Frage: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Lieber Dr. Posth, folgende Situation stellte sich gestern nacht: Ca. 2 Uhr wurde meine 7 Wochen junge Tochter munter, nach dem Trinken löste ich sie von der Brust, weil ich mit einem nuckelnden Kind nicht schlafen kann (schlafe sehr leicht und bin da sehr empfindlich beim Einschlafen). Sofort brüllte sie los, ließ sich auch durch erneute Anlegeversuche - hätt ja doch noch Hunger sein können - nicht beruhigen. Ich ging mit ihr ins Wohnzimmer, streichelte sie, massierte den Bauch - sie brüllte und brüllte. Und ich merkte, wie die Wut in mir hochstieg (bin jähzornig) und konnte mich grad noch zusammenreißen sie nicht anzubrüllen sondern nur "anzuzischen" - naja, was man dann so sagt -"sie solle endlich aufhören, ich wöllte schlafen, sie solle still sein...." Das bringt natürlich nix, aber ich weiß auch, dass ich in ähnlichen Situationen wieder so reagieren werde, ich bin halt kein Mensch mit ruhigem Gemüt. Sie schrie dann bei Papa auf dem Arm bis um 4. Auch er konnte nicht helfen - es waren keine Blähungen, nicht die Windel, kein Hunger... So - nun interessiert mich, ob es in solchen Fällen nicht doch besser (oder zumindest nicht schlechter) ist, das Kind schreien zu lassen - denn was lernt es denn, außer dass ihm ja doch niemand helfen kann. Was für eine Art Vertrauen soll da entstehen - Mama/Papa ist zwar da aber letztlich bin ich ja doch alleine mit meinem Problem - ? Ist es dann nicht entäuscht über seine Eltern? Ich seh den Unterschied nicht ganz, das Kind schreit ja auch nicht anders (zumindest meine Tochter), als wenn es alleine wäre. Hab ich nicht das Recht, nach einer Stunde Schreiorgie verzweifelt das schreiende Kind hinzulegen und mir auch mal "Ruhe" zu gönnen? Ist vielleicht etwas provokant, die Situationen kommen ja sehr selten vor, aber es gibt sie, solche, in denen man anscheinend nicht helfen kann und das Kind 2 Stunden lang schreit. Nun ja, bin gespannt auf Antwort

Mitglied inaktiv - 26.05.2004, 09:27



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, alle Ihre Emails drehen sich um das Thema "Schreibaby". Im ersten Kapitel meines Langtextes zum emotionalen Bewußtsein mit dem Titel "Urangst und Schreien" versuche ich zu erklären, woher dieses Schreien kommt. Daß es eben kein wütendes "Anschreien" seiner Eltern ist und keine irgendwie außer Rand und Band geratene Selbstregulation. Sondern daß dieses Schreien Ausdruck von höchster Not und Panikgefühlen ist. Daher verbietet es sich, sein Kind in diesem Moment allein zu lassen. Das ist genauso, als wenn Sie, falls Ihr Kind später einmal im Krankenhaus liegt und vor der notwendigen Operation plötzlich große Angst bekommt, nach Ihnen ruft und sich an Sie klammert, Sie hinaus gehen mit dem Argument: ich kann mit Deiner Angst nicht umgehen. Natürlich findet in der Nacht im Elternschlafzimmer kein Dialog statt, denn das Baby kann nicht sprechen und Sie sind voller Gereiztheit und Wut, daß Sie nicht schlafen können. Aber jetzt hinaus gehen und verschnaufen, bedeutet die Kapitulation vor der Schwäche, der Ihr Kind erliegt, hinaus gehen in einem Moment, in dem es seine Eltern am meisten braucht. Es geht ja nicht ums Zuhören, sondern nur ums "Da-sein" und einfühlsam Reagieren. Dieses Reagieren, besser, solange das Baby nicht fremdelt, zu zweit und in Abwechslung, muß voller Intuition und Mitleid sein und muß alles vergessen lassen, was einmal mit einem selbst passiert ist. Denn die ungeheure Wut, die man dann hat, rührt nur daher, daß mit einem selbst höchstwahrscheinlich in derselben Situation vor etlichen Jahren ganz anders verfahren wurde, getreu den alten Erziehungsprinzipien, Schreien macht starke Lungen. Heute zeichnet sich aber ab, daß Schreien in der Säuglingszeit der synaptischen Verschaltung der Hirnnervenzellen nachhaltig schadet. Außerdem wird der Aufbau einer stabilen primären Bindung behindert mit dem Ergbnis einer unsicheren Bindung. Diese wiederum ist ein höheres Risiko für die sich anschließende psychosoziale Entwicklung und den Persönlichkeitsaufbau. Alles in meinem Langtext nachzulesen. Dort auch Tipps für den konkrten Umgang mit Schreibabys. Es ist natürlich immer richtig, sich über seine Gefühle in diesen Momenten Klarheit zu verschaffen und diese auch auszusprechen. Wenn man aber spürt, daß man es alleine nicht mehr schafft, dann sollte man sich unbedingt an eine sogenannte Schreiambulanz wenden, die es inzwischen an vielen Universitätskliniken und größeren Kinderkrankenhäusern gibt. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 28.05.2004



