Guten Tag.
Es ist sicher schwer eine Ferndiagnose in meinem Fall zu stellen, aber vielleicht geht es anderen genauso.
Ich lebe seit 10 Jahren im Ausland und habe seit der Geburt meines Kindes extremes Heimweh und möchte am liebsten dass meine Tochter daheim mit meinen Eltern groß wird. Vor der Geburt kannte ich diese Gefühle nicht.
Ich war während meiner SSW daheim und krank geschrieben und sehnte mich nach der Geburt. Als nun das Baby auf der Welt war und der Stress mit dem stillen, Schwiegereltern etc begann, Weine ich jeden Tag und vermisse meine Mutti schmerzlich.
Jetzt kommt die kleine in die Krippe mit 6 Monaten und ich muss wieder arbeiten gehen.
Dass ist natürlich sehr neu und macht mir Angst.
Dass man Ängste und Traurigkeit und Heimweh empfindet ist sicher normal, aber da ich täglich weine, heißt ja auch, dass ich es nicht ertragen kann oder damit klar komme.
Daher meine Frage, ob es die Depression sein kann, die mich nach der Geburt eingeholt hat ?
Manchmal bin ich stark und fröhlich und dann gibt es Nächte, in denen ich wach liege und mir Gedanken mache. Ich fühle mich gefangen jetzt hier, weil ich weiss, dass ich für meine Tochter hier bleiben muss und mein Leben hier verbringen werde.
Vorher habe ich dies gar nicht so gedacht.
Kann man dies heilen ? Brauche ich eine Therapie um meine Stimmungswechsel zu kontrollieren?
Ich werde hier dies auch mit meinem Arzt besprechen. Aber eine kleine Meinung hier im Forum würde mir vielleicht auch schon Klarheit verschaffen.
Vielen Dank.
MFG
Mafalda
von
Muffin.Mafalda
am 21.08.2023, 13:29
Antwort auf:
Depression nach Geburt
Liebe Mafalda,
es tut mir Leid zu hören, dass es Dir im Moment oft schlecht geht. Tatsächlich kann ich keine Ferndiagnose stellen, aber ich habe Dir einen Link rausgesucht wo Du einen Fragebogen findest, der Dir Orientierung gibt. Der Fragebogen ist international anerkannt und es gibt ihn in vielen Sprachen. Am besten Du füllst den Bogen aus und nimmst ihn mit zu Deinem Arztgespräch. Dann kann Dein Arzt viel besser verstehen, wie es Dir geht und was in Deinem Gesundheitssystem als Hilfe angeboten wird. Hier ist der Link zum EPDS Fragebogen: https://marce-gesellschaft.de/materialien/
Auf jeden Fall möchte ich Dich ermutigen ein ärztliches Gespräch aufzusuchen.
Jetzt schreibe ich noch etwas mehr zur Zeit nach der Geburt und was viele Eltern erleben: Die Zeit nach der Geburt kann sehr anstrengend und aufwühlend sein. Häufig haben Eltern Schlafmangel, weil das Baby viel Fürsorge braucht, oder aber, weil sie nicht „runterfahren“ können, wenn das Baby gerade entspannt ist. Dies liegt meist daran, dass das Wahrnehmungssystem der Eltern sehr sensibel ist und die Eltern erst lernen auf welche Geräusche des Babies sie reagieren müssen und welche Zufriedenheit ausdrücken. Wenn starker Schlafmangel besteht, wird jeder Mensch emotional labil. Manche machen sich zum Beispiel viele Sorgen, andere werden körperlich angespannt. Zusätzlich zum „normalen“ Schlafmangel erleben viele Mütter, aber auch Väter in der Zeit nach der Geburt Ängste, Sorgen und Traurigkeit. Diese Gefühle sind schwer auszuhalten und es ist schwer sich damit jemandem anzuvertrauen. Umso besser ist, dass du dir aktiv Hilfe suchst. Die Zeit bis hierher hast Du, wie es mir scheint alleine gemeistert und jetzt steht wieder eine große Veränderung an - die Kita. Große Veränderungen können überfordernd sein und in der Überforderung kann es sein, dass Du in eine Depression gerutscht bist. Es kann sein, dass wir Du sagst dein tägliches Heimweh eine Form des Ausdrucks dieser depressiven Phase ist.
Was ich aus deiner Nachricht leider nicht rauslesen konnte, ist, ob du dich derzeit in Deutschland aufhältst und deine Familie in einem anderen Land wohnt, oder ob deine Familie in Deutschland wohnt und du dich in einem anderen Land befindest. Wenn du in Deutschland wohnst, kann du dich beim Verein Schatten und Licht e.V. (https://schatten-und-licht.de/) melden. Beim Verein Schatten und Licht hast Du die Möglichkeit mit einer ehrenamtlichen Beraterin zunächst am Telefon zu sprechen und von ihr Informationen zu Angeboten in Deiner Nähe zu bekommen. Sie bieten außerdem eine Online-Selbsthilfegruppe für peripartale Depression an. Eventuell könntest du bei dieser sogar aus dem Ausland teilnehmen, das weiß ich aber nicht genau, das müsstest du gegebenenfalls mal erfragen. Außerdem gibt es in Deutschland auch die Möglichkeit sich Hilfe in einer Beratungsstelle zu holen. Der Übergang in die Kita ist ein großer Schritt und dafür gibt es spezielle Elternberatung.
