Hallo Herr Dr. Posth,
heute möchte ich mal mal wieder an Sie wenden.
Unser Sohnemann Ben ist nun etwas mehr als vier Monate alt. Ich betreue ihn den ganzen Tag allein, doch in den ersten drei Monaten seines Lebens, hat sich der Papa beurlauben lassen, sodass er immer gleichermaßen für ihn da gewesen ist.
So denn, manchmal ist es so, dass Ben - meiner Meinung nach - lieber bei seinem Papa ist, obwohl ich ihn eigentlich immer rund um die Uhr versorgt habe und total lieb zu ihm bin. Mit ihm singe, tanze, ihn ab und zu necke etc., erscheint es mir trotzdem so, dass er mit seinem Papa noch mehr Spaß hat. Denn da lacht er manchmal richtig, was er bei mir nicht macht.
Er wendet auch manchmal seine Blicke von mir ab, aber wenn er dann beim Papa ist, schaut er mich wieder öfter strahlend an.
Kurz und knapp: Bei Papas Spielen lacht er richtig.
Freut mich sehr dass Sohn und Vater sich so verstehen, aber ist das jetzt schon normal? Kommt Löslösung nicht erst später?
VD Bella
Mitglied inaktiv - 28.08.2006, 09:23
Antwort auf:
Bindung an primäre Bezugsperson?
Liebe Bella, Sie haben Recht, die Loslösung kommt später. Ihr Sohn befindet sich noch in der Bindungsphase. Mit 3-4 Monaten sind die Personen seiner Lebensumgebung so stark verinnerlicht, daß er diese Bindung aufbauen kann. In dieser Zeit hat er aber Mutter und Vater gleichermaßen erlebt, so daß er jetzt in einer Art Entscheidungskonflikt steckt. Den versucht er für sich zu lösen, in dem er eine Hierarchie seiner Bezugspersonen aufbaut. Dabei scheint es im Moment so zu sein, als hätte der Vater einen kleinen Vorteil. Das heißt nicht, daß er sie weniger liebt. Er fühlt sich nur zu seinem Vater ziemlich stark hingezogen. Sobald der Vater mehr und mehr aus seinem unmittelbaren Lebensumfeld heraustritt, weil er jetzt tagsüber wieder arbeiten geht, werden automatisch Sie als primäre Bezugsperson erkoren. Nehmen Sie solche Entwicklungen nur ja nicht persönlich! Da ist einfach nur die Natur viel stärker als wir Menschen (was uns bekanntermaßen nicht behagt). Es hat also alles seine Richtigkeit. Ihr Beispiel zeigt aber deutlich, daß auch ein Vater primäre Bezugsperson werden kann. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 29.08.2006