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, diese Unzufriedenheit kenne ich von meiner Tochter (jetzt 10 Monate) auch ... Wie Du hatte ich auch festgestellt, dass es ihr offensichtlich "egal" ist, ob ich da bin oder nicht ... Ich hab dann ausprobiert, sie allein liegen zu lassen und wieder in den Arm zu nehmen und wieder hinzulegen ... Zwar weiß ich es nicht genau, aber ich glaube, egal wie es den Anschein hat, für das Kind ist es gut zu spüren, da ist jemand ... Dass derjenige nicht jedes "Problem" lösen kann, ist vielleicht gar nicht nötig und schlimm - Hauptsache das Kind fühlt sich nicht allein ... Ich denke, das einzige was zählt ist, dass das, was man dann tut, gerne macht ... und wenn Du merkst, dass Du damit nicht gut umgehen kannst, ist es sicher besser, Du legst sie hin und sitzt Dich nur an ihr Bett oder Dein Mann kümmert sich ... Am Ende muss man nach seinem Bauchgefühl handeln ... dann liegt man sicher nie verkehrt ! Grüße Andrea

Mitglied inaktiv - 26.05.2004, 10:48



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, ich vermute deine Kleine hat ihre erste Entwicklungsphase. Davon gibt es sehr viele im ersten Lebensjahr. Das sind dann Phasen, in denen die Kleinen sehr viel Neues auf einmal verstehen lernen, was wie eine Reizüberflutung auf sie wirkt, d.h. sie schreien oft scheinbar grundlos, sind sehr quengelig, egal was man macht, trinken oder essen nicht gut oder machen Faxen dabei und können plötzlich nicht mehr gut einschlafen, auch wenns vorher problemlos ging. Solche Phasen dauern einige Tage, danach ist wieder alles viel ruhiger! Daran kannst du ja denken, wenn deine Kleine phasenweise quengelt oder schreit. Da wir eine sehr ausgeglichene, gutgelaunte Tochter haben, merke ich es immer ganz deutlich, wenn sie eine 'Phase' hat. Das strapaziert auch meine Geduld und Gemüt und ist sehr nervig. Aber ich glaube auch, so wie Andrea dir schon geschrieben hat: sie merkt es, ob sie allein ist oder nicht! Und ich glaube schon, dass es sich für später auszahlt, wenn du sie nicht alleine schreien lässt. Sie wird dann später wahrscheinlich weniger schreien, wenn sie das Vertrauen gewonnen hat: es ist immer jemand da, wenn es mir nicht gut geht. Und wenn sie schreit, geht es ihr wirklich nicht besonders gut. Auch wenn scheinbar nichts sichtbar ist (Windel usw.) es kann ja mental sein (Überforderung, Reizüberflutung..). Also so für 5 Minuten mal rausgehen aus dem Zimmer und durchatmen, das habe ich auch mal gemacht, wenn ich merkte meine Nerven liegen blank. Gut ist in diesen Fällen auf jeden Fall eine Art 'Beruhigungsritual'. Also d.h. wenn sie schreit immer das selbe mit ihr machen, z.B. immer das selbe Lied vorsingen, immer die selben Bewegungen. Auch wenn man meint, es nutzt gar nichts: Sie wird sich daran erinnern! Später hat man es dann leichter, wenn man einfach dieses Programm abspult, was sie kennt. Versuche es auch einmal mit dem Schnuller. Wir hatten anfangs auch keinen, aber sie hat ihn dann mit 8 Monaten plötzlich doch gewollt und er beruhigt sie auch! Du sagtest ja, dass sie auch nuckeln wollte bei dir. Da wäre ein Schnuller sicher auch ein guter Ersatz, falls du das noch nicht probiert hast. alles gute! Simone