Dass deine eigenen Eltern und dein Kind in unterschiedlichen Ländern leben scheint schwer für dich zu sein. Kennst du andere Mütter in deiner Umgebung in einer ähnlichen Situation? Vielleicht würde es dir helfen dich mit ihnen auszutauschen, wie es ihnen mit der Situation geht und, ob sie für sich Wege gefunden haben damit umzugehen.
Es könnte dir auch gut tun, wenn du dir Rückhalt von dir nahestehenden Personen holst. Wenn du in einer Beziehung bist, könntest du mit deinem Partner oder deiner Partnerin über deine Sorgen sprechen, wenn du das nicht schon getan hast. Vielleicht gibt es ja auch noch andere Personen in deinem Umfeld deren Kontakt dir im Moment gut tun würde, zum Beispiel eine Freundin. Versuche selbstfürsorglich mit dir umzugehen und dir bewusst Zeit für dich und die Dinge die dir Freude machen zu nehmen.
Ich wünsche Dir alles Gute und hoffe, ich konnte Dir mit meinen Anregungen weiterhelfen. Melde Dich gerne, wenn Du noch Fragen hast.
Viele Grüße, Sally
von
Dipl.-Psych. Sally Schulze
am 22.08.2023
Antwort auf:
Depression nach Geburt
Wie du selber schon schreibst, ist eine Ferndiagnose nicht möglich.
Es KANN eine Depression vorliegen, es KANN aber auch sein, dass deine Sozialisierung durchschlägt.
Wenn wir Eltern werden, erhalten Dinge Priorität, von denen wir das zuvor nicht gedacht haben.
Das, was wir selber als Kinder erlebt haben,gerade, wenn wir es als positiv empfunden haben, wünschen wir für unsere Kinder.
Jetzt lebst du in einem anderen Land, in dem andere Urerfahrungen die Regel sind.
Das zu akzeptieren und zu verinnerlichen, ist schwierig.
Versuche zu ergründen, ob deine Schwierigkeiten damit in Zusammenhang stehen.
Ist es unumgänglich , im jetzigen Land zu wohnen?
Gäbe es die Möglichkeit, in Deutschland eine Existenz aufzubauen?
von
3wildehühner
am 21.08.2023, 22:56
Antwort auf:
Depression nach Geburt
Danke für die Antwort.
Aber was genau ist eine Sozialisierung?🤔
Ich kann nicht zurück nach Deutschland ziehen. Wir haben unseren Beruf hier, unser Haus etc.
Ich bin in der DDR groß geworden und meine Heimat hat sich extrem verändert seit ich weg gezogen bin.
Von einem externen Standpunkt aus gesehen, ist es einfach nicht logisch hier alles aufzugeben und nocheinmal neu in Dtl anzufangen. Aussdem würde der Vater nie nach Deutschland ziehen und wir hatten vor, das Kind hier groß zu ziehen.
Wenn es die Sozialisierung sein sollte, von der sie sprechen, wäre es dann auch normal daran so traurig zu werden?
Viele Grüße
von
Muffin.Mafalda
am 22.08.2023, 05:19
Antwort auf:
Depression nach Geburt
Liebe 3wildehühner, vielen Dank, dass Du Dich eingeschaltet hast, um Mafalda mit Vorschlägen zu helfen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Deine Vorschläge verstanden habe, deswegen frage ich nach.
Du schlägst vor, dass die Belastung an den Unterschieden zwiwschen Herkunftsland und dem Land in dem Mafalda lebt liegen kann? Zum Beispiel, weil Eltern-Sein in verschiedenen Kulturen unterschiedlich verstanden wird? Ich denke das kann sein, aber ich finde es auch wichtig, Mafanda zu ermutigen ärztliche oder psychologische HIlfe aufzusuchen, denn es kanns chon sein, dass sie Sozialisierung und die Kultur eine Rolle spielt, aber wichtig ist ja, dass sie Hilfe bekommt, dass es ihr besser geht und die Kultur ist ja erstmal nicht veränderbar. Oder hast Du etwas anderes gemeint?
Du schlägst auch vor, dass sie über eine Rückkehr nach Deutschland nachdenken könnte. Das kann ich nachvollziehen und es ist ein guter Ansatz, aber ich glaube sie hat schon selbst geschrieben, dass das für sie aktuell nicht im Vordergrund als Lösungsmöglichkeit steht. Trotzdem finde ich es gut, dass Du es beleuchtet hast.
Viele Grüße, Sally
von
Dipl.-Psych. Sally Schulze
am 22.08.2023