Hallo Frau Schulze,
ich habe eine etwas ungewöhnliche Frage. Eine meiner besten Freundinnen hatte vor etwas über einem Jahr in der 25. SSW. eine Totgeburt. Sie hat sich danach auch psychologischen Rat geholt. Ich selbst hatte auch schon eine Fehlgeburt und habe versucht ihr so gut es ging beizustehen. Leider wohnt sie in einem anderen Bundesland.
Aktuell bin ich zum zweiten Mal schwanger. Meine Freundin versucht nun seit längerem schon wieder schwanger zu werden, leider klappt es nicht. Darunter leidet sie sehr.
Wie kann ich ihr in dieser Situation beistehen und sie unterstützen?
VG Perky
von
Perky2020
am 08.02.2024, 10:40
Antwort auf:
Freundin unterstützen nach Totgeburt und unerfülltem Kinderwunsch
Liebe Perky,
erst einmal möchte ich dir sagen, dass es toll ist, dass du dich informierst, wie du deine Freundin in dieser Situation am Besten unterstützen kannst.
Du schreibst, dass du selbst gerade erneut schwanger bist, deine Freundin aber nach einer Totgeburt bisher vergeblich versucht erneut schwanger zu werden. Du schreibst auch, dass sie sehr darunter leidet. Sehr viele Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch sind emotional sehr belastet. Dazu kommt vermutlich noch die Trauer um ihr verlorenes Kind. Das ist wahrscheinlich sehr schwierig für deine Freundin. Es kann sein, dass deine Freundin sich jetzt während deiner Schwangerschaft von dir zurückziehen wird. Für viele Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch ist es schwierig, wenn ihnen nahestehende Menschen schwanger sind. Das heißt nicht, dass sie sich für ihre Freund:innen und/oder Angehörigen nicht freuen. Aber oft schmerzt es einfach zu sehr, wenn sie bei anderen Menschen sehen, was sie sich so sehr wünschen. Bei vielen Betroffenen ist dann auch Neid auf die schwangere Frau im Spiel. Neid ist ein sehr belastendes Gefühl und führt bei den Betroffenen nicht selten zu Schuldgefühlen. Ich schreibe dir das, weil ich dir damit sagen will, dass es sein kann, dass es deiner Freundin jetzt besonders schwer fällt mir dir in Kontakt zu bleiben. Damit ist es für dich natürlich auch schwer sie zu unterstützen. Biete deiner Freundin Unterstützung an, aber versuche nicht enttäuscht oder sauer zu sein, wenn sie die im Moment von dir nicht annehmen kann. Vielleicht weißt Du das alles schon, aber manchmal tut es ja gut zu lesen, dass Du ich das als Fachperson auch so sehe.
Jetzt zum nächsten Punkt: Wie kann eine solche Unterstützung jetzt aussehen?
Viele Menschen haben in Situationen, in denen es anderen Menschen nicht gut geht, das Bedürfnis Ratschläge und Tipps zu geben. Ratschläge und Tipps bekommt deine Freundin aber vermutlich schon genug. Zum einen von Ärzten, zum anderen aber vielleicht auch ungefragt aus ihrem Umfeld. Auch Sätze wie "Das klappt schon noch." oder "Warum adoptiert ihr nicht ein Kind?" sind in dieser Situation nicht hilfreich. Versuche lieber deiner Freundin aktiv zu signalisieren, dass du für sie da bist und sie mit dir reden kann. Achte dabei darauf, dass du ihr aktiv zuhörst. Hör genau hin, was ihre Sorgen sind und spiegel sie ihr auch gerne wider, z.B. indem du sagst: "ich verstehe, dass dich X und Y sehr belastet, habe ich das richtig verstanden?". Auch ehrliches Interesse am aktuellen Stand ihres Kinderwunsches ist hilfreich. Deine Freundin hat auch ein Stück Verantwortung, nämlich Dir dann zu sagen, ob es ihr hilft oder nicht mit Dir darüber zu reden. Ich schwingt Euch in diesem Prozess aufeinander ein.
Du schreibst, dass du selbst schon einmal eine Fehlgeburt hattest. Vielleicht kannst du dich daran zurückerinnern, was dir in dieser schwierigen Situation gut tat und was du dir von anderen gewünscht hättest. Gibt es die Möglichkeit diese Sachen auf die Situation deiner Freundin zu übertragen? Dann kannst du auch anhand dieser Ideen direkt fragen, was sie gut findet.
Was Deine Schwangerschaft angeht, ist es sehr schwer zu sagen, wie es Deiner Freundin damit geht. Manche Frauen schöpfen große Hoffnung aus der Schwangerschaft von anderen in ihrem Umfeld und andere Empfinden es als starke Belastung. Hier gib es nur einen Weg: ihr sprecht darüber und Du fragst sie.
Du schreibst, dass sich deine Freundin nach ihrer Totgeburt psychologische Hilfe gesucht hat. Hat sie diese Hilfe immer noch? Wenn nein, hast du dann das Gefühl, dass ihr professionelle Hilfe gut tun würde? In meinem Onlineprogramm auf https://www.meine-mentalstark.app/ biete ich psychosoziale Begleitung von Menschen während der Kinderwunschzeit an. Falls du denkst, dass deiner Freundin das helfen könnte, kannst du ihr ja gegebenenfalls von unserem Angebot erzählen. Schaue da aber, ob du das Gefühl hast, dass du dafür die Richtige bist und, dass der Zeitpunkt stimmt.
Das war jetzt ziemlich viel aber ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen.
Viele Grüße, Sally
von
Dipl.-Psych. Sally Schulze
am 09.02.2024