Mitglied inaktiv - 26.05.2004, 20:16



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, ich vermute deine Kleine hat ihre erste Entwicklungsphase. Davon gibt es sehr viele im ersten Lebensjahr. Das sind dann Phasen, in denen die Kleinen sehr viel Neues auf einmal verstehen lernen, was wie eine Reizüberflutung auf sie wirkt, d.h. sie schreien oft scheinbar grundlos, sind sehr quengelig, egal was man macht, trinken oder essen nicht gut oder machen Faxen dabei und können plötzlich nicht mehr gut einschlafen, auch wenns vorher problemlos ging. Solche Phasen dauern einige Tage, danach ist wieder alles viel ruhiger! Daran kannst du ja denken, wenn deine Kleine phasenweise quengelt oder schreit. Da wir eine sehr ausgeglichene, gutgelaunte Tochter haben, merke ich es immer ganz deutlich, wenn sie eine 'Phase' hat. Das strapaziert auch meine Geduld und Gemüt und ist sehr nervig. Aber ich glaube auch, so wie Andrea dir schon geschrieben hat: sie merkt es, ob sie allein ist oder nicht! Und ich glaube schon, dass es sich für später auszahlt, wenn du sie nicht alleine schreien lässt. Sie wird dann später wahrscheinlich weniger schreien, wenn sie das Vertrauen gewonnen hat: es ist immer jemand da, wenn es mir nicht gut geht. Und wenn sie schreit, geht es ihr wirklich nicht besonders gut. Auch wenn scheinbar nichts sichtbar ist (Windel usw.) es kann ja mental sein (Überforderung, Reizüberflutung..). Also so für 5 Minuten mal rausgehen aus dem Zimmer und durchatmen, das habe ich auch mal gemacht, wenn ich merkte meine Nerven liegen blank. Gut ist in diesen Fällen auf jeden Fall eine Art 'Beruhigungsritual'. Also d.h. wenn sie schreit immer das selbe mit ihr machen, z.B. immer das selbe Lied vorsingen, immer die selben Bewegungen. Auch wenn man meint, es nutzt gar nichts: Sie wird sich daran erinnern! Später hat man es dann leichter, wenn man einfach dieses Programm abspult, was sie kennt. Versuche es auch einmal mit dem Schnuller. Wir hatten anfangs auch keinen, aber sie hat ihn dann mit 8 Monaten plötzlich doch gewollt und er beruhigt sie auch! Du sagtest ja, dass sie auch nuckeln wollte bei dir. Da wäre ein Schnuller sicher auch ein guter Ersatz, falls du das noch nicht probiert hast. alles gute! Simone

