nächtliches Stillen / Schlafverhalten

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: nächtliches Stillen / Schlafverhalten

Hallo! Ich bräuchte mal Eure Hilfe. Meine Tochter ist nun 11 Monate alt und ein echter Wirbelwind. Ich habe aber immer noch eine enge Stillbeziehung mit Ihr. Das Stillen war von Anfang an super und klappt auch prima. Ich füttere, nach wie vor, nur Mittags und Abends Brei, ansonsten stille ich immer noch. Mein Problem liegt, darin, Das meine Tochter nicht schlafen kann ohne dass ich sie stille. Sie trinkt sich quasi müde. Nachmittags wie abends.Sie schläft tagsüber noch 2 Mal. Nachmittags klappt es manchmal sie in den Schlaf zu stillen, ansonsten muss ich mit dem Wagen los und da braucht sie dann zum einschlafen und da ich Vormittags auch mit Ihr spazieren gehe damit sie schläft, kommen da ein paar Kilometer zusammen. Ich bekomme sie aber nicht anders hingelegt. Abends bekommt sie um 18:00 Uhr Brei und anschließend noch etwas Vollkornbrot , Obst oder Gemüse. Um 20:00 Uhr bringe ich sie dann ins Bett und Sie trinkt beide Seiten quasi leer. Eigentlich würde ich sagen sie wäre satt. Sie schläft dann nach einigen rumwälzen auch ein ohne zu Nuckeln. Dann kommt sie so gegen 2:00 Uhr nachts und dann gegen 4:30 Uhr und dann stille ich sie noch mal beim Aufwachen, so gegen 7:30. Lasse ich sie Nachts nicht an meine Brust fängt sie an zu weinen. An Nähe kann es nicht mangeln, da wir das Familienbett vorziehen. Sie schläft zwar abends in Ihrem Betttchen neben mir ein, kann aber jeder Zeit rüber robben. Sie trinkt auch nur kurz, 5-10 Minuten, bis die Seite leer ist und dann mache ich sie auch ab, sie schläft dann ganz selig weiter. Ich habe ruhige Nächte, wenn ich sie einfach trinken lasse und dann schlafen wir weiter aber ich finde es krass sie immernoch 2-3 Mal Nachts trinken zu lassen. Sie müsste doch auch länger durchhalten. Ich würde mich mal freuen, wenn sie einfach mal so einschläft. Das kann sie nicht, auch wenn sie wach wird, ist sie sofort zu 100% da und gut drauf. Bin ich vielleicht zu nachgiebig? Meine Tochter weint eigentlich nie außer sie hat was oder ich lasse sie sachts nicht gleich trinken :). Vielleicht könnt Ihr mir mal ein Paar Tipps geben, was ich anders machen könnte. Sonst stille ich ja noch wenn sie in die Schule kommt ;). Lg Jessi

von jessijohanna am 22.03.2012, 10:56



Antwort auf: nächtliches Stillen / Schlafverhalten

Liebe Jessi, der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es ist nicht schlimm, und schon gar nicht ein "Versagen" deinerseits, dass deine Kleine noch nicht alleine ein- und durchschlafen mag. Ganz im Gegenteil: DIESES Verhalten ist das normale, will heißen, so hat die Natur es vorgesehen, so entspricht es der Natur eines Menschenjungen. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann wissen wir, dass es sich ein Urmensch und auch heute noch Menschen, die nicht so komfortabel wie wir in einem fest gemauerten Haus in "zivilisierter" Umgebung wohnen, nie leisten konnten und könnten, ihr Kind einfach "wach" irgendwo hinzulegen, damit es alleine schläft. Das Risiko, dann innerhalb von kürzester Zeit den Verlust eines Kindes betrauern zu müssen ist da viel zu groß. Der Punkt ist der, dass Babys und Kleinkinder ganz gleich was alle diesen Bücher und Hochglanzbroschüren sagen nicht dazu gedacht sind, alleine (ein)zuschlafen. Für ein Baby ist es absolut normal, dass es in den Armen und an der Brust der Mutter einschläft. "Emanzipierte" Babys sind in der Evolution noch nicht vorgesehen und da unsere Kinder mit der gleichen genetischen Ausstattung auf die Welt kommen, wie in grauer Vorzeit, funktioniert nicht alles sofort so, wie es in unsere moderne Welt passen würde. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Alleine sein bedeutet für ein Baby oder Kleinkind aus seiner Sicht Lebensgefahr. Sie wissen nicht, dass es heute und in unserer Gesellschaft unwahrscheinlich ist, dass sie von einem wilden Tier gefressen werden, wenn sie alleine sind. Wir können einfach nicht erwarten, dass unsere Babys "begreifen" dass ihnen doch alleine nichts passieren kann und wir können sie auch nicht dazu bringen, dass sie in diesem jungen Alter ein Gefühl dafür entwickeln, dass es doch "nur fünf Minuten" oder welche Zeitspanne auch immer ist, die sie warten müssen bis wieder jemand kommt. Also: Das Einschlafen an der Brust ist nicht wirklich ein Problem, denn es entspricht der Natur der Kinder, die genau dort die Ruhe, Geborgenheit und Zuversicht finden (mal ganz abgesehen von der wertvollen Muttermilch), die es ihnen ermöglicht, sich dem Schlaf hinzugeben. Kleine Kinder haben es sehr schwer, einzuschlafen, das hängt mit ihrem unreifen Nervensystem zusammen und wird ganz von allein, sobald sie reif genug dafür sind, sich auflösen! Es ist schwer, müde zu sein und jede Nacht x Male aufzuwachen, weil das Kind mich braucht und ich hätte zeitweise sehr viel dafür gegeben nur einmal einfach weiterschlafen zu können und am nächsten Tag nicht vor einem Berg unerledigter (Haus)Arbeit zu stehen. Doch es hat sich gelohnt, den Haushalt zurückzuschrauben, mir Nischen zu suchen, in denen ich auftanken konnte (sowohl körperlich als auch emotional) und zu akzeptieren, dass meine Kinder keine kleinen Roboter sind, die auf das Durchschlafen (o.a.) "programmiert" werden können. Überlege dir einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 22.03.2012



