ET: 09.05.2017 / Keine Immunität bei Röteln
Guten Tag Frau Bader,
kurz zur Vorgeschichte: Ich arbeite als Reinigungskraft in der Bettenaufbereitung einer Klinik. Ich bin die erste schwangere Frau überhaupt in dieser Abteilung. Mein Vorgesetzter hat sich schon immer aus allem herausgehalten und kennt unsere Abläufe kaum.
Meine Tätigkeit:
40 Std. Woche, 1-2 Samstage im Monat, plus Feiertagsarbeit. Ich laufe und stehe den ganzen Tag, ohne zu sitzen, erst in der einstündigen Pause. Die BA befindet sich im Keller, es gibt keine Abzugsanlage für die Kohrsolin FF Dämpfe (2%) und Bacillol AF, daher müssen die Fenster offen sein (sehr kalt im Winter), ansonsten gibt es bereits bekannte Atemwegsprobleme bei allen 8 Mitarbeiterinnen. Ich hole und bringe die Betten von versch. Stationen, wasche sie an einer Hebebühne, auf der Psychiatrie in der Hocke und auf Knien, da es dort zu eng für eine Hebebühne ist. Hotelbetten werden mit Schiebewagen auch alleine auf den Patientenzimmern gewaschen. Ich schmeiße Matratzen um, beziehe die Betten mit einer Kollegin neu (oft auch alleine). Ich wasche mit Schutzausrüstung viele Arten von infektiösen Betten (u.a. Noro, MRSA, MRGN 3/4, Clostridien, TBC, Campylobacter, Diarrhoe, Enteritio, Hepatitis usw.), hier ist das Problem, dass viele Betten falsch gekennzeichnet sind und wir so auch von außen ungefährliche Betten ohne die eigentlich notwendige Schutzausrüstung abholen und waschen, dies ist schon sehr lange bekannt. Ich steige auf eine Leiter um Gardinen aufzuhängen, stehe je nach wocheneinteilung 2-3 Std alleine in der Wäschekammer zum Personalwäsche sortieren.
Ich habe mit der Betriebsärztin eine Gefährdungsbeurteilung ausgefüllt, habe die oben genannten Probleme angesprochen, aber (das habe ich erst bei meinem Abteilungsleiter gesehen) sie hat es teilweise falsch angekreuzt. Bei meinem Chef haben wir das sehr grob korrigiert, aber auch er hat nicht alles darauf vermerkt, was ich angesprochen habe. Er hat mehrmals gesagt, dass er sich bei uns nicht auskennt und es eigentlich nicht beurteilen kann. Die Betriebsärztin war in den drei Jahren nur einmal unten, zur Besichtigung des Arbeitsschutzes, ohne das Problem der Dämpfe zu lösen. Es sollte daraufhin ein Gespräch zwischen beiden stattfinden, was nicht passiert ist. Ich wollte mir Hilfe bei meinem FA holen, dieser schickte mich wieder weg, er könne dazu nichts beisteuern. Am nächsten Tag rief mein Chef an, die Betriebsärztin hätte den korrigierten Bogen unterschrieben und bei ihm eingeworfen, ohne Rücksprache. Anmerkung war: Ich kann bedenkenlos alles mitarbeiten, ohne Einschränkung, ich soll nur nicht bis zu 5 kg heben/schieben. In meinen Augen (da ich drei Jahre Vorarbeiterin war), kennen sich beide nicht genügend aus um den Arbeitsplatz zu beurteilen, weswegen mich die Angst gepackt hat. Ich fragte ihn, ob jemand von außerhalb käme, er verneinte dies.
Niemand von meinen Vorgesetzten kann mir sagen, ob die Betten zu schwer zum schieben sind, ob die Dämpfe des Kohrsolins (Wischdesinfektion) die Grenzwerte übersteigen, da es nie überprüft wurde. Und keiner wird mir schriftlich versichern, dass ich mir von falsch gekennzeichneten Betten nicht doch etwas infektiöses zuziehen kann. Dies passiert täglich...
Nun habe ich das zuständige Amt über das Regierungspräsidium angerufen, ein MA sagte er käme diese Woche noch vorbei zur Besichtigung, was ebenfalls nicht passierte. Ich wünsche mir eigentlich nur eine kompetente, objektive Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes, von jemandem der sich auskennt und Mühe geben will...
Da mir die Sache keine Ruhe lässt: Darf ich rein rechtlich, bedenkenlos dort arbeiten? Wie ist ihre Einschätzung?
Vielen Dank
von
Samantha_K
am 19.11.2016, 10:23
Antwort auf:
Darf ich bedenkenlos in der Bettenaufbereitung einer Klinik arbeiten?
Hallo,
das kann nur der AG bzw das Gewerbeaufsichtsamt entscheiden. Wenn man dort nicht reagiert, würde ich es dringend machen und mich dort nochmals melden - zweitnah.
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 21.11.2016
Antwort auf:
Darf ich bedenkenlos in der Bettenaufbereitung einer Klinik arbeiten?