Mitglied inaktiv - 26.05.2004, 20:18



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

hi dein posting hört sich ziemlich hart und genervt an und ehrlich gesagt, kann ich mir kaum vorstellen, dass ich als mutter meinen schreienden säugling nicht helfen bzw. beruhigen kann (ausser das kind ist ernsthaft krank natürlich). meine tochter ist mittlerweile 13 monate alt und nervt mich manchmal auch gewaltig (z.b. habe ich seit mehr als 13 monaten keine nacht mehr durchgeschlafen), habe aber gemerkt, je schlechter meine laune ist, je genervter ich bin, desto anhänglicher und launischer und nerviger ist auch sie. deshalb versuche ich nun, in stressigen situationen, trotzallem ruhe zu bewahren, was mir oft gelingt, denn ich möchte auf keinen fall mein kind anschreien (was aber natürlich leider auch schon passiert ist), oder es sogar in seinem elend alleine lassen, was die situation nur verschlimmern würde. wenn du versuchst, ruhe zu bewahren und dass bist du deinem kind meiner meinung nach schuldig, dann wird sich diese ruhe automatisch aufs kind übertragen, wodurch es sich dann auch beruhigen wird. anders gesagt, könnte dein baby ja schreien bzw. sich nicht beruhigen lassen, weil es merkt, dass es dir gerade lästig ist, sich nicht sicher fühlt und in seiner not sich erst recht nicht mehr beruhigen lässt. ausserdem find ich, sollte man jähzornigkeit nicht einfach so hinnehmen, dagegen kann man nämlich etwas tun. oder was muss denn dein kind erwarten, wenn es wirklich mal etwas schlimmes anstellt?!? kann sein, dass du dich jetzt einwenig angegriffen fühlst von mir, bitte sei mir nicht böse deshalb, ich kenne dich ja nicht. weiss somit auch nicht ob ich richtig liege kann ja nur beurteilen, was du geschrieben hast..... lg veralynn

Mitglied inaktiv - 26.05.2004, 21:43



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo veralynn, ich bin keineswegs böse, ich weiß ja auch um mein Problem. Ich habe selber unter meiner jähzornigen Mutter gelitten, daher weiß ich, wie man sich als Kind fühlt und es kommt (zum Glück) nur sehr selten vor, dass ich diese Veranlagung spüre und bekomm das in der Regel auch in den Griff. Nur nachts um 3 nach 1/2 Stunde Dauerschreien fällt es mir schwer. Deswegen hatte sie ja dann auch der sehr ruhig veranlagte Papa, aber auch da schrie sie noch 1 Stunde weiter. Du siehst: Es gibt Momente, da kann man ein schreiendes Baby anscheinend nicht beruhigen. Ich wollt ja nur wissen, ob das nicht auch schadet, wenn das Baby merkt, dass die anwesenden Eltern genauso hilflos sind, wie es selber. Oder ob dann die pure Anwesenheit ausreicht, auch wenn es schreit. LG

Mitglied inaktiv - 26.05.2004, 22:35



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo,ich denke nicht das ein Baby merkt die Eltern sind hillos,aber es merkt wenn niemand da ist,die Haut ist eins der wichtigsten Sinnensorgane in diesem Alter.Mein Tochter ist sehr friedlich(im Ggensatz zu Erstgeborenen)hat aber 3mal gut 3h geschrien,ohne ersichtlichen Grund,ich konnte sie nicht beruhigen.Leider muß ich auch zugeben,ich bin auch ein Mensch der schnell die Gedult verliert,aber ich lerne mit meine Kinder,was anderes bleibt mir auch nicht übrig,wenn es nicht für alle die Hölle auf Erden werden soll und ich mußte hart an mir arbeiten. Es steht dir natürlich zu,das Kind in liebevolle Hände beim schreien abzugeben(was du ja auch gemacht hast),aber allein zu lassen und dann?? Viele sagen es muß einiges verarbeiten,ich bin da geteiler Meinung,bei uns hat Staubsaugen mit Baby im Tragetuch wundergewirkt,allerdings bevor sie sich richtig einschrie,tragen hilft sowieso vorbeugend.Ich konnte das schreien hat gut "vertragen",wenn sie im Tragetuch war und ich ganz normal weitergearbeitet habe(was vielleicht bei dir Nachts wenn du mit mehrern Familien zusammen wohnst nicht ganz so einfach ist).Oder Popo nackt machen und eine Heizlüfert/Fön in der Nähe anmachen und lieb auf das Baby eireden und streicheln.Ich muß sagen ich kann dich verstehen,doch hab ich kein negativen Gefühle mehr wenn meine Kleine schreit,weil ich weiß wie hilflos sie ist und wie schnell die Zeit vergeht.Übrigens glaub ich nicht es,das mir nach einer gewissen Zeit "Ruhe" zusteht. Alles Gute für euch

