Frühstück beginnen, immer zur selben Zeit (bei uns 9 Uhr, mit angenehmem Gong aus dem Handy als akustischem Signal) - keine Medien (Hörspiele, TV, Apps) morgens vor dem Homeschooling - der Tisch und die grobe Blickrichtung sollten möglichst leergeräumt sein, vor allem ohne schulfremde Sachen wie Briefstapel, Zeitschriften, Wäsche oder Spielzeug - ein Glas frisches Wasser steht immer auf dem Tisch bereit (kein Saft o.ä.) - wir haben einen „Wackelstuhl“, der die Zappelenergie etwas auffängt und umleitet. Ich bilde mir ein, dass unser Kind damit länger am Tisch sitzen bleiben kann - Wir haben auch Sport (30 Min.) und Entspannungsunterricht (20 Min.) in unseren Stundenplan integriert (jeweils nach den zwei Hauptfächern) Das verlängert die tägliche Homeschooling-Zeit zwar auf den ersten Blick, wirkt sich bei uns aber letztendlich umgekehrt aus: wir werden insgesamt schneller mit den Aufgaben fertig, wahrscheinlich durch die Ablenkung und frische Energie fürs Gehirn. Sport machen wir entweder drinnen (Softball zuwerfen, Gymnastik, einfache Yogapositionen, Gleichgewichtsübungen o.ä.) oder draußen (Ball fangen und zuwerfen üben, prellen, Körbe werfen, auf Gehweglinie balancieren, zum Spielplatz laufen und dort klettern, eine Runde Schlitten fahren o.ä.) In der Entspannungsstunde verdunkeln wir das Kinderzimmer bis auf eine kleine Sternenlampe, legen uns auf den Boden und hören eine Traumreise oder andere Entspannungsgeschichte, machen Progressive Muskelentspannung für Kinder, eine Atemmeditation oder massieren uns - wir haben auch die Nebenfächer Sachunterricht, Kunst und Musik (jeweils 1 x/Woche) in unseren Stundenplan integriert, obwohl das von der Lehrerin gar nicht so vorgesehen ist. Dadurch wird der Unterricht auch nochmal aufgelockert, was das Homeschooling wesentlich interessanter für unseren Sohn gemacht hat. Vorher, nur mit Mathe und Deutsch, war Homeschooling für ihn irgendwie etwas ganz schreckliches. - möglichst viel visuelles und anfassbares Material zum Lernen verwenden. Wir haben z.B. in der 1. Klasse Kastanien, einen Schüttelbaum, ein Rechenmauer-Spiel und einen Abaco zum Rechnen benutzt. Im Sachunterricht haben wir eine Tulpe seziert, beschnuppert und befühlt. In Deutsch haben wir u.a. mit Karteikarten gearbeitet. - wenn wir nach 2x 20 Min. verhaltensbedingt mit einer wichtigen Aufgabe nicht fertig geworden sind, hänge ich gegebenenfalls noch einmal weitere 20 Minuten für dieses Fach dran, bevor es weitergeht. So staut sich nicht zu viel Lernstoff an und es erhöht auch die Motivation beim Kind, nächstes Mal dran zu bleiben - insgesamt aber auf eine möglichst entspannte Stimmung beim Lernen achten. Als Eltern ruhig bleiben, sich nicht von der Zappeligkeit oder negativen Emotionen des Kindes anstecken lassen, auch wenn es schwer fällt. Möglichst wenig Drohungen und Eskalationen, denn dann macht z.B. unser Sohn meist „ganz dicht“. Statt dessen mitfühlend und verständnisvoll, aber in der Sache konsequent reagieren - ich habe mich selbst vom Zwang, alle Arbeitszettel bearbeiten zu müssen befreit. Wenn mir ein Arbeitszettel für meinen Sohn ungeeignet erscheint, lasse ich ihn weg und mache mit ihm etwas ähnliches auf anderem Weg (z.B. mit anschaulicherem Material, s.o.). Das habe ich auch mit der Lehrerin so abgesprochen. Wichtig ist mir, DASS er es lernt. WIE er es lernt, entscheide ICH während des Homeschoolings. Auch wenn er eine Leseaufgabe mit langweiligem, für ihn albernem Text bekommt, lasse ich ihn stattdessen eine Seite aus seinem „Drei ???“- oder „Drachenzähmen“-Buch lesen. Da ist er so motiviert, dass er glatt noch die nächste Seite weiterliest. - Jetzt zum Thema „KIND FÄNGT NICHT AN“ oder HÖRT MITTENDRIN AUF“: Wir haben ein Belohnungssystem eingeführt, in Anlehnung an das Selbsthilfe-Buch „Wackelpeter und Trotzkopf“ von Manfred Döpfner. Es gibt je 20-Min.-Schulstunde 11 lachende oder traurige Smileys zu vergeben. Sobald das Kind rumkaspert, wild rumzappelt oder sich verweigert, erfolgt eine freundliche Ermahnung. Ändert sich nichts, erfolgt eine deutlichere Verwarnung mit Hinweis auf die Smileys. Macht das Kind immer noch nicht mit, wird ein Smiley mit einem traurigen Gesicht gemalt. (Gibt es daraufhin einen Wut-/Heulanfall, wird nach einer kurzen Ermahnung ohne weitere Diskussion ein zweiter trauriger Smiley vergeben) Am Ende der 20 Minuten werden alle dann noch leeren Smileys mit lachenden Gesichtern angemalt. Gibt es nun insgesamt mindestens 8 lachende Smileys (d.h. höchstens 3 traurige Smileys), erhält das Kind einen Punkt für diese Lerneinheit. Pro Tag gibt es also bei uns maximal 6 (2x Deutsch, 2x Mathe, 2x weiteres Fach) bzw. inzwischen 8 (inkl. Sport und Entspannung) Punkte zu erreichen. Diese Punkte können gesammelt werden. Für jeweils 8 gesammelte Punkte gibt es bei uns eine Kleinigkeit (Aufkleber, Tattoo o.ä.), für 16 Punkte z.B. ein kleines Hotwheel-Auto und für 40 Punkte z.B. ein spannendes Lego-Päckchen. Eigentlich war ich immer gegen Bestechung in der Erziehung, aber bei ADHS ist Motivation einfach sehr wichtig und wirkungsvoll. Und mein Sohn schafft es über die motivierende Belohnung, sein starkes ADHS etwas im Zaum zu halten. Meine Hoffnung (und die Meinung vieler Fachleute) ist, dass er das dann irgendwann auch ohne extra Belohnung schafft. Die neue Homeschooling-Runde läuft bei uns jetzt seit 4 Tagen und es ist soooo viel besser als letztes Mal zu Beginn. Mein Sohn wehrt sich nicht mehr mit Händen und Füßen und schafft es teilweise auch besser, sich zu konzentrieren. Klar, es ist immer noch anstrengend, aber wir sitzen nicht mehr bis abends um 18 Uhr an den Arbeitsblättern, sondern sind spätestens um 13 Uhr fertig. Lt. Plan müssten wir um 12:30 Uhr fertig sein, und das schaffen wir auch noch! Ganz liebe Grüße Dezemberbaby


