Elternforum ADHS und ADS

Provozierendes Verhalten

Provozierendes Verhalten

JaDon

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Hallo Ihr Lieben, mein Sohn (fast 7), zeigt seit einiger Zeit extrem provozierendes Verhalten. Gerade mir gegenüber verhält er sich aggressiv und verletzend. Er äfft mich nach, zeigt den Mittelfinger, zerstört Gegenstände, schlägt, lacht, tritt usw. Sobald Druck entsteht, widersetzt er sich (mir) sofort. Wobei mit Druck hier so Dinge gemeint sind wie ; anziehen, Zähne putzen, an der Straße an der Hand laufen, andere nicht schlagen dürfen, Gegenstände nicht zerstören lassen oder aufräumen. Also Alltagsdinge.  Wie reagiert ihr auf solche Provokationen? Lasst Ihr das stehen, geht Ihr darauf ein? Welche Konsequenzen würden in Euren Augen Sinn machen?  Liebe Grüße


kuddelmuddel

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bezieht sich zwar auf Autismus, aber da ja bei ADHS und ASS eine Komorbiditäts-Relation besteht, hilft dir vielleicht auch die PANDA-Strategie für PDA https://pda-autismus-verein.org/was-ist-pda/   LG  


Dezemberbaby2012

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Hallo, das Verhalten kenne ich. Ist denn bei deinem Sohn ADHS oder ähnliches diagnostiziert worden?  LG Dezemberbaby


JaDon

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Antwort auf Beitrag von Dezemberbaby2012

Hallo, ja, bei ihm wurde ADHS und eine schwerwiegende Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert... LG


