Frage: Rutsche in die Depression

Sehr geehrte Frau Schulze, mein jetziger Mann und ich haben seit 6 Jahrne einen unerfüllten Kinderwunsch. Er hat noch keine Kinder, ich habe 2 aus erster Ehe, mit denen er zwar klarkommt aber er will kein Ersatzvater sein . Vor 4 Jahren wurde bei mir ein 300 Gr. Myom durch Bauchschnitt entfernt, dabei wurde mein linker Eileiter zerquetscht und ist nicht mehr durchlässig. Kaum aus der Narkose aufgewacht, wurde uns ein ICSI ans Herz gelegt, den wir lange Zeit ablehnten. Da ich mit meinem ersten Mann 3x spontan schwanger wurde, konnte ich es nicht verarbeiten. Letztenendes wurde ich 1 Jahr nach der Myomentfernung schwanger, verlor unser Würmchen jedoch in der 11. SSW. Es war herb, denn eigentlich wurde es als medizinisches Wunder betrachtet, dass ich überhaupt schanger wurde. Ich leide an Morbus Basedow und habe eine Diabetes Vorstufe, durch meine Longcovid Geschichte kommen noch diverse entzündliche Krankheiten hinzu. Endometriose sowie Adenomyose wurden vor 4 Jahren diagnostiziert und als ob das noch nicht genug wäre, sind durch eine Corona-Infektion die Spermien meines Mannes quasi unbrauchbar geworden. Trotz allem haben wir letztes Jahr 2 ICSIs versucht, vermutlich aus Verzweiflung, nach den ganzen Schicksalsschlägen. Die Klinik war eine Katastophe, meine Daten wurden durcheinandergebracht, meine Hormonspritzen auf den Namen meines Mannes ausgestellt, statt Kassenleistung als Privatleisteun und und und. Es war ein Alptraum. Nun sollten nächste Woche meine Verwachsungen im Bauchraum sowie die Endometriosenherde entfernt werden. Die OP wurde in diesem Jahr bereits 5! Mal abesagt/verschoben, weil meine Schilddrüsenwerte eine OP lebensgefährlich machten, weil ich erkältet war, weil ich gerade meine 4. Corona-Infektion durchmachte, weil das Ärtzte-Team nicht zur Verfüfung stand... Nun ist es nächste Woche endlich soweit doch die Klinik weigert sich den (für uns) viel wichtigeren Eingrif (Abrasio bei Adenomyose) durchzuführen. Ich bin emotional einfach am Ende und ich kann nicht mehr. In meinen Seminaren sitzen desöfteren schwangere Studentinnen und es fällt mir einfach wahnsinnig schwer, mich überhaupt noch aufzuraffen und mich auf mein Seminar zu konzentrieren. Die Frage nach dem "warum" kommt immer wieder hoch, ich heule mittleweile auf tagesbasis. Eigentlich wollten wir Anfang 2024 in Tschechien eine Eizellenspende als letzte akzeptable Möglichkeit versuchen aber nun weiß ich gar nicht, ob es Sinn macht ohne den oben aufgeführten Eingriff... Ich bin 41 und fühle mich manchmal einfach völlig ausgelaugt. Ich wünsche mir endlich einen Punkt statt eines Kommas aber es will alles kein Ende nehmen. Selbstverständlich suche ich bereits seit 2 Jahren einen geeigneten Psychologen, hänge stundenlang am Hörer doch entweder geht keiner ran oder sie nehmen keine Patienten mehr an... Das verbraucht so viel Kraft zusätzlich... Nun weiß ich gar nicht mehr, was ich fragen wollte, ich versinke wieder in Selbstmitleid und komme aus diesem Loch nicht mehr raus. Vielen Dank... Melina