Mika82

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Antwort auf Beitrag von Dezemberbaby2012

Du hast mir sehr geholfen. Danke fürs ausführliche schreiben ;-)


asclepiatina

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Antwort auf Beitrag von Mika82

Ganz wichtig ist das ihr immer den selben Ablauf habt.. also zB. Aufstehen, Frühstücken Anziehen, dann wenn es möglich ist vielleicht erst mal ne Runde Frischluft.. Laufen, Fahrrad oder Schlittenfahren. Normal laufen sie au erst zur Schule, dann ankommen und erste Portion machen. Ist die Luft raus, Hampelmänner oder so was. Wir hatten bei der Großen große Sanduhren, der Kleine kommt besser mit der Eieruhr klar. Wir legen/legten ne Zeit fest, und immer dann wird 5Minuten Pause gemacht, sport oder essen oder so. Wichtig, keine Süßigkeiten,das dreht noch mehr auf! Gerade ADHSler reagieren extrem auf Aromastoffe und Zucker. Frisches Gemüse oder Obst ist besser oder Nüsse, das reicht meist aus.. Meinen Hilft eben auch, das es jeden Tag gleich abläuft. Der Schreibtisch aufgeräumt oder besser leer geräumt. Starten mit besprechen einer Aufgabe.. vielleicht kannst du was im Zimmer arbeiten,also Wäsche bügeln oder so.. das du anfangs dabei bist.. oder ihr macht es in der Küche und du kannst schon Gemüse schnippeln oder so. Nach m Besprechen alleine arbeiten lassen. Macht ein Zeichen ab, wenn das Kind abschweift zB die Hand auf die Schulter.. Ansprechen ist meist eher kontraproduktiv! Das haben wir sogar mit der Klassenlehrerin bei der Großen so gemacht. Und ganz wichtig,nimm das Kind ernst, nicht laut werden, liebevoll. Es kann nicht aus seiner Haut und leidet oft selbst deswegen. Wenn es zu eskalieren droht, nimm das Kind mal ganz fest in den Arm. Das hilft oft besser sich zu Erden als alles andere. Ich weiß es ist nicht immer leicht.. schaffe Ziele die es leicht erreichen kann am Anfang.. zB wenn du Aufgabe 1 innerhalb 20Minuten schaffst darfst du dir nachher nen Spiel aussuchen das wir zusammen spielen, oder klappt es heute ohne heftigen Streit gehen wir in deinen Lieblingspark, Schlitten fahren oder sowas..... Die Aufgaben sollten nach und nach dann natürlich knapper werden, aber Belohnung motiviert. Drum anfangs so das es das Kind auch schafft! Ganz viel Kraft euch allen... Hab hier 2ADHSler im Homeschooling.. leider viel mit Videokonferenz,was gerade mein 2.Klässler oft an den Rand bringt. Der arbeitet lieber aktiv als nur zu sitzen und zuhören.... nach der halben Std braucht er immer erstmal Bewegung. Er rennt dann als 3-4 mal bei uns die 2 Etagen im Haus runter zur Oma und wieder in sein Zimmer...