Mein Sohn (4) sagte was sehr Seltsames. Einschätzung erbeten

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Mein Sohn (4) sagte was sehr Seltsames. Einschätzung erbeten

Sehr geehrte Frau Ubbens, letzte Woche Donnerstag saß mein grad 4 Jähriger Sohn im Planschbecken und ich saß davor. Wir unterhielten uns über dies und das und die Stimmung war ausgeglichen. Es gab auch davor keinen mir erinnerlichen Streit oder Missstimmung. Da sagte er aus dem Nichts heraus "Mama ich will dass Du tot bist". Er sagte das auch ganz unbeteiligt und eher lächelnd. Ich war erstmal perplex und fragte ihn "Du willst wirklich dass ich sterbe?" Da sagte er ganz trocken "Ja". Ich habe dann gemeint, dass ich das sehr schade fände, denn dann könnte ich mich ja nicht mehr um ihn kümmern. Daraufhin meinte er. "Ja, aber vorher sollst Du noch ein Baby bekommen und dann sterben". Ich habe dann gesagt, dass das keinen Sinn machen würde, denn dann würde ich mich ja auch um das Baby nicht kümmern können. Da sagt er "Ja, und dann bekommen wir eine neue Mama. Die sieht dann genauso aus wie Du, die langen Haare und auch mit Kappe auf dem Kopf" (ich hatte ein Basecap auf in dem Moment in dem er das sagte). Ich habe dann nur möglichst ruhig gesagt (innerlich war ich total aufgewühlt aufgrund der Rede meines Sohnes) dass ich das nicht schön finde was er sagt und dass mich das traurig macht und ich lieber bei ihm und Papa bleiben möchte (mein Sohn ist Einzelkind). Er meint dann, dass er das nur aus Spaß gesagt und nicht ernst gemeint habe. Wie schätzen Sie das ein? Warum sagt er sowas zu mir? Was könnte der Grund sein? Zum Hintergrund: Mein Sohn ist eher ein ruhiges Kind, sehr anpassungsfähig und recht vernünftig. Für sein Alter ist er sowohl sprachlich als auch in der sozalen Kompetens und vom Auffassungsvermögen her überdurchschnittlich weit und intelligent (Aussage diverser Stellen wie SPZ, KiA, Erzieherinnen usw). Über den Tod haben wir schon ab und an mal kurz gesprochen, aber es gibt derzeit in unserem Umfeld keinen aktuellen Fall. Auch scheint ihm das Thema mehr oder weniger egal zu sein. Nur selten fragt er mal was wie zB "die Uroma ist doch im Himmel wo man hinkommt wenn man stirbt?" Oder wenn zB im Buch vom Hävelmann dieser durch den Himmel fährt hat er mich gefragt ob der denn gestorben sei usw. Also das Thema ist für ihn glaube ich nicht mit etwas Negativem behaftet. Aber er weiss auch, dass man nicht wiederkommt wenn man einmal tot ist und so. Wir beide haben ein besonders inniges Verhältnis und er ist auch sehr anhänglich (kann zB schlecht alleine in einem Raum sein, braucht jemanden zum Einschlafen an seiner Seite, wacht auch nachts noch auf und ruft nach mir, liess sich als Baby nicht ablegen (Frühchen 30+0), hat Angst vor dem Alleinsein und reagiert panisch wenn er uns ruft und wir nicht direkt antworten und dabei nicht in seinem Sichtfeld sind). Er sagt oft abends dass er Angst hat (diverse Gründe werden dann genannt, zB dass ein Blitz einschlägt, ein wildes Tier in sein Zimmer kommt, er schlecht träumt - was laut seiner Aussage fast jede Nacht so sei und er deshalb immer sagt er will nichts träumen). Ehrlich gesagt, hat er mit dieser Aussage ("dass ich sterben soll nachdem ich ein Baby bekommen habe und dann eine neue Mama kommen soll") ganz genau meinen Nerv getroffen und quasi meine konkreten Ängste - die ich schon seit über einem Jahr in mir trage- in Worte gefasst. Es ist nämlich so, dass wir gerne ein Baby (Geschwisterchen) für ihn hätten- gesundheitlich es bei mir aber eine Risikoschwangerschaft wäre und ich mir schon Sorgen mache, ob das alles so gut gehen würde. Direkte Gefahr für mein Leben bestünde dabei zwar nicht, aber ich bin ein ängstlicher Mensch und male mir in Gedanken oft die schlimmsten Dinge aus. Ich habe auch selbst große Angst vor dem Tod. Das lasse ich mein Kind aber keinesfalls spüren, auch sage ich solche Dinge nicht zu ihm. Das Einzige was er weiss ist, dass wir gerne noch ein Baby hätten und ich es schade finde dass er bisher Einzelkind ist und es schön fände wenn er ein Geschwisterchen zum Spielen hätte. Darüber hatten wir uns am Tag vor seiner Äußerung noch unterhalten. Jetzt ist natürlich auch wieder Angst in mir aufgestiegen dahingehend, dass man Kindern ja nachsagt eine Art siebten Sinn zu haben und auch Dinge vorhersehen oder vorausahnen zu können im weitesten Sinne. Mich macht die Situation wirklich nachdenklich und unsicher. Daher habe ich ihn gestern nochmal darauf angesprochen (ja ich weiss, das war nicht so klug). Er hat mir dann gesagt, das hätte er nur im Scherz gesagt. Dass er dann eine neue Mutter bekommt die genauso sein soll wie ich hat er deshalb gesagt weil er mich doch so sehr lieb hat und nur genau so eine Mama haben will wie mich und keine andere. Und dass ich vorher noch ein Baby bekommen soll hat er so begründet, dass wenn ich dann gestorben sei ja dann schießlich ein Baby da sei und somit eine neue Mutter kommen MUSS um sich zu kümmern und dass dann ja auch er nicht alleine bleiben müsse. Also scheinbar alles sehr gut durchdacht? Trotzdem verstehe ich nicht warum er das gesagt haben könnte. Es macht mich richtig fertig. Danke fürs Lesen und vielleicht haben Sie ja eine mögliche Erklärung viele Grüße Christina S.

von tinaleinchen am 06.07.2015, 09:33



Antwort auf: Mein Sohn (4) sagte was sehr Seltsames. Einschätzung erbeten

Liebe Christina, Kinder kommen mit vielen Themen in Berührung, bei denen sie die Erklärungen mit 4 Jahren gut nachvollziehen können. Beim Thema Tod hören sie, dass der Verstorbene nicht mehr da ist und nicht wieder kommt. Verstehen können Kinder es in dem Alter i.d.R. aber nicht. Was heißt nie wieder? Meist sind Kinder mit 4 Jahren noch nicht in Berühung mit dem Thema Tod gekommen oder jemand gut bekanntes ist ins Ausland gezogen und wird (so schnell) nicht wieder kommen. Auf der anderen Seite ist es für Kinder ganz selbstverständlich, dass die Menschen und Tiere sterben, i.d.R. haben sie keine Angst vor dem Tod und dem Umgang damit. Ihr Sohn ist diesbzgl. gerade in der Findungsphase. Er bastelt sich ein Szenario, um für sich das Thema zu verstehen. Dass Sie die "Leittragende" waren, hat er nicht persönlich gemeint, Sie kommen ja in Person der anderen Mutter wieder. Vielleicht besorgen Sie sich ein Buch aus der Bücherei oder Buchhandlung zu dem Thema und lesen dies gemeinsam mit Ihrem Sohn. Es gibt mittlerweile gute Kinderbücher, die sich mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Evtl. beantwortet das eine Menge Fragen Ihres Sohnes. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 06.07.2015