von little_Lilly am 13.11.2023, 21:50



Antwort auf: Rutsche in die Depression

Liebe Melina, Bitte ebtschuldige sie späte Antwort. Ich hatte Dir bereits am 15.11. geschrieben, aber scheinbar wurde mein Post nicht gespeichert.  Danke für deine Nachricht. Du und auch dein Mann scheinen sich in einer sehr schwierigen Situation zu befinden. Das tut mir Leid für Dich. Du sprichst in deiner Nachricht verschiedene Problembereiche an auf die ich gerne getrennt eingehen möchte. Zuerst einmal muss ich dir sagen, dass ich dich medizinisch nicht beraten kann, da ich keine Ärztin bin. Deine unterschiedlichen Diagnosen machen die Kinderwunschbehandlung schwierig und für mich stellen sich beim Lesen deiner Nachricht verschiedene Fragen: Weißt du, wieso die Klinik die Abrasio der Adenomyose nicht durchführen möchten? Gibt es dafür medizinische Gründe? Wenn ja welche? Wenn Dir die Gründe erklärt worden sind, gibt es die Möglichkeit eine Zweiteinschätzung einzuholen. Dabei besteht natürlich die Möglichkeit, dass die zweite Klinik den Eingriff ebenfalls nicht durchführen möchte. Es klingt für mich ein bisschen so, als würde es Dir schwer fallen damit umzugehen, dass die jetzige Klinik den Eingriff nicht durchführen möchte. Vielleicht schwingt da auch noch die Hoffnung mit, dass der Eingriff ja doch durchführbar sein könnte? Wenn ja, könnte euch eine zweite Einschätzung helfen, egal zu welchem Ergebnis sie kommt. Würde es Dir leichter fallen die Entscheidung gegen die Abrasio zu akzeptieren, wenn auch eine zweite Klinik diese nicht durchführen wollen würde? Es klingt für mich so als sei in der Kinderwunschklinik einiges schief gelaufen. In so einem Fall kann es sinnvoll sein die Klinik zu wechseln. Nicht, weil Fehler unverzeihlich sind, aber wenn Du in einer Region wohnst, wo Du Zugang zu einer anderen Klinik hast, kann es sein, dass es Dir leichter fällt Dich in einer neuen Klinik auf die Behandlung zu konzentrieren und weniger mit dem Ärger über vergangene Fehler oder Sorgen in Bezug auf neue Fehler beschäftigt zu sein. Ob die Eizellspende in Deiner medizinischen Situation Sinn macht, kann ich Dir leider nicht beantworten, da ich keine Ärztin bin. Generell ist es in Deutschland nicht erlaubt zu Eizellspende zu beraten. Am besten wendest Du Dich an eine Klinik, die die Behandlung anbietet und machst erstmal einen Onlinetermin aus. So kannst Du Dir einen Überblick über die Rahmenbedingungen verschaffen.  Du schreibst, dass es Dir im Moment psychisch nicht gut geht und auch, dass Du vor einiger Zeit eine Fehlgeburt hattest. Es tut mir sehr Leid, dass Du die Schwangerschaft verloren hast. Eine Fehlgeburt ist für die meisten Betroffenen eine sehr belastende Erfahrung. Ich kann also gut verstehen, dass es Dir im Moment nicht gut geht. Zusätzlich wirkt deine Nachricht auf mich, als wäre Dein Kinderwunsch nicht ganz so stark wie der Deines Mannes. Das interpretiere ich aus Deiner Aussage “ich wünsche mir einen Punkt und kein Komma”. Es ist ganz normal, dass der Kinderwunsch beider Partner unterschiedliche groß ist. Das kann damit zu tun haben, wer schon wieviele Kinder hat, muss es aber nicht. Kannst Du mit Deinem Partner darüber sprechen? Oder hast Du Angst, dass die Beziehung auseinander geht, wenn Ihr kein Kind bekommt? Könnt Ihr über Pflegeelternschaft und Adoption sprechen? Dabei ist es trotzdem wichtig, dass Du auch um Deinen Kinderwunsch trauerst, bei dem im Moment nicht klar ist, ob noch ein Kind kommt. Das ist etwas anderes als Selbstmitleid. bei Trauer geht es schon auch darum, nach tröstlichen Dingen zu suchen. Bei Selbstmitleid ist es eher so, dass man aus dem "Sumpf" gar nicht raus will. Du befindest Dich in einer sehr schwierigen Situation und da kann es hilfreich sein einmal zu würdigen, dass es leider so ist. Dabei darfst Du Dir auch ein bisschen Selbstmitgefühl zukommen lassen. Beim Trauerprozess kann Dir zum Beispiel der Austausch mit deinem Partner oder Familie und Freunden helfen. Gemeinsame Gespräche über Euren Verlust können da sehr hilfreich sein. Andere Betroffene finden Rituale hilfreich. Das kann zum Beispiel das morgendliche Anzünden einer Kerze oder ein fester Tagesspaziergang sein. Jede:r Betroffene findet etwas anderes hilfreich, sodass Du für Dich ein bisschen ausprobieren musst, um etwas passendes zu finden. Der Titel deiner Nachricht an mich lässt mich vermuten, dass Du selbst das Gefühl hast in eine Depression zu rutschen. Aus hier kann ich aber leider im Forum nichts genaues sagen. Leider weiß ich aber, dass Psychotherapieplätze schwer zu bekommen sind. Eine andere Anlaufstelle kann zunächst Deine Hausärztin/Hausarzt sein. Hast Du mit ihr/ihm schon gesprochen? Alternativ kann ich Dir noch empfehlen einmal nach Psychoterapie-Ausbildungsinstituten in Deiner Nähe zu suchen. In der Regel arbeiten dort bis zu 50 Therapeut:innen und es kann sein, dass Du schneller einen Platz bekommst.  Das heißt aber nicht, dass die Therapiequalität dort schlechter ist als bei bereits approbierten Psychotherapeut:innen. Die Psychotherapeut:innen in Ausbildung haben bereits einen abgeschlossenen Master in Psychologie und eigene Patient:innenbehandlungen dürfen sie erst nach ihrer Zwischenprüfung in der Ausbildung anbieten. Zusätzlich werden sie während ihrer Therapien engmaschig betreut, sodass eine hohe Therapiequalität gewährleistet ist. Außerdem kannst du versuchen über die Terminservicestelle (TSS) deines Bundeslandes ein Erstgespräch vermittelt zu bekommen. Die TSS erreichst du über die 116117. Die TSS hilft, psychotherapeutische Erstgespräche zu vermitteln, allerdings vermittelt sie nicht direkt Psychotherapieplätze. Je mehr dieser Termine Du wahrnimmst, desto höher ist allerdings Deine Chance, auf Wartelisten zu kommen oder weitere Gespräche und einen Therapieplatz zu erhalten. Ich hoffe sehr, dass du zeitnah einen Therapieplatz findest und, dass dir meine Tipps dahingehend helfen konnten. Als letztes möchte ich Dir noch anbieten Dir mein Onlineprogramm auf www.mentalstark.app anzuschauen. Wir haben dort einen Stundenplan mit mehrmals wöchentlichen Onlinegruppen, die immer von einer Fachperson (Ärztin, Psychotherapeutin, Embryologin) begleitet werden. Das könnte für Dich überbrückend ein Angebot sein, das Dich stützt.  Ich hoffe meine Antworten helfen Dir etwas & Viele Grüße, Sally

von Dipl.-Psych. Sally Schulze am 22.11.2023



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