Liebe Frau Schuster, ich bin ziemlich ratlos und wende mich darum an Sie. Mein Freund und ich betreuen unseren Sohn, jetzt genau 6 Monate, von Beginn an gemeinsam, seit 2 Monaten tageweise abwechselnd, je nachdem, wer von uns arbeitet (beide 20 Stunden). Mein Freund reagiert sehr sensibel auf unseren Sohn und kennt ihn gut und aufgrund dieser Aufteilung besprechen wir jede Entscheidung bezüglich unseres Sohnes gemeinsam. Das ist wunderschön, birgt aber auch Konflikte. Eine Frage, wo wir komplett unterschiedlicher Meinung sind, ist die, den Kleinen abends mitzunehmen, wenn wir eingeladen sind. Vor ein paar Wochen haben wir mit der Einführung des Abendbreis begonnen, den Kleinen an feste Essenszeiten zu gewöhnen und damit auch ans Ins-Bett-Gehen. Das alles klappt reibungslos. Wir haben ein schönes Abendritual gefunden: Um ca. 7 Uhr bekommt der Kleine in der Küche mit gedämpftem Licht und einer Kerze auf dem Tisch seinen Brei und eine Teeflasche. Dabei wird er ruhig und läßt sich anschließend nach einer Schmuseviertelstunde wach ins Bettchen legen. Dort knuddelt er sich mit Schnuller und seiner Stoffwindel in den Schlaf. Die Nächte waren seit dem Brei tagelang ruhig, seit einiger Zeit aber sind sie unruhiger. Der Kleine wacht nach 2, 3 Stunden auf, möchte aber nur seinen Schnuller, den er verloren hat. In der zweiten Nachthälfte fängt er immer wieder an zu weinen, läßt er sich neuerdings kaum mehr beruhigen, den Schnuller lehnt er wütend ab. Wir wissen nicht, was seine Unruhe verursacht. Auf den Arm genommen, stemmt er sich mit geschlossenen Augen und jämmerlich weinend von uns weg. Irgendwann wird er wacher und sieht sich um oder er beruhigt sich, wenn wir mit ihm auf und ab gehen und flüsternd mit ihm reden, und nach einiger Zeit können wir ihn wieder ins Bett legen. Das ganze wiederholt sich manchmal bis zu 4x. Gerade auch aus diesem Grund möchte ich gerade so wenig Aufregung wie möglich in seine Abläufe bringen. Wir haben vor einigen Wochen noch eine Erfahrung gemacht: Wir waren im eigenen Ferienhäuschen und legten den Kleinen zum Schlafen in ein Reisebettchen (das er nicht kannte). Nachts wachte er schreiend auf und sah sich mit aufgerissenen Augen ganz irritiert um. Er betastete die fremdartigen Wände seines neuen Bettchens und steigerte sich in jämmerliches Weinen, das sich nicht beruhigen ließ. Ich fand das Erlebnis sehr mitleiderregend und schließe daraus, dass er sich in ungewohnter Umgebung irritiert fühlt. Nun haben wir neulich abend zum ersten Mal eine Einladung wahrgenommen, zu der wir den Kleinen mitnahmen - obwohl ich sehr zwiespältig war. Das lief so ab: Schlafanzug an, Füttern wie gewohnt in Ruhe mit Kerzchen, der Kleine schlief danach sogar auf meinem Arm ein; im Autokindersitz den kurzen Weg transportiert, bei den Freunden stellten wir ihn im Sitz schlafend ins dunkle Nebenzimmer, Tür leicht geöffnet. Nach 2 Stunden wachte er auf, wir haben gleich reagiert. Sein Weinen steigerte sich aber sehr stark und er reagierte wie oben beschrieben. Nach dem Beruhigen sah er sich aufgeregt um und ich brachte ihn zu uns an den Tisch (nur drei Leute), damit er auch seinen Papa als Vertrauten sehen konnte. Dort saß der Kleine an mich gekuschelt dabei und fing bald auch an zu lächeln. Statt zu gehen, blieben wir (was ich nicht gut fand) noch eine Stunde. Der Kleine begann, inzwischen ganz wach, auf unserem Schoß zu spielen und drehte wieder ziemlich auf. Auf dem Heimweg schlief er wieder im Auto ein - und wachte beim Herausnehmen, Wickeln und ins Bett legen abermals auf. Ab da war die Ruhe vorbei. Er begann fürchterlich zu weinen und fand nicht mehr in den Schlaf. Die Schreianfälle wiederholten sich in dieser Nacht noch 4 Mal. Mir ging das sehr nahe, denn ich denke, dass der Kleine sehr verwirrt war und ich finde nicht richtig, ihn nachts mehrmals (durchs Umbetten vom Schlafenlegen woanders ins Auto und wieder ins Bettchen zuhaus) aus dem Schlaf zu reißen. Ich denke, das muß nicht sein, bis er bewußter wahrnimmt, wo "zuhause" und wo "fremd" ist. Mein Freund denkt anders. Er glaubt, das Schreien hatte einen anderen Grund und wir würden dem Kleinen keineswegs schaden mit solchen Ausflügen, sondern ihn Flexibilität lehren. Er ist sehr empfänglich für die Signale unseres Babys, daher verstehe ich diese Interpretation nicht. Vielleicht liege ja auch ich falsch. So gut wir uns sonst abstimmen - hier finden wir keinen Konsens. Die nächsten Einladungen stehen vor der Tür. Was können wir tun? Ich würde das nächste Mal meinem Freund nicht "verbieten", unseren Sohn mitzunehmen, wenn er es für richtig hält. Ich sehe aber für mich keine andere Lösung, als selbst nicht mitzugehen. Denn mich belastet die Situation zu sehr und das regt den Kleinen sicher noch mehr auf. Können Sie mir raten? Wo können wir unseren Konsens finden? Dieser Dissenz stört auch sehr die Harmonie zwischen meinem Freund und mir. Ich glaube, ihm bedeutet das vielleicht auch soviel, weil er Angst hat, zuviel von seiner "Freiheit" aufzugeben. Wenn wir zu zweit ausgehen, paßt meine Mutter auf und damit ist mein Freund auch sehr einverstanden. Ich bin hier wirklich ratlos. Ich bin Ihnen sehr dankbar! Herzliche Grüße Cara
Mitglied inaktiv - 21.11.2002, 16:23