Dezemberbaby2012

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Kennst du das Buch "Wackelpeter und Trotzkopf - Hilfen für Eltern bei ADHS-Symptomen, hyperkinetischem und oppositionellem Verhalten" von Manfred Döpfner? Das vermittelt sehr gut die Grundlagen hilfreichen Elternverhaltens bei Kindern mit ADHS.  Bei unserem Sohn (inzwischen 12) kamen so mit ca. 8 Jahren auch immer mehr agressive "Übergriffe" und respektloses Verhalten uns gegenüber vor. Die Wende brachte bei uns schließlich eine ADHS-Reha, in der ganzheitlich mit dem Kind (und Eltern) gearbeitet wurde. Seitdem ist es wesentlich besser geworden, wenn es auch jetzt mit der beginnenden Pubertät hier und da wieder aufblitzt, vor allem dem Papa gegenüber. Aber kein Vergleich zu vorher. Was meiner Erfahrung nach hilft:  Wirklich respektloses oder agressives Verhalten sollte niemals einfach so stehen gelassen werden. Andererseits sollte aber auch nicht jedesmal ein großes Fass aufgemacht, also ein Drama draus gemacht werden. Missbilligung solchen Verhaltens geht auch ganz kurz oder subtil, z.B. mit Gesten, Mimik, einem Blick. Und Konsequenzen. Wir haben gute Erfahrungen mit Punkteplänen gemacht.                     Zunächst einmal könntest du mit deinem Sohn in einem ruhigen Moment ein grundlegendes Gespräch über Respekt und agressives Verhalten führen. Dass du respektloses und agressives Verhalten durch ihn nicht (mehr) dulden wirst, weil....       -> …es dich verletzt, …es dich traurig und ehrlich gesagt auch wütend macht, …du es nicht zulässt, dass jemand so mit dir umgeht, auch nicht, wenn du ihn sehr lieb hast, …dass er ja sicher auch nicht so behandelt werden möchte, …wenn alle Menschen sich so benehmen würden, es nur noch Gewalt, Krieg und Totschlag in der Welt geben würde, …es bestimmte Umgangsregeln geben muss, wenn Menschen glücklich zusammen leben wollen, … man sonst einsam auf einem Berg leben muss, dann kann man sich verhalten wie man will, …euer zu Hause ein geschützter Bereich sein soll, wo ALLE sich wohlfühlen sollen, sowohl er als auch du (und ggf. auch der Papa und Geschwister).  Dass du das also ab jetzt nicht mehr akzeptieren möchtest, dass deine Grenze jetzt überschritten wurde und du dir daher etwas überlegt hast, damit ihr alle zusammen wieder besser/glücklicher zusammenleben könnt. Nämlich einige wichtige Familienregeln, die du aufgeschrieben hast (bzw. noch aufschreiben wirst) und die für ALLE Familienmitglieder gelten (also auch für euch Eltern).  Dann schreibst du in eine Tabelle die 2-3 wichtigsten Familienregeln. Wir hatten so etwas wie "Keine körperliche Gewalt gegen Personen oder Dinge (Hauen, schlagen, treten, spucken)" und "Keine verbale Gewalt (Schreien, Schimpfwörter, Beleidigungen, Drohungen)". In die Spalten hatten wir die Wochentage Mo-So eingetragen. Dann wurden für jeden Tag in jeder der Kategorien ein Punkt/Smiley vergeben. Der Plan hing gut sichtbar im Flur. Für so und so viel Punkte (anfangs ca. 80% der erreichbaren Punkte) gab es dann eine Belohnung, z.B. ein Spielzeugauto oder ähnliches. Man kann auch noch eine große Monats-Belohnung geben, z.B. ein besonderer Ausflug, wenn eine bestimmte Menge Punkte im ganzen Monat erreicht wurden. Man kann auch Bilder der Belohnung auf den Plan kleben, um es anschaulicher zu machen. Knackpunkt ist, dass die Punkte nicht zu leicht und nicht zu schwer erreichbar sein dürfen und die Belohnung attraktiv, aber natürlich auch nicht zu groß sein sollte. Mit der Zeit, z.B. nach 6 Monaten, kann man das Punkteziel (je nach Kind unauffällig oder mit Begründung) etwas erhöhen.  Wenn der Punkteplan steht, ist erstmal etwas Druck aus der Sache herausgenommen. Unerwünschtes Verhalten = Kein Punkt. Damit muss man nicht bei jedem Verstoss lang und breit diskutieren. Man muss auch nicht schimpfen. Man kann nur klar machen, dass dieses Verhalten nicht akzeptabel,ist, wie ihr ja schon besprochen habt, und er daher leider, leider heute keinen Punkt bekommt. Aber morgen ist ja ein neuer Tag mit einer neuen Chance, sich für das richtige Verhalten zu entscheiden. Und dass du ihn trotzdem lieb hast. Das ist sehr wichtig. Die wichtigste Grundlage für seine Therapie bist DU, ist eure Beziehung. Die Verbesserung bzw. Stabilisierung eurer Beziehung ist zunächst das wichtigste Therapieziel. Du bist sein Fundament. Darauf aufbauend kann man weitere Maßnahmen einführen wie z.B. den Punkteplan. Aber das funktioniert nur, wenn er sich gleichzeitig deiner Liebe/Zuneigung sicher sein kann. Deshalb soll man auch niemals mit "Liebesentzug" oder "Spielzeit-Entzug" als Konsequenz arbeiten. Natürlich darfst du sagen, wenn er dich geschlagen hat, das du jetzt gerade traurig bist oder dir der Arm wehtut und du dich erstmal wieder beruhigen/erholen musst, bevor du z.B. ein Buch vorliest. Oder dass du ehrlich gesagt gerade nicht in der Stimmung bist, um jetzt gleich wieder zu kuscheln. Aber im Hintergrund muss immer die grundsätzliche Liebe zu ihm erkennbar sein. Und es darf eben nicht als Strafe eingesetzt werden, sich nicht mit ihm zu beschäftigen ("Du warst böse, deshalb machen wir jetzt den Ausflug nicht!", "Du hast mich heute vormittag gehauen, deshalb habe ich jetzt keine Lust auf unsere nachmittägliche Spielzeit")  Wir haben vor der Punkte-Konsequenz immer eine Verwarnung ausgesprochen, einen Versuch hatte er also sozusagen frei. Beim Hauen also z.B. "Stop! Wir haben besprochen, nicht zu hauen. Wenn du weiter haust, kann ich dir leider den Punkt heute nicht geben." Und dann, wenn er trotzdem weiter macht, aber auch (liebevoll) konsequent sein und nicht mit sich verhandeln lassen.   Zähne putzen (und zur Schule gehen) waren bei uns nicht verhandelbar. Wer heute keine Zähne putzt, bekommt am nächsten Tag nichts Süßes, auch keinen Tee/Saft.  Ansonsten gilt bei mir die Regel "Choose your battle", also nur so viele Regeln wie unbedingt nötig. Das Aufräumen würde ich da ehrlich gesagt erstmal hinten anstellen. Erstmal nur an dem Wichtigsten arbeiten, der Rest kommt später dran.  An der Hand laufen wollte mein Sohn nie, ich habe ihn meist unmerklich von hinten an der Kleidung gesichert. Aber wenn das bei deinem Sohn normalerweise geht, ist das natürlich sicherer. Du könntest es vorübergehend als dritten Punkt in die Punktetabelle aufnehmen.  Bei sehr großen Verstößen haben wir zusätzlich zu dem Punkteplan noch eine große Konsequenz (vorher ankündigen!) gehabt, z.B. bei starkem Schlagen 1 Woche Medienverbot (wobei er allerdings sowieso nur wenig Medienzeit hat). Natürlich gibt es auch Regeln, die nur ihn betreffen, z.B. bis zu einer bestimmten Uhrzeit ins Bett gehen. In diesem Zusammenhang ist es oft schwierig für autonome ADHS-Kinder zu verstehen, dass sie zwar den gleichen WERT haben wie die Erwachsenen, aber (noch) nicht die gleichen RECHTE. Dass dies aber ihrem Schutz dient. Und im Übrigen auch gesetzlich festgelegt ist (BGB).  Puhh, das war jetzt doch ziemlich viel   Ich hoffe, es ist vielleicht etwas Hilfreiches für dich dabei. Liebe Grüße Dezemberbaby