Hallo,
ich habe Ihnen letztes Jahr schon mal geschrieben. Es ging um eine unsicher ambivalente Bindung bei meiner Tochter. Ich habe jetzt eine grundsätzliche Frage, ist es möglich, das sich diese verschiedene Bindungsformen, die es gibt vermischen, also das Kind von jedem Typ etwas haben kann? Desorganisiert, ambivalent und vermeidend (z.B. durch den Vater)? Unsere Tochter ist 6 Jahre alt. Wie sind denn die Chancen in dem Alter mit sehr guter Unterstützung für Kind und Eltern, das sich diese für mich "schwere" Bindungsproblematik umwandeln läßt?
Viell. können Sie mir darauf eine Antwort geben.
von
schnubbel
am 03.12.2012, 10:39
Antwort auf:
Bindung
Hallo, so gezielt durchgeführte Untersuchungen sind mir nicht bekannt. Aber Beobachtung wie auch Logik lässt den Schluss zu, dass eine Bindungsstörung noch auf lange Sicht behandelt und damit verbessert werden kann. Bis zum Schulalter ist auf jeden Fall damit zu rechnen. Die Jahre zwischen 6 und 10 Jahren machen meines Erachtens aber schon gezielte therapeutische Bemühungen erforderlich. Und nach 10 Jahren wird es sehr, sehr schwierig.
Dass sich Bindungsstile mischen, ist eigentlich hinlänglich bekannt. Allerdings trennt man immer zwischen desorganisierter Bindung, die ein sehr viel höhreres Risikopotenzial mit sich bringt und den beiden Formen der unsicheren Bindung.
Leider geht die diagnostische Einteilung bei den Formen frühkindlicher psychosozialer Auffälligkeiten und Störungen noch so gut wie gar nicht in die Richtung einer Beachtung von Bindungsstörungen. Dadurch entgehen einem wichtige psychodynamische Aspekte in der frühkindlichen Entwicklung. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie majorisiert derzeit die Einteilungen der verschiedenen Störungsbilder durch Begriffe wie Regulationstörungen, Angsterkrankungen, aggresssive Störungen und ADHS. Das Bild der emotionalen Störungen, das ja die Beziehungs- und Bindungsstörungen bislang einigermaßen umreißt, verliert so an Gewicht. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 06.12.2012