Hallo Fr. Overdick,
ich hätte nach neun Monaten stillen nun doch einige Fragen...
Mein Sohn Moritz kam zwei Wochen zu früh, in einer schnellen Geburt zur Welt. Er schrie die ersten Monate sehr viel und keiner konnte helfen aber viele Ratschlage geben. „Der schreit weil nur MM nicht reicht, er hat bestimmt Bauchweh, Babys müssen auch mal schreien, der macht ja mit euch was er will, vielleicht leidet er am KISS Syndrom..... usw.“
Bauchweh hatte er die ersten acht Wochen mit ziemlicher Sicherheit, er krümmte sich und hatte nur etwas Erleichterung wenn man ihn trug.
Mit vier Monaten erreichte sein Schreien einen Höhepunkt, so das ich mir nicht mehr zu helfen wusste und dachte vielleicht hat er tatsächlich Hunger und begann langsam mit Karottenbrei. Natürlich wurde es nicht besser, aber der Brei schmeckte ihm. Vorher wurde Moritz ausschließlich nach Bedarf gestillt was alle zwei Stunden bedeutete. So bekam ich auch etwas Freiheit wieder. Wenn ich nicht da war bekam er abgepumpte Muttermilch aus der Flasche.
Die Brei Fütterungen wurden langsam und allmählich gesteigert, da Moritz riesen Spaß am Essen hat, nun sind wir bei einem Mittags- Nachmittags- und Abendbrei angekommen. Moritz hat sehr großes Interesse am Essen, er wird jedes mal total aufgeregt und ist kaum zu Bremsen wenn mein Mann und ich Essen. So bekommt er zwischendurch Zwieback, Gurkenstückchen etc.
Heute mit neun einhalb Monaten geht es ihm sehr gut, er schreit zwar manches mal immer noch sehr heftig, interessiert sich sehr für seine Umgebung und andere Kinder, ist mit Freude beim Essen und schläft abends sogar ganz von alleine in seinem Bett ein.
Nachts schafft er es meist von 19 bis 2 oder 3 Uhr zu schlafen und wird dann von mir gestillt. Dann ist er alle zwei Stunden wach und will wieder gestillt werden, da meine Kräfte nicht mehr ganz die besten sind versuche ich manches mal ihn ohne stillen zu trösten in der Hoffnung das er nachts nur noch einmal gestillt werden müsste. Manchmal klappt es manchmal nicht...
Es kommt nun auch hinzu das ich ab August wieder arbeiten gehen muss und ihn deshalb tagsüber nicht mehr zwischendurch stillen kann, daher bin ich mir auch hier nicht sicher, wie ich es am besten anstelle das für Moritz der Übergang tagsüber ohne Mama zu sein und auch ohne stillen zu sein nicht zu hart wird.
Meine Fragen sind:
Macht es Sinn Moritz anzugewöhnen das er nachts nur noch einmal gestillt wird?
Wie lange stillt man Kinder überhaupt?(Eine Freundin stillt ihr Kind noch mit fast drei Jahren, dies wäre nichts für mich)
Macht es Sinn Moritz langsam daran zu gewöhnen das er tagsüber nicht mehr gestillt wird, damit es im August nicht ganz so hart für ihn wird?
Moritz hat außerdem sehr festen Stuhlgang, wird oft fast lila beim „drücken“ was kann man dagegen tun? Der Kinderarzt sagt solange er es „loswird“ wäre es kein Problem
Ich hoffe Sie können mir ein paar kurze Ratschläge geben, viele Grüße
Mitglied inaktiv - 11.05.2009, 12:59
Antwort auf:
wieder arbeiten
Liebe Pauli25,
ich bin zwar nicht Frau Overdick, antworte aber trotzdem.
Es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte.
Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe.
Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin bekommen können.
Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Die Ernährungsempfehlungen der WHO sind (in englisch) nachzulesen unter www.who.int/chd/publications/newslet/diaglog/9/feeding_young_children.htm . Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden.
Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit für alle Kinder und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen.
Bis August ist es noch lange hin und ich würde nicht jetzt schon mit dem Abstillen beginnen, es reicht, wenn Sie vier Wochen vorher beginnen.
Wenn ein Kind längerfristig Probleme mit festen Stuhlgang oder gar Verstopfung hat sollte auf der einen Seite darauf geachtet werden, dass es genügend Flüssigkeit zu sich nimmt (eventuell einfach häufiger stillen) und auf der anderen Seite sollte die Beikost so gewählt werden, dass sie eher stuhlauflockernd als stopfend wirkt.
Gerade die bei uns so beliebten Karotten für Babys führen nicht selten zu Verstopfung (beim Obst gilt dies für Banane), andere Gemüse wie Zucchini, Kürbis, Pastinake, Brokkoli und auch Obstsorten wie Birne werden oft besser vertragen und tragen zu weicherem Stuhlgang bei. Ein Wechsel der Gemüse- und Obstarten kann deshalb sehr sinnvoll sein. Außerdem sollte unbedingt auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme geachtet werden.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 11.05.2009