Das Regierungspräsidium hat zugesagt, diese Woche käme noch jemand vorbei zur Besichtigung. Dann würde ich da nochmal anrufen und nachfragen wer wann genau vorbeikommt und um eine Terminvereinbarung bitten. Vielleicht sagst du noch mal oder schreibst per mail an den MA worum es genau geht.
Zu dem Termin müßten der Vorgesetzte, die Hygienefachkraft des KKH und die Fachkraft für Arbeitssicherheit dazukommen, sowie der Betriebsrat und vielleicht jemand aus der Personalabteilung.
Es sind eine ganze Reihe von Dingen zu klären: Gewichte, (Schieben/Heben/Tragen), Bücken, Beugen, Infektionsgefährdungen, Sitzgelegenheit, CMR-Stoffe in Desinkfektionsmitteln, Raumtemperatur.
Dein Frauenarzt könnte/darf dir bis dahin ein vorläufiges Beschäftigungsverbot bis zur Klärung der Arbeitsbedingungen ausstellen. Entsprechende Vordrucke gibt es bei der Behörde, und das ist in solchen Fällen üblich. Das beschleunigt dann auch die Lösungsfindung.
Ich könnte mir vorstellen, dass du evlt die sauberen Betten beziehen könntest (wenn das überhaupt in der Abteilung gemacht wird) und in der Wäscherei kannst du auf der sauberen Seite eingesetzt werden. Man muss dir eine Sitzgelegenheit bereitstellen, oder wenigstens eine Stehhilfe, auch wenn du die meiste Zeit im Stehen und Gehen arbeitest. Die Betten alleine zu schieben, ist vermutlich zu schwer - das kann man prüfen.
Rechtlich gesehen darfst du dort jetzt NICHT arbeiten, denn ganz offensichtlich ist da einiges an Gefährdungen nicht berücksichtigt worden. Da aber die Behörde schon eingeschaltet wurde und sie das anscheinend nicht sofort abgestellt hat, musst du Montag früh sofort dort anrufen, oder dein Vorgesetzter.
Mitglied inaktiv - 19.11.2016, 10:39
Antwort auf:
Darf ich bedenkenlos in der Bettenaufbereitung einer Klinik arbeiten?
Mein Frauenarzt stellt mir kein BV aus, genauso wenig der AG, eine andere Frauenärztin hat mich wieder weggeschickt, nachdem ich sie gebeten habe mal über den Bogen zu schauen. Jeder schiebt die Verantwortung von sich. Am Montag soll ich nachdem ich lange krank war wieder arbeiten, mein Chef wird die Woche nicht da sein, wollte aber das ich mich noch weiter krank schreiben lasse, was ich nicht will, weil ich schon im Krankengeld hänge. Laut dem AG ist alles geregelt und ich kann ganz normal im Rahmen des MuSchG arbeiten, ohne besondere Arbeitsplatzänderungen.
Also für den AG ist alles abgeschlossen, aber für mich nicht. Kann ich wenigstens das arbeiten an Isobetten verweigern, bis der Herr vom Amt alles geprüft hat, oder bekomme ich womöglich Ärger?
Der Herr vom Amt sagte nur, er ließe mir eine Kopie da, ich müsse nicht dabei sein. Er würde sich telefonisch auch nicht mehr bei mir melden.
von
Samantha_K
am 19.11.2016, 11:48
Antwort auf:
Darf ich bedenkenlos in der Bettenaufbereitung einer Klinik arbeiten?
Diese Frage würde ich dem Sachbearbeiter der Behörde am Montagvormittag nach Arbeitsbeginn telefonisch stellen. Du kannst dich aber auch zusätzlich an deinen Betriebsrat wenden, denn auch der ist für Fragen des Arbeitsschutzes mit verantwortlich. Wenn der Behördenmitarbeiter die Gefährdungsbeurteilung und den Arbeitplatz überprüft hat, kannst du schon persönlich nach dem Ergebnis fragen.
Solltest du weiter in der Bettenreinigung arbeiten, ist es wichtig dass du Handschuhe trägst und die Hygienemaßnahmen beachtest.
Mitglied inaktiv - 19.11.2016, 12:14
Antwort auf:
Darf ich bedenkenlos in der Bettenaufbereitung einer Klinik arbeiten?
Es ist richtig, dass der Frauenarzt deswegen kein individuelles BV ausstellen darf. Er dürfte dich aber, wenn er möchte, vorläufig bis zur Klärung der Fragen mit BV freistellen. Das ist eine Sonderregelung und wäre nur für recht kurze Zeit. Du kannst das aber nicht verlangen, es liegt in seinem Ermessen. Der Gefährungsbogen hat den Frauenarzt nicht zu interessieren.
Ich habe dir die Ansprechpartner alle genannt, bitte wende dich mit Nachdruck an die verantwortlichen Personen, auch die in deinem Betrieb.
Mitglied inaktiv - 19.11.2016, 12:18