Lieber Dr. Posth, ich habe eine Frage zum Verhalten meiner Tochter (gerade 4) und hoffe, dass Sie mir weiterhelfen können. In den letzten Monaten beobachte ich immer häufiger, dass sie gegenüber Erwachsenen, Freunden aber auch fast Fremden (!), sehr schnell Vertrauen fasst, so großes Vertrauen,dass sie sich ankuschelt (Bsp:beim Zahnarzt, nachdem dieser sie untersucht hat/bei den Eltern ihrer Freundinnen…). Sie hat immer viel Aufmerksamkeit und Nähe bekommen (langes Stillen, Familienbett, bis sie vor 2 Mon auf eigenen Wunsch in ihr Zimmer gezogen ist, TaMu mit 1, sanfte Eing., KiTa mit 3, guter Start). Kann es an der Geburt ihres Bruders vor 3,5 Mon liegen?Ich kann mich, da der Kleine sehr zufrieden ist, weiter viel mit ihr beschäftigen,Papa abends präsent,bringt ins Bett. Wir sind ja in diesen Situationen anwesend, warum kuschelt sie nicht mit uns?Wie verhalten wir uns richtig? Sie ist sehr selbstständig geworden,geht alleine zu Freundinnen, in einen Tanzkurs… Ist das zu viel/zu früh.
von
Miriam0606
am 27.08.2012, 07:29
Antwort auf:
Bindungsproblem oder Phase?
Hallo, um auf Ihre Frage eine schlüssige Antwort geben zu können, müsste ich eigentlich mehr noch über die Säuglingszeit und die erste Kleinkindzeit wissen. Denn das Verhalten eines Menschen wird auch durch seine Anlagefaktoren bestimmt, also sein Temperament, seine Gefühlslage und seine Charkteranlagen. Und die machen sich schon im ersten Lebensjahr bemerkbar.
Der hohe Selbstständigkeitsgrad Ihrer Tochter ist wahrscheinlich nicht so auffällig wie das starke Nähebedürfnis zu anderen Menschen. Ihrer Beschreibung nach ist von einer sicheren Bindung auszugehen. Und wenn die Geburt des Brüderchens auch nicht so viel Einbuße an Zuwendung bedeutet, dann müsste das Verhalten Ihrer Tochter etwas mit Sympathiebekundung zu tun haben, die sie für bestimmte andere Menschen empfindet. Und da sie arglos ist und wie gesagt sicher gebunden, wird sie auch nicht durch Hemmungen im Sozialverhalten oder Angst daran gehindert. Auf solche Kinder muss man acht geben, denn sie kennen noch keine Gefahren, die mit ihrem Verhalten verbunden sein könnten. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 30.08.2012