Mitglied inaktiv - 27.05.2004, 08:36



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, eine fachlich fundierte Auskunft wirst Du ja noch von Dr. Posth bekommen. Ich kann mich dem Tenor der anderen Mütter nur anschließen, daß ein nicht wirklich helfen könnendes Anwesensein mit Sicherheit unendlich besser ist, als allein zu lassen. Noch sehr oft wird die Kleine in Situationen schreien, in denen Du nicht wirklich helfen kannst. Selbst beim Zahnen oder Krankheit kannst Du vielleicht lindernd eingreifen, aber oft nicht wirklich helfen. Trotzdem wird Deine Anwesenheit tröstend sein. Wenn Deine Kleine trotz Trost weiterschreit, kommst Du Dir vor, als könnest Du nicht helfen. Aber tief in ihrem Inneren wird durch Dein tröstendes Verhalten ein Vertrauen gebildet, das mit Alleinelassen niemals entstehen würde. Die Kleinen haben von Anfang an sehr feine Antennen. Wenn ich aus irgendwelchen Gründen (die mit der Kleinen gar nichts zu tun haben mußten) mal genervt war, spürte sie dies sofort und ihr Verhalten wurde dementsprechen, sie schrie und war kaum zu beruhigen. Das ist bist heute so (sie ist anderthalb). Bin ich die Ruhe selbst, ausgeglichen, mit immer gelassener Stimme, so ist auch sie schnell zu besänftigen. Von dem her wundert es mich nicht, daß sie sich nicht beruhigen ließ, als Du innerlich gekocht hast. Es ist für mich schwer, Jähzorn einem so kleinen Wesen gegenüber nachzuvollziehen. Ich kenne das so nicht. Daher möchte ich nicht anmaßend sein und Dich anherrschen, Du sollest Deinen Jähzorn in den Griff bekommen. Ich denke aber, er kann Eure Mutter-Kind-Bindung schwer beeinträchtigen, wenn er zu sehr an die Oberfläche kommt. Wenn Du ihn nicht bezwingen kannst, würde ich Dir raten, kurz aus dem Zimmer zu gehen, tief durchzuatmen und Dir selbst zu suggerieren, daß dieses Schreien niemals etwas mit bösem Willen oder Manipulation etc. zu tun hat und sie jetzt Deine tröstende, beruhigende Hilfe braucht. Und wenn Du Dich nicht beruhigst und der Papa anwesend ist, dann kann er das auch übernehmen, so wie Du es in der Nacht ja auch gemacht hast (wobei bei uns in echten "Notfällen" immer nur die Mama half). Also ich denke eines solltest Du nie: Sie alleine lassen mit ihrem Kummer. Im Prinzip können wir es uns für uns selbst vorstellen, wenn wir in einer sehr schwierigen Situation sind, ob psychisch oder physisch und dazu in einer unheimlichen Umgebung (ich glaube das ist es mit 7 Wochen wahrhaftig noch für die Kleinen auf dieser Welt). Wenn wir dann einen vertrauten Menschen neben uns haben, der uns den wie auch immer gearteteten Schmerz/Kummer zwar nicht nehmen kann, aber beruhigend unsere Hand hält und freundlich mit uns spricht, wäre das für uns nicht auch tröstender, als mit alle dem auch noch völlig verlassen zu sein? Ein Säugling empfindet ja noch völlig anders, ist völlig abhängig und hilflos in jeder Hinsicht und ich denke was wir alleine durchstehen können mit unserem Wissen, unserer Vernunft, das gelingt ihm eben nicht (oder nur mit negativen Folgen). Deshalb wünsche ich Dir und vor allem Deiner Tochter, daß das Verständnis für sie den Jähzorn zu unterdrücken vermag. Übrigens hat es mir manchmal in extremen Schreisituationen (die zum Glück sehr selten waren)geholfen, wenn ich sie auf dem Arm hielt, gewogen habe und dazu leise gesprochen, gesummt etc., wenn ich an etwas anderes gedacht habe. Also nicht "wann hört sie nur endlich auf...", sondern an den letzten Urlaub, ein lustiges Fest oder so. Ich denke es ist nicht so schlimm, wenn Du hundert Mal hintereinander "alles wird gut" sagst, und ein Teil von Dir gedanklich nicht ganz da ist. Zumindest besser, als wenn Du wütend wirst. Wenn ich mal merkte, daß langsam meine Nerven zum Zerreißen gespannt waren, dann habe ich es so gehandhabt. Alles Gute für Euch.

