Aus finanziellen Gründen werde ich ab Mitte Oktober wieder halbtags arbeiten gehen. Ich würde gerne dann meine Tochter, die dann ein Jahr alt ist für 2-3 Stunden täglich in den Kindergarten bringen. Danach würde sie von mein Mann oder meine Schwiegereltern betreuen bis ich mittags wieder da bin. Wird sie davon psychischen Schaden davon tragen, oder wäre das OK? Da sie ohne Geschwister aufwächst, fände ich es schon gut, wenn sie mit anderen Kindern in Kontakt käme und richtiges Sozialverhalten lernen würde. Oder ist das noch zu früh?
Mitglied inaktiv - 06.07.2009, 16:57
Antwort auf:
Kindergarten ab einem Jahr
Stichwort: Fremdbetreuung
Hallo, die Problematik der frühen Fremdbetreuung ist entwicklungspsychologisch viel schwieriger, als man meint. Und vor allem, als man es in der Sozialpolitik gerne hätte und dann so verbreitet. Ohne psychische Traumatisierung geht es nur über das Ersatzbindungsverfahren. Das heißt, das Kind muss Zeit und Gegelegenheit haben, sich mit dem ihm eigenen Tempo an seine neue Betreuungsperson zu gewöhnen und eine Bindung zu ihr aufzubauen. Das liegt daran, dass Kinder bis 1 1/2 Jahre noch kein stabiles eigenes Selbst besitzen und bis gut 3 jahre dieses Selbst erst unter Spannung und Widerstand aufbauen müssen. Das wird aber in der Sozialpolitik vollkommen übergangen, weil es bedeuten würde, dass, wenn überhaupt frühe Fremdbetreuung, diese ganz behutsam angebahnt werden muss, was enorme Kosten verursacht (ausgeklügeltes Tagesmutterprinzip). So werden schon Einjährige einfach in kleine altersgemischte Gruppen hineingestopft und wechselnden Betreungspersonen ausgesetzt, die obendrein wenig oder keine Ekenntnisse oder Erfahrungen in der Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern besitzen. Diese Kräfte sind natürlich viel billiger.
Wenn Sie also frühe Fremdbetreuung in Anspruch nehmen müssen, dann achten Sie bitte darauf, dass die sanfte Ablösung praktiziert wird und dass eine feste Bezugsperson ihr Kind die ganze Woche betreut. außerdem müssen die Entwicklungsbedingungen eines jungen Kleinkindes absolut beachtet werden, auch wenn es im Einzelfall anstrengend für die Betreuerin ist. Sozialkontakt mit vielen anderen Kindern und Erbprobung des Sozialverhaltens sind Schritte des 3. Lebensjahres. Vorher zählt im natürlichen Fall einzig die Familie, auch wenn es (noch) keine Geschwister gibt. Daher ist die erste und wichtigste Aufgabe für den Sozialstaat die Stützung und Unterstüzung der Familie. Viele Grüße
PS. siehe gleichlautetendes Stichwort im gezielten Suchlauf.
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 10.07.2009