Liebe Stillexpertinnen,
meine Tochter (7 Monate alt) wird noch gestillt, bekommt dreimal am Tag aber auch schon Brei. Mein Problem ist die Nacht. Sie kommt manchmal alle ein/eineinhalb Stunden. Ich gehe auf dem Zahnfleisch. Manchmal lässt sie sich durch den Schnuller beruhigen, aber oft hilft nur die Brust. Ich würde gerne abstillen, aber ich kann nicht, weil die Kleine anscheinend Premilch nicht verträgt. Sobald Fläschchenmilch ihre Lippen berührt, bekommt sie rote Stellen um den Mund herum. Jetzt weiß ich nicht, ob ich Ziegenbabymilch versuchen soll? Ich kann wirklich nichr mehr. Dazu kommt, dass sie mich oft in die Brustwarze beißt, was höllisch weh tut.
Ich fühle mich schon schlecht, weil ich eigentlich nicht mehr stillen mag, aber es wird mir echt zuviel. Ich würde so gerne mal länger als zwei Stunden maximal am Stück schlafen.
Liebe Grüße,
Seifenbläschen
von
Seifenbläschen
am 30.12.2014, 17:33
Antwort auf:
Wird meine Tochter nicht satt?
Liebe Seifenbläschen,
Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht.
Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst.
In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt!
Eine Flasche mit künstlicher
Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in
Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen.
Ziegenmilch, Stutenmilch oder andere Tiermilchen sind ebenso wie Kuhmilch artfremde Milchen. Da sie jedoch seltener in unserer Gesellschaft verwendet werden als Kuhmilch, sind weniger Allergien bekannt. Dennoch bergen diese Milchen das gleiche Allergierisiko wie unverarbeitete Kuhmilch. Stutenmilch und Ziegenmilch sind ebenso wie Mandelmilch, Soja Milch usw. keine vollwertige Ersatznahrung und sind von der Zusammensetzung her nicht an den Bedarf eines Babys angepasst. Bei Ziegenmilch fehlt zum Beispiel die Folsäure und Stutenmilch mag von den auf dem Markt erhältlichen Tiermilchen zwar der Muttermilch am „ähnlichsten" sein, doch ein kurzer Blick in die Zusammensetzung offenbart (abgesehen von der Problematik des artfremden Eiweißes) die folgenden Unterschiede:
Muttermilch enthält etwa 67 kcal pro 100 ml, Stutenmilch nur 47 kcal/100 ml, beim Fett enthält MM 3,7 g/100 ml, Stutenmilch 1,5 g/ 100 ml. Der Natriumgehalt der Muttermilch beträgt nur ein Fünftel des Natriumgehaltes der Stutenmilch (13 mg im Verhältnis zu 64 mg pro 100 ml), der Kaliumgehalt ist in der Muttermilch mehr als fünfmal so hoch wie in der Stutenmilch (47 mg/100 ml MM, 9 mg/100 ml Stutenmilch). Ähnliche Unterschiede lassen sich bei Kalzium (31 mg/100 ml MM, 110 mg/100 ml Stutenmilch), Phosphor (15 mg/100 ml MM, 54 mg/100 ml Stutenmilch) und Magnesium (4 mg MM/100 ml, 9 mg/100 ml Stutenmilch) finden.
Gerade die Mineralstoffe haben einen enormen Einfluss auf die Nieren und sollten deshalb wirklich
ernst genommen werden.
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten.
Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du noch die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst.
Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen.
Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht!
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch!
Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst.
In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt!
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit 12 Monaten noch nicht so weit sind.
Das Buch von William Sears, "Schlafen und Wachen", dass es z.B. über La Leche Liga Deutschland zu kaufen gibt, kann hier tatsächlich hilfreich sein. Nicht, dass es große Auswege aufzeigen würde, aber es erklärt, warum das so ist mit unseren Babys, und warum das auch ok ist. Allein das Wissen kann eine Mutter schon beruhigen, und ihr den Stress nehmen, sie hätte ihrem Kind etwas Verkehrtes antrainiert.
Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten.
Wenn deine Kleine dich beim Stillen beißt, kannst Du ihr durchaus vermitteln, dass dir das weh tut. Ein Baby verbindet das Gefühl der Beruhigung und der Sicherheit ebenso wie das Stillen des Hungers mit seiner Mutter. Es versteht nicht, dass es der Mutter Schmerzen verursacht, wenn es seine Zähne auf ihre Brustwarze drückt. Babys beißen nicht aus Boshaftigkeit. Oft lernt es durch Ausprobieren und dem, was darauf folgt.
Sobald dein Baby zubeißt, reiß es bitte nicht von der Brust weg, sondern ziehe es nahe an dich heran. Wenn Du es nahe an dich heranziehst, muss es los lassen, weil es sonst nicht mehr atmen kann. Es ist besser für deine Brust, wenn das Baby loslässt, als wenn Du es von der Brust wegreißt.
Kleine Babys verstehen schon mehr als allgemein angenommen.
Es gibt einige Tipps, wie man einem „bissigen" Baby das Beißen an der Brust abgewöhnen kann:
- das Baby ohne großes Aufheben von der Brust nehmen, damit es nicht versucht ist zu probieren, ob es die Mutter nochmals zusammenzucken lassen kann.
- etwas Angemessenes zum Beißen anbieten. Sobald es zu einem Biss oder einem Beinahe Biss kommt, bietest Du dem Baby einen Beißring oder ein Spielzeug an, damit es weiß, wo es seine Zähne (oder vorher eben den Gaumen) einsetzen darf.
- das Baby schnell auf den Boden legen. Einige Mütter wollen auf das Beißen
strenger reagieren. Nach ein paar Schrecksekunden für das Baby, die dem Ablegen folgen, sollte es beruhigt werden und die Rückmeldung bekommen, dass Beißen unangenehme Folgen hat.
- einen Finger in die Nähe des Mundes des Babys legen, um den Saugschluss schnell zu unterbrechen, wenn es seinen Kopf dreht. Manche Babys lieben es, die Brustwarze nicht loszulassen, wenn sie abgelenkt werden und ihren Kopf drehen. Dies kann verhindert werden, wenn die Mutter einen Finger bereithält, um den Saugschluss zu unterbrechen. Es wird nicht lange dauern, bis das Baby gelernt hat, dass sich wegdrehen bedeutet, die Brustwarze zu verlieren.
- mit dem Baby reden und ihm erklären, dass Du das Beißen nicht lustig findest (klingt vielleicht noch verfrüht bei einem Baby, aber es funktioniert vielfach tatsächlich).
Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Ich hoffe, der Text war dir jetzt nicht zu lange und wenn Du noch Lust zum Lesen hast, dann schau dir auch den angehängten Text von Dr. Paky an.
LLLiebe Grüße
Biggi
Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen
Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling
Schlafen, Alleinsein, Finsternis
Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.).
Schlafen Loslassen
Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach?
Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen
Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen.
Die Entwicklung des Babys und das
Schlafproblem
Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen?
Das Schlafparadoxon
Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern.
Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen.
Individueller Schlafbedarf
Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27).
Behinderung der Selbstregulation
Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit.
In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können.
Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen
Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen.
Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten.
Jedes Kind kann schlafen lernen
Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewusst zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit.
Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, lässt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan.
Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen
von
Biggi Welter
am 30.12.2014