Liebe Biggi, liebe Kristina,
Meine 2. Tochter ist 6 Wochen alt und wird voll gestillt. Sie nimmt auch einen Schnuller und seit einiger Zeit trinkt sie komisch. Sie überstreckt sich, fängt an zu weinen, schluckt Luft schlingt und fängt an zu schreien. Milch hab ich genug. Könnte sie saugverwirrt sein?
Sie weint relativ viel und hat mit Blähungen zu kämpfen. Zunehmen tut sie gut.
Können sie mir helfen? Meine 1. Tochter habe ich ein Jahr problemlos trotz Schnuller gestillt.
Für Eure Hilfe wäre ich sehr dankbar!!
Greta
von
GretaE
am 10.04.2012, 22:24
Antwort auf:
Saugverwirrung??
Liebe Greta,
ja, das hört sich leider nach einer Saugverwirrung an.
Eine Saugverwirrung entsteht, wenn ein Kind mit dem Wechsel zwischen den Trinktechniken an Brust und künstlichem Sauger (dazu gehören Flaschensauger, Schnuller und Stillhütchen) nicht zurecht kommt und dann die Brust schlussendlich sogar verweigern kann. Das ist ein ernsthaftes Stillproblem, das schon viele Sorgen und Tränen bei Müttern und Kindern verursacht hat. Doch eine Saugverwirrung kann überwunden werden. Dabei ist es die erste Maßnahme, dass sämtliche künstlichen Sauger weggelassen werden. In leichteren Fällen kann dies schon ausreichen.
Ich zitiere dir aus dem "Handbuch für die Stillberatung" von La Leche Liga:
„Viele Stillexperten haben beobachtet, dass ein
Neugeborenes auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der
ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren kann (Neifert, 1995). Diese
Verwirrung kann dadurch verursacht werden, dass das Baby seine Zunge, seinen Kiefer und seinen Mund beim Stillen anders bewegt als beim Saugen an einer Flasche, einem Beruhigungssauger (Schnuller) und den meisten Formen der Stillhütchen (Newman, 1990). In einer Studie zeigte sich, dass 30 % der Mütter, deren Babys im Krankenhaus Flaschen erhalten hatten, von ernsthaften Stillproblemen berichteten, gegenüber 14 % der Mütter, deren Babys keine Flasche erhalten hatten (Cronenwett, 1992).
Kittie Frantz, eine frühere LLL Stillberaterin, Kinderkrankenschwester
und Ausbilderin für Stillberatungskurse an der Universität von Kalifornien,
Los Angeles, schätzt, dass künstliche Sauger während der ersten drei bis vier Wochen bei 95 % der Babys zu einer Saugverwirrung führen. Manche Babys reagieren nach einer Woche, während der sie mit der Flasche gefüttert wurden, mit einer Saugverwirrung, andere bereits nach ein oder zwei Flaschen – oder anderen künstlichen Saugern. Ein Baby, das in den ersten drei oder vier Wochen gut an der Brust trinken gelernt hat, ist weniger anfällig für eine Saugverwirrung.
...
Dr. Ruth Lawrence warnt vor dem Gebrauch eines Beruhigungssaugers
während der ersten Lebenswochen, weil die Möglichkeit besteht, dass das
Baby auf den Sauger »geprägt« werden kann. Diese »Prägung« kann dazu
führen, dass das Baby eine Vorliebe für feste und unnatürlich geformte Sauger entwickelt. Der Begriff »Prägung« wird auch benutzt, um die Bindung zu beschreiben, die manche Tiere zu dem ersten Objekt oder Lebewesen aufbauen, das sie zu Gesicht bekommen. »Das Saugen am Daumen oder Beruhigungssauger stellt eine Ersatzhandlung dar für etwas, was normalerweise zu einer Prägung auf die mütterliche Brustwarze führt. ...
Auch wenn der Begriff ›Saugverwirrung‹ noch keinen Eingang in die medizinische Literatur gefunden hat, gibt es eindeutige psychosomatische Beweise dafür, dass die Prägung eines Menschen durch die Einführung eines Fremdobjektes während der Prägephase verändert werden kann« .“
Am besten wendest Du dich einmal für eine persönliche Beratung an eine Stillberaterin in deiner Nähe. Ich suche dir gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus, wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst.
Bis Du eine Kollegin erreichen kannst, hier einige allgemeine Tipps:
Du kannst versuchen dein Baby anzulegen, wenn es schon sehr schläfrig oder fast eingeschlafen ist. Viele Babys, die sich weigern, an der Brust zu trinken, wenn sie hellwach sind, tun es im Halbschlaf dann doch. Du kannst ihm die Brust auch immer wieder anbieten, wenn es wach ist, dränge aber nicht. Manche Babys sind eher bereit zu trinken, wenn ihre Mutter umhergeht statt stillzusitzen.
Weitere Maßnahmen, die sich bei einem Stillstreik bewährt haben, sind:
im Umhergehen stillen,
in der Badewanne oder im Schaukelstuhl stillen,
im Halbdunkeln stillen,
im Halbschlaf stillen,
das Baby mit der Brust spielen lassen,
unterschiedliche Stillhaltungen ausprobieren,
alle künstlichen Sauger vermeiden,
das Baby massieren,
viel Körperkontakt (Haut auf Haut),
und ganz wichtig: keinen Stillstress erzeugen, weder bei der Mutter noch beim Kind, Ruhe und Gelassenheit, auch wenn es schwer fällt.
Um deine Milchproduktion aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass die Brust übervoll wird, sollte die Milch ausgestrichen oder abgepumpt werden. Die so gewonnene Milch kann dem Kind mit einer alternativen Fütterungsmethode angeboten werden, z.B. mit einem Becher. Die Flasche ist in dieser Situation nicht unproblematisch, denn es kann passieren, dass sich dein Kind dann zur Flasche hin abstillt.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 11.04.2012