Mitglied inaktiv - 27.05.2004, 10:31



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, ich kann Deine Gefühle sehr gut nachvollziehen. Meine Tochter hat in ihren ersten 16 Lebenswochen jeden Abend 3-4 Stunden in einer unvorstellbaren Lautstärke geschrieen. Wie Ihr waren wir absolut hilflos. Sie war in keinster Weise für uns erreichbar. Da half kein Tragen, kein Wiegen, kein Singen, kein Sprechen. Sie schien mir dann immer absolut verschlossen. Nachdem all unsere Tröstversuche nicht halfen, habe ich mich jeden Abend mit meiner schreienden Tochter auf dem Arm ins Bett gesetzt und gewartet bis es vorbei war. Es war entsetzlich. Und nur wer Ähnliches erlebt hat, kann das nachvollziehen. Ich schreibe dies nur, damit Du siehst, dass es auch ander Eltern gibt, die ihr Kind nicht trösten können. Und das sind keine schlechten Eltern. Das in solchen Situationen Wut aufkommt ist wohl ganz menschlich angesichts dieser permanenten Überforderung. Nach einigen Wochen hatte ich meine Emotionen gut im Griff und konnte diese abendlichen Schreiattacken ziemlich entspannt abwarten. Und diese Entspannung meinerseits hat zu keinerlei Veränderung der Situation geführt - Nora schrie weiter. Ich wollte dies nur schildern, da alle Antworten hier im Forum auf den individuellen Erfahrungen der Eltern mit ihren Kindern beruhen. Und wie gesagt, wer das nicht erlebt hat, kann sich das nicht vorstellen. Liebe Grüße und gute Nerven, Anke

Mitglied inaktiv - 27.05.2004, 14:47



Antwort auf: Hilflos reagieren - Folgen fürs Baby

Hallo, ich wollte Dir zum einen sagen, dass ich es toll finde, daß Du so viele Wochen lang tagtäglich die Kraft hattest, Deiner Tochter beizustehen, obwohl sie nicht für Trost zugänglich war. Ich denke nur wer das selbst erlebt hat weiß, wieviele Nerven das kostet. Beim Lesen Deines Postings fiel mir auf, daß meines vielleicht mißverstanden werden könnte. Deshalb wollte ich sicherheitshalber klarstellen: Ich wollte nicht sagen, daß sich jedes Kind immer beruhigen läßt, wenn nur die Mutter ausgeglichen ist. Jedoch meine ich, daß ein Kind sich ganz sicher nicht beruhigen läßt, wenn es den Zorn der Mutter spürt. Viele Grüße.

Mitglied inaktiv - 28.05.2004, 07:20



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