Lieber Herr Posth
Vielen Dank für Ihre Antwort bezüglich schreien lassen. Was passiert denn im Gehirn genau beim schreien lassen? Was zerstört es da? Und welche Zusammenhänge gibt es zwischen ferbern und späterem ADHS und Agressivität? Ich kenne geferbte Kinder und auf mich wirkten sie eher als ob sie sich der Situation angepasst hätten. Kommt das später zum Vorschein? Eines kenne ich, welches nun immer überall davonläuft und nicht nach der Mutter schaut, auch in der Spielgruppe hat es ihn keineswegs interessiert ob die Mutter beim ersten Mal noch da war oder nicht. Unser Kleiner, 16 Monate, hat gerade gelernt auf die Dinge zu zeigen, wenn er etwas will. Ebenso wenn er stillen will. Ich stille nach Bedarf (nebst Familienkost) und will es nicht auf zu Hause beschränken, da er auch auswärts fast nur so einschläft. Aber wie kann ich ihm nun zunehmend erklären, wenn ich in einer bestimmten Situation nicht stillen möchte (Einkaufen, Krabbelgruppe,usw.)? Was versteht er?
von
manzanillo12
am 11.11.2013, 09:12
Antwort auf:
Schreien
Hallo, es gibt inzwischen verschiedene Studien, die belegen können, dass spätere ADHS-Kinder unruhige und viel schreiende Säuglinge gewesen sind. Über die ADHS-Seiten im Internet können Sie Zitate finden. Es ist tatsächlich so, dass diese Verhaltensstörungen sich erst später herausstellen, wobei sich aber schon sehr viel früher Anzeichen ausmachen lassen. Ich versuche in meinem 2. Buch "Gefühle regieren den Alltag" diese frühen Anzeichen als Beziehungsstörungen zu identifizieren. Denn hat man das Problem erkannt und steuert rechtzeitig und richtig dagegen, lässt sich viel verhindern.
Ständig davon laufende Kinder und scheinbar sehr selbstständige sind häufig solche, die Vemeidungsstrategien erlernt haben, und die vermeidende Bindung gilt als ein Risikofaktor für ADHS.
Es ist zu kompliziert und führt zu weit zu erklären, was sich da alles im Gehirn des Kindes zuträgt. Nur eins ist relativ einfach und das ist die schlechte synaptische Verschaltung der Neuronen im so genannten Belohnungssystem. Ursache ist (neben einer vermuteten Veranlagung und ungünstigen intrauterinen Einflüssen) der negative Stress. Folglich wirken später Ritalin und Methylphenidatpräparate stark verbessernd, weil sie die synaptische Verschaltung optimieren. Das gilt im Übrigen auch für psychisch gesunde Menschen, die das Präparat zur Leistungssteigerung benutzen können.
Zum Stillen: noch versteht Ihr Sohn nicht, warum Sie ihn plötzlich, d.h. in aller Öffentlichkeit, nicht stillen wollen oder können. Entweder finden Sie dann ein stilles Eckchen, wo es doch geht oder Sie müssen die offensive Stillvariante wählen. Erst im Laufe des 3. Lebensjahres, also nach dem 2. Geburtstag, kann er ein Regelprinzip langsam verstehen und auch ohne all zu großen Protest akzeptieren. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 14.11.2013