Antwort auf: nächtliches Stillen / Schlafverhalten

Hallo Biggi Danke für die schnelle Antwort! Du hast mir mein inneres Gefühl bestätigt. Ich habe schon von Anfang an die enge Stillbeziehung und das Familienbett mit meiner Tochter genossen und habe dadurch von Anfang an ruhige Nächte bis auf die Stillunterbrechungen. Da ich meine maus aber im Bett auf der Seite stille schlafen wir beide bereits nach 15 Minuten spätestens wieder. Eigentlich lässt man sich nur durch sein Umfeld verunsichern. Eine Frage hätte ich aber noch. Macht das nächtliche Stillen den Milchzähnen etwas aus? Liebe Grüße Jessi

von jessijohanna am 22.03.2012, 19:30



Antwort auf: nächtliches Stillen / Schlafverhalten

Liebe Jessi, Auslöser für Karies ist ein Bakterium mit dem Namen Streptokokkus mutans. Weder Langzeitstillen noch nächtliche Stillen leistet entgegen der immer wieder geäußerten Meinung dem Karies Vorschub. Lange gestillte Kinder, die auch zum Einschlafen und während der Nacht gestillt werden haben nicht mehr Karies als andere Kinder, eher im Gegenteil. Beim Stillen werden die Zähne nicht ständig mit Milch umspült, da im Gegensatz zu einem mit der Flasche gefütterten Kind, die Milch erst weit hinter den Zahnleisten in den Mund gelangt und von dort geschluckt wird. Die Milch läuft aus der Brust nicht einfach aus (wie das bei der Flasche der Fall ist), das Kind muss aktiv arbeiten und schluckt dann auch. Gestillte Kinder und auch langzeitgestillteKinder bzw. noch lange während der Nacht gestillte Kinder haben nicht mehr Karies als nicht gestillte Kinder und wenn es zu Karies kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Stillens. Selbstverständlich ist aber auch für gestillte Kinder Zahnpflege notwendig. Wenn Du englisch lesen kannst findest Du weitere Informationen, auch eine Presseerklärung von LLLI zum Thema Karies auf der Homepage von LLLI (www.lalecheleague.org). Gib dort einmal die Suchbegriffe "decay", "dental caries" und "dental health" ein, dann müsstest Du entsprechende Artikel finden. Harry Torney, ein britischer Zahnarzt hat in Nottingham auf der LLL Europakonferenz im letzten Sommer einen Vortrag zum Thema "Breastfeeding and Dental Health" gehalten und in seinem Vortrag aufgezeigt, dass es keinen Zusammenhang mit vermehrtem Auftreten von Karies und Langzeitstillen gibt. Er hat auch eine Arbeit darüber veröffentlicht: "Prolonged, on demand breastfeeding and dental caries an investigation, Torney PH, M Dent Sc thesis, Trinity College, Dublin 1992 LLL Großbritannien hat vor etwa einem Jahr auch eine Infobroschüre mit dem Titel "Breastfeeding and Dental Health" herausgebracht. Über die LLLI Seite kommst Du auch zu Seite von LLLGB und kannst dort eventuell diese Broschüre bestellen. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 